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Band 1 |
Zu Ittmanns Werken
Heinrich Balz
Peter Anhalt
A. M. Selignow
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Anhang
A. M. Selignow

Inhalt Kapitel 4

4. Exkurs: Ittmanns Verhältnis zum Nationalsozialismus

4. Exkurs: Ittmanns Verhältnis zum Nationalsozialismus

4.1 Zeitgeschichtliches Umfeld und Reaktion der Basler Mission

Noch während einer Inspektionsreise mit Inspektor Kellerhals trat Ittmann, der seit 1931 wieder in Kamerun arbeitete, am 1.3.1934 in Buea (Kamerun) in die NSDAP ein72. Diese Mitgliedschaft und einige nicht mehr klar rekonstruierbare Betätigungen im Zusammenhang damit brachten Ittmann 1947 die Zwangspensionierung von der Basler Mission auf der Tagung in Schmie ein.

Es liegt nach den Darlegungen in Kapitel 2 und 3 auf der Hand, daß sich Ittmann nicht mit Rosenbergs Mythus oder auch nur mit dem Deutschchristentum verbunden fühlte. Dieser Exkurs soll Ittmanns Verhältnis zum Nationalsozialismus und seine Motive für die Pateimitgliedschaft klären helfen, um einerseits durch Klärung von Gerüchten, die mir auch heute, 1996, noch im Hause der Basler Mission begegneten, seine Rezeption zu erleichtern, andererseits klarer darzulegen, welches seine geistigen Verbindungen zum NS waren und ob sie mit seiner Theologie maßgeblich verbunden waren. Welches könnten also seine Motive gewesen sein, der Partei beizutreten und die Mitgliedschaft noch bis 1939 aufrecht zu erhalten?

Zunächst muß man eine gewisse Anfälligkeit evangelischer Christen für die NSDAP feststellen. Marxistische Parteien kamen für Christen kaum infrage, das katholische Zentrum für Evangelische nicht. In ihrem Parteiprogramm vertritt die NSDAP ohne nähere Erläuterung „den Standpunkt eines positiven Christentums“73, 1933 traf man ganze uniformierte Nazi-Verbände in den Gottesdiensten an: Hitler versuchte so, sich eine möglichst breite Unterstützung bei den verschiedenen Interessengruppen im Volk zu sichern74. Die NSDAP wurde – auch in den Augen der Basler Mission75 – zu einer Sammlungsbewegung des deutschen Volkes, genauer: der nichtmarxistischen Richtungen und verhieß damit ein Ende des Parteienstreits, der die Weimarer Demokratie zugrundegerichtet hatte. Alle sozialen Schichten waren gleichmäßig vertreten, die Führungspersonen stammten, wie Ittmann selbst, aus kleinem und mittlerem Bürgertum. Insbesondere die Ablehnung des Bolschewismus wurde von kirchlichen Kreisen begrüßt76.

In Basel mußte sich das Komitee recht bald nach der Machtübernahme Hitlers mit der neuen Regierung auseinandersetzen, da die Mission Gelder ins Ausland transferierte, was nicht im Sinne des neuen Protektionismus war. Ein freches Schreiben einer NSDAP-Dienststelle an die Berliner Mission „vereinbart“ mit derselben großzügig, daß die üblichen Kollekten „nicht verboten und gestört werden sollen“77 und weist damit auf die mit dem Aufflammen des nationalen Egoismus und der Willkürherrschaft verbundenen finanziellen Schwierigkeiten der Missionen78. Als neuen Heimatinspektor für Deutschland sucht das Basler Komitee 1933 nach einem Kandidaten, der „der neuen Lage in Deutschland gegenüber aufgeschlossen sei[n], aber ohne parteimässige Bindung“, sieht sich schließlich gezwungen, den PG (Parteigenossen) Hannich zu wählen mit der Begründung: „… daß wir in der gegenwärtigen Lage den „Vollblut-Deutschen“ d.v.v. brauchen …“; über sein Eintreten für den Nationalsozialismus tröstet man sich mit dem Kampf gegen den Kommunismus79. Schon durch die Tatsache, daß ein PG in der Leitung der BM vertreten war, wird die Leitung dem einzelnen Missionar schwerlich einen Vorwurf aus seiner Parteimitgliedschaft machen dürfen.

Während man in Basel recht gut über die Willkürherrschaft der Nazis samt ihrer Kirchenpolitik unterrichtet und deshalb kritisch war und der den Kreisen der Bekennenden Kirche zugewandte Direktor Karl Hartenstein die Missionare mit einschlägigen Nachrichten aus dem Kirchenkampf in der Heimat versorgen mußte80, wurde der Nationalsozialismus auf dem Missionsfeld eifrig begrüßt. Die Missionsdruckerei der BM in Indien druckte ein nationalsozialistisches Blättchen81. Bisweilen wurde die Missionskirche in Victoria (Kamerun) mit großen Hakenkreuzfahnen geschmückt und mit einem „Brustbild“ (Führerbild) vor dem Altar82. Im Anschluß an eine Osterkonferenz der Kamerun-Missionare feierte man den Führergeburtstag83. Die Beerdigung einer (Schweizer!) Missionarin in Kamerun wurde mit deutschem Gruß abgeschlossen84. Das im Anhang meiner Arbeit abgedruckte Foto illustriert, wie die Missionare ihren Patriotismus mit auf das Feld nahmen (S. 70; vgl. jedoch oben S. 39, Anm. 82). Auch in Kamerun unter britischem (!) Mandat sah man sich in der Basler Mission gezwungen, darüber nachzudenken, ob die Missionsstationen deutsch, schweizerisch oder wie auch immer beflaggt werden sollten85. Das Engagement einiger Missionare in den Ortsgruppen der Nationalsozialisten im Ausland dürfte auch darin begründet sein, daß diese die Funktion einer Art deutschen Kulturvereins mit übernommen haben, wie man es heute z.B. an deutschen Auslands-Kirchengemeinden beobachten kann. Auslandsaufenthalte führen oft zu einer scharfen nationalen Identitätsbildung. Dieses zeitgeschichtliche und persönliche Umfeld dürfte Ittmanns Parteimitgliedschaft gefördert haben.

4.2 Ittmanns Umgang mit dem Nationalsozialismus

Ittmann selbst hatte während seiner Deutschland-Aufenthalte 1934/35 und 1938/39 eine kritische Distanz zu einigem Treiben der Nazis erlangt: Wie in den afrikanischen Religionen gebe es in den neuen deutschen Bestrebungen einer „arteigenen Religion“ Licht- und Schattenseiten86. Seinen Töchtern verbot er, einen Schaukasten mit Julius Streichers „Stürmer“ anzusehen87, was wohl in dem auch pornographischen (Erdmann 1993, 36) Charakter der Zeitschrift begründet sein mag. Daß seine Töchter zum BdM wollten, mißbilligte er, ebenso die Pressezensur 193488. Die Pogromnacht vom 9./10.11.1938 war für Ittmann ein Antasten des Augapfels Gottes, der nicht ungestraft bleiben werde. Nachrichten über einen (Halb)Juden, den Ittmann in Kamerun (?) geschützt haben soll, konnte nicht mehr nachgegangen werden89.

Anhand der Akten nicht mehr rekonstruierbar ist ein längerer Konflikt Ittmanns mit dem Präses Wildi 1936–1938, der eine wohl nicht unwesentliche politische Dimension hatte90. 1932 notiert das Komitee, daß Ittmann Studien zur Kolonialpolitik anrege, verweigert ihm aber Auskünfte und Archiveinsicht, warnt vor politischen Diskussionen91. Das führt auf eine Spur, nämlich Ittmanns Begeisterung für Kolonialpolitik. Um 1925/26 erstellte er ein Vortragsmanuskript dazu, was sich mit den ökonomischen Vorteilen von (deutschen) Kolonien beschäftigt, nicht jedoch mit den politischen Wegen zur Wiedererlangung derselben92. In diesem kurzen Text finden sich einige leidenschaftliche Kommentare über den „erpresserischen“ Charakter von Versailles und die Würdigkeit der Deutschen, Kolonien besitzen zu dürfen. Darüber handeln auch die beiden ersten Paragraphen des Parteiprogramms der NSDAP93. Außerdem lassen sich bei Ittmann nationalistische Ressentiments gegen die Franzosen an einem Reisetagebuch von 1927 zeigen (TS).

4.3 Die Vorwürfe gegen Ittmann nach dem Zweiten Weltkrieg und der weitere Verlauf

Ittmann bekleidete in Kamerun das Parteiamt eines „Schlichters“, welches aufzugeben er 1938 bei der Ernennung zum Präses für Kamerun vom Komitee gedrängt wurde94. Daß er das Amt beibehielt wird ihm neben seiner Parteimitgliedschaft 1947 in Schmie vorgeworfen95, obwohl er gerade zwei Fälle geschlichtet habe und das Friedenstiften nach dem Evangelium wohl kaum als verwerflich gesehen werden könne96. Soweit das Schmier Dokument97.

Inoffiziell, also in den Gesprächen der Tagung von Schmie lastete man Ittmann eine Beflaggung der Missonsstation mit Hakenkreuzfahnen an, mit der Inspektor Kellerhals im Dezember 1933 in Victoria empfangen worden sei. Unter vielen bunten Wimpeln auf Ittmanns Veranda stand dabei auch ein kleiner Hakenkreuzwimpel aus Ittmanns Besitz98. Der oben schon erwähnte Schmuck der Kirche in Victoria (Kamerun) mit einer riesigen Hakenkreuzfahne und einem „Brustbild“ ist auf einem Foto99 dokumentiert und auf 1934 datierbar, also in die Zeit von Ittmanns Heimaturlaub! Anscheinend ist dieses Bild durch den allgemeinen Missionsklatsch auch auf Ittmanns Umgang mit dem NS übertragen worden, vielleicht durch Kellerhals, der ja den Parteieintritt Ittmanns 1934 in Buea zur Kenntnis nehmen mußte. Ittmann wehrt sich später mit den Worten: „Bei den von mir gehaltenen Gottesdiensten sind solche Zicken nicht gemacht, nicht einmal versucht worden, denn man wußte, daß ich solchen Dingen unzugänglich bin.“100

Des weiteren warf man ihm vor, Missionar Adolf Kölle sei durch eine ominöse Liste von Ittmann in Bedrängnis gebracht worden101, ja er habe noch einer Reihe anderer Missionare geschadet, was sich aber wohl als Fehlinformation herausstellte102. Ob dieser Missionar Kölle oder ein Mr. Blackbourne oder die Geschichte mit Münchheimer (s.o. S. 52, Anm. 132) hinter Ittmanns rätselhafter Formulierung stehen, daß „eine Handlung“, die er „als ehrlicher Mensch unternehmen mußte“, ihm bei einem NS-Sieg den Strick gebracht hätte, läßt sich nicht mehr nachvollziehen103. Vielleicht handelt es sich auch um die Auflösung der Kameruner NSDAP, die Ittmann und der Landesgruppenleiter am „Sonntag vor Kriegsausbruch“ bewerkstelligten104, weshalb Ittmann 1947 sagen kann, daß er schon acht Jahre kein PG mehr sei105. Außerdem sei er 1939 gegen seinen Wunsch zum Präses für das Kameruner Feld eingesetzt worden und vom Komitee mit Instruktionen versehen worden, die ihm wohl für die „demnächstige politische Umgestaltung wichtige Aufgaben“ zufallen ließen106 – was immer darunter zu verstehen ist.

Diese – freilich überwiegend aus Ittmanns Zeugnissen rekonstruierte – Darstellung rechtfertigt m.E. Ittmanns Urteil, daß seine Zwangspensionierung 1947 eine Art Opfer für die Ökumene sei, also die Führungsperson Ittmann stellvertretend für andere PG in der Mission, die anscheinend unbehelligt blieben, als Beweis für die Vergangenheitsbewältigung des Deutschen Zweiges der BM dienen mußte. Ittmann anerkennt sein Urteil als politisches107. Später, 1948, wird er „in die große Armee der anerkannten Mitläufer aufgenommen“, gegen Zahlung von 400 Mark Strafe108. Ebenfalls 1948 wurde er (in Stuttgart?) von der BM „begnadigt“109; er publizierte wieder und nahm an Missionsfesten der BM teil, war also teilweise wieder in die Arbeit der BM integriert, soweit es neben seinem Pfarramt ging, wovon eine nun wieder stark zunehmende Korrespondenz in seinem Personalfaszikel in Basel zeugt. Die Vorwürfe von Schmie scheinen allerdings nie offiziell zurückgenommen worden zu sein, weshalb er noch bis 1951 (TS) darüber korrespondiert. In diesem Schriftverkehr bezeichnet er seine Zeit der Internierung auf Jamaika als „Buße“ über sein NS-Engagement110. Er sei einem Phantom gefolgt. Seine Zeit in der Partei wäre ein Kampf gegen die Übel in der Partei gewesen111. Er sagt es nicht selbst, ich traue ihm jedoch zu, daß hinter seiner Mitgliedschaft auch etwas von seinem Missionseifer steckte, wozu er den Nazis ein Nazi wurde112. Seine Werke aus der Internierung (GVK und RVK) – durch das erste bin ich überhaupt auf seine Parteimitgliedschaft gestoßen! – führt er als Beweis dafür an, daß er mit der NS-Doktrin nichts zu tun gehabt habe113.

Seine Äußerungen im Vorwort von GVK (I) bezüglich eines Sieges Deutschland im Zweiten Weltkrieg sind wohl Ittmanns Patriotismus in Rechnung zu stellen, der sich aber nicht vom NS, sondern vom durch Versailles gekränkten Wilhelminismus114 ableitet. Die Überlegenheit der nordischen Rasse (GVK II) ist zwar ein Schlagwort der Nazis, aus der Perspektive von Ittmanns Zeit muß man jedoch sagen, daß die Unterschiedlichkeit der Rassen durchaus eine wissenschaftlich offene Frage war115, die erst durch die gesellschaftliche Wirklichkeit z.B. in den USA seit den 70er Jahren widerlegt ist, in der Farbige Führungspositionen in westlichen Gesellschaften übernehmen und sich dabei genauso bewähren und scheitern wie ihre weißen Kollegen.

Ittmann litt wohl, wie die meisten Missionare bei „primitiven Kulturen“, darunter, daß diese nicht so wollten wie er, daß seine Vorstellungen von Kirchenstruktur nicht zu afrikanischer Kultur passten; dies mußte er interpretieren und tat es unter dem Stichwort „Rasse“, womit er nicht allein war116.

Ittmanns Motive, in die NSDAP einzutreten und lange in ihr zu verbleiben, müssen also vornehmlich in seinem Patriotismus, seinen kolonialpolitischen Hoffnungen und seiner konservativen gesellschaftspolitischen Einstellung117 zu suchen sein. Er scheint trotz seiner Aufenthalte in Deutschland 1934/35 und 1938/39 wohl noch irgendeine Hoffnung auf eine Wendung zum Guten gehabt zu haben. Jedenfalls kann Ittmann nicht der Vorwurf gemacht werden, NS-Ideologie in die Theologie getragen zu haben; Antisemitismus und Deutschchristentum lagen ihm fern.

Das ändert freilich nichts daran, daß Ittmann auch alternative Handlungsmuster zur Verfügung gestanden hätten, also eine gewisse Orientierung an der Bekennden Kirche (BK), die ja durch Hartenstein gefördert wurde. Auch Freunde von Ittmann in Darmstadt waren in der BK; sein Bruder in der SPD118. Insgesamt zeigt sich am „Fall Ittmann“, wie die damalige Verstrickung der Kirchen und der Missionsgesellschaften in gesellschaftliche bzw. ökonomische Zwänge und ihr mangelndes Eintreten für freiheitliche Demokratie, ihre ideologische Rückwärtsgewandtheit usw. klare Trennungen nicht erlaubte. Darüber den Stab zu brechen steht uns Heutigen nicht zu, da Katastrophen wie der NS wohl erst soweit ausreifen mußten, um uns dagegen weitgehend zu immunisieren. Jeder Christ wird sich wohl eines Tages selbst fragen oder von seinen Enkeln oder Partnern in der Ökumene fragen lassen müssen, wo er „nicht mutiger bekannt, nicht treuer gebetet, nicht fröhlicher geglaubt und nicht brennender geliebt“119 hat.


Fußnoten:

72 So seine Karte im Parteiarchiv der NSDAP, jetzt im Bundesarchiv Ast. Berlin-Zehlendorf (ehemals Berlin Document Center). Die Karte verzeichnet diverse Wohnungswechsel, aber kein Austrittsdatum.
73 Mommsen 1960, 548ff.
74 Erdmann 1993, 182ff. Aus diesem Band von Gebhards Handbuch zur deutschen Geschichte sind auch die übrigen zeitgeschichtlichen Angaben dieses Exkurses entnommen. Ansonsten dienten Basler Archivmaterialien (BM) und Ittmanns Nachlaß (TS) als Hauptquellen für dieses Kapitel. Das Archiv des deutschen Zweiges der BM beim Ev. Missionswerk in Südwest-Deutschland (EMS) in Stuttgart konnte nicht mehr eingesehen werden.
75 SP § 1790 (5.4.1933).
76 SP § 1790 (5.4.1933).
77 Durchschlag des Schreibens in KP 1933 §963 (10.10.). Vgl. Witschi 1970, 34f.
78 Der Direktor der Berliner Mission, Siegfried Knak, sieht sich auch in allererster Linie von den ökonomischen Schwierigkeiten der neuen Situation dazu gedrängt, mit der neuen Kirchenleitung zu kooperieren (Gespräch mit Karl Barth u.a. im Hause Jacobi, Berlin, 31.10.1933, Protokoll im Barth-Archiv Basel).
79 SP § 1798 (8.7.1933), § 1806 {27.9.1933), § 1811 (6.12.1933), § 1809 (29.11.1933).
80 Brief Hartenstein an Wildi, Basel 2.3.1937 (BM).
81 Jenkins 1989, 18. Jenkins verweist freilich auch auf den Widerstand von Basler Missionaren gegen den Nationalsozialismus.
82 Ittmann an Lierack 9.7.1949 (TS).
83 1937(?). E-5-3,22-B5 (BM).
84 Durch den NSDAP-Landesgruppenleiter. Quelle: Ansprachen zur Beerdigung von Schwester Elise Schoch am 19.11.1936 (TS). Die Hauptansprache stammte von Ittmann, in ihr findet sich jedoch keinerlei Bezug zu politischen oder gar nationalistischen Elementen.
85 KP 1939 §368 (2.5.). Der Nationalismus der Missionare auf dem Feld gefährdete immer wieder die Zusammenarbeit im ökumenischen und binationalen Werk der BM. Ittmann warnt 1940 seine „Geschwister“ (Kollegen) davor (9.3.40, Buea).
86 „Ein Brief aus Nyasoso“. Geschrieben von Ittmann in Darmstadt, 14.1.1935; im Personalfaszikel Ittmanns (BM). Ittmann überträgt hier eine für den Bereich afrikanische Religion/Mission richtige und zur Geduld mahnende Einsicht auf die politischen Verhältnisse einer waffenstarrenden Hochkultur in Deutschland. Die Exzesse 1933 und in den folgenden Jahren hat er wohl hingenommen, weil er hoffte, daß sich in Deutschland genauso wie in der Mission die Dinge nochmal zum Guten wenden würden. Ittmann kritisiert im Schlußwort seines Textes, der sonst fast unverändert im EMM gedruckt wurde (1935), die Nachtseiten afrikanischer Religion und spielt auf „arteigene“ Religion, also das Deutschtum an. In Basel wagte man offensichtlich nicht, diese Kritik an den deutschen Entwicklungen zu drucken. Dafür gelang es Ittmann später (1936a, 19), ähnliche Kritik zu veröffentlichen, s.o. S. 44.
87 Diese und andere persönliche Informationen über Ittmann gehen auf meine Interviews mit Ittmanns Tochter Traudel Schmidt in Oldenburg am 9. und 10.2.1996 und ihre Aufzeichnungen von Gesprächen mit ihren Schwestern im März 1996 zurück. Ihrer und ihres Mannes Hermann Mühe, Auskunftsbereitschaft und Gastfreundschaft sei an dieser Stelle herzlich gedankt.
88 In einem Brief an Hartenstein vom 3.3.1951 (TS) spricht Ittmann rätselhaft von einer ersten Entnazifizierung im Herbst 1934, denen weitere in Schmie 1947 (durch die BM) und 1948 durch die deutschen Behörden (Spruchkammer) gefolgt seien.
89 Wohl der Arzt Dr. Kurt Münchheimer (Munchheimer?), der später ein entlastendes Schreiben für die Spruchkammer zur Entnazifizierung Ittmann verfaßte (Ittmann an Hartenstein 31.3.1947 (TS), Hartenstein an Ittmann 18.4.1947(TS)). In den entsprechenden Archiven mit den Entnazifizierungsakten (Zentralstelle der Landesjustizverwaltungen in Ludwigsburg und Bundesarchiv in Koblenz) konnte aus Zeitgründen nicht mehr recherchiert werden. Zu Münchheimer vgl. Balz 1993, 276.
90 nn und Wildi liegt darin, daß Wildi 1936 an die Heimatleitung eine „große Gefahr“ meldete, in deren Zusammenhang er Ittmann vorwarf, daß letzterer „die jungen Brüder zu sehr über die heidnischen Verhältnisse“ aufkläre (Brief Ittmann an Hartenstein bzgl. Fragebogen 1937, Buea/Victoria, 6.3.1938, TS und BM QK-5.9).
91 KP 1932 §387 (11.5.).
92 BM E-10.31,5. Später berichtet er in der säkularen „Afrika-Rundschau“ über die Anbaumöglichkeiten in Kamerun (1939a). Kolonialpolitik wurde auch im Protestantismus gerne mit Mission verknüpft, schon in ihren Anfängen 1792 bei William Carey (1961), dann auch in der Basler Mission von dem sagenumwobenen Johannes Zimmermann (1877). Von Ittmann sind mir jedoch keine geistlichen Verknüpfungen von Kolonialismus und Mission begegnet. Er scheint beides, Mission und Politik, als getrennte Bereiche zu betrachten. Zahlreiche weitere Hinweise zu Verknüpfungen von Kolonialismus und Mission in der Missionsliteratur bei Hoekendijk (1967, 17–20) und Balz 1991; unter historischem Gesichtspunkt aufgearbeitet bei Horst Gründer 1992. Zu Hitlers Plänen für Afrika siehe Kum’a Ndumbe 1980. Vielleicht spielt bei Ittmann auch die Frustration über die englische Kolonialverwaltung eine Rolle, die ihn für eine deutsche Kolonialherrschaft über Kamerun eintreten läßt (GVK 61; 1936b, 341 und indirekter Ittmann an Komitee 1.3.1938 (BM) über die Vorzüge der französischen).
93 Mommsen 1960, 548.
94 KP 1938 § 435/450 (1.6.1938). Zu seinen schlichterischen Fähigkeiten siehe oben S. 17 zu GVK 34a.b.
95 21.2.1947 (TS).
96 Ittmann an Dilger 29.4.1974 (TS).
97 Das Dokument spricht noch von Zerwürfnissen unter den Missionaren im Internierungslager in Jamaika, wahrscheinlich besonders 1943 (wegen der Wende an der Ostfront?). Dieser Konflikt kann auch nicht mehr nachvollzogen werden. Ittmann an Deutschen Zweig 23.3.1947 (TS), an Kellerhals 24.7.1950 (TS).
98 Ittmann an Kellerhals 24.7.1950 (TS) und 11.1.1951 (TS).
99 Bei Karl Lipp, Stuttgart?
100 Ittmann an Lierack 9.7.1947(?) (TS). Der damalige Generalkassierer in Kamerun, Karl Lipp, dem an dieser Stelle herzlich für seinen ausführlichen Brief an mich vom 27.4.1996 gedankt sei, war Zeuge eines solchen Gottesdienstes. Die Fahne war bei einem Gottesdienst für die deutsche Bevölkerung wohl eigenmächtig vom NSDAP Landesgruppenleiter Luppe aufgehängt worden, wofür er harsche Kritik des Missionars Lierack erntete, der anscheinend den Gottesdienst leitete. Nach Lipp scheint es sich auch bei dem „Deutschen Gruß“ am Grab der Missionarin Elise Schoch (siehe oben S. 51, Anm. 127) eher um eine eigenmächtige, nicht mit den Missionaren abgesprochene Aktion Luppes gehandelt zu haben.
101 Ittmann an Hartenstein 3.3.1951; vgl. KP 14.5.1946. Kölle wurde in Indien (TS) oder an der Goldküste (Lipp) geboren und hatte deshalb neben dem deutschen auch einen englischen Pass, weshalb die Engländer ihn im Rahmen der Internierung 1940 nicht mit nach Jamaika schickten, sondern wegen Spionageverdacht in England inhaftierten (Lipp an AS 27.4.1996; TS an AS 17.4.96).
102 Ittmann an Freunde 25.11.1949.
103 Ittmann an Freunde 14.7.1949 (TS) und Ittmann an Deutschen Zweig der BM 23.3.1947.
104 Ittmann an Deutschen Zweig der BM 23.3.1947(TS).
105 Ittmann an Dilger 29.4.1947 (TS) und an Freunde 14.7.1949 (TS).
106 Ittmann an Deutschen Zweig der BM 23.4.1947 (TS) und an Dilger 29.4.1947.
107 Siehe besonders seine lange Verteidigung an die Leitung des Deutschen Zweiges der BM vom 23.3.1947.
108 Ittmann an ?, PF 9.4.1948 (BM).
109 Ittmann an Freunde 25.11.1949 (TS).
110 Ittmann an Dilger 29.4.1947 (TS).
111 Ittmann an Kellerhals 29.5.1950 (TS).
112 Ittmann war lange mit der Pastoration für die Europäer in Kamerun beauftragt (Bächtold an Kellerhals 29.11.1937 BM).
113 Ittmann an Dilger 29.4.1947 (TS).
114 Ittmann an Lierack 9.7.1947 (TS). Ittmann erlebte Versailles als 33jähriger, also in einer Lebensphase, in welcher man, nachdem Berufseinstieg und Familiengründung zumeist bewältigt sind, für Fragen nationaler Identität empfänglich als sonst ist.
115 Freilich gab es für damalige Verhältnisse Fortschrittlicheres: Jäger 1926, 15f diskutiert die Frage nach der Zukunft Afrikas bereits an der Kultur- und nicht der Rassenfrage, fragt also, ob das kulturbedingte Lerntempo der Afrikaner für politische Selbständigkeit ausreicht.
116 Zeit übernommen wurde und die Eingeweihten zwischen den Zeilen das Eigentliche lesen konnten. Das Problem des NS-Rassismus und die Stellung der Missionare dazu erfordert aufgrund der verbergenden Sprachregelungen unter totalitaristischen Bedingungen eine eigene Untersuchung und kann im Rahmen meiner Magisterschrift nicht weiter verfolgt werden. Für Ittmann kann nur noch darauf verwiesen werden, daß er keinen Begriff von „Kultur“ hatte; das Wort kommt nur sehr selten bei ihm vor und bedeutet dann hohe Kultur, „kultiviert“ (entsprechend etwa unserer Verwendung in „Kulturbeutel“), die positive Seite zu „Zivilisation“. Ein „Primitiver“ hat keine „Kultur“, aber Volkstum, geistigen Volksbesitz, was seine andere Rasse ausmacht.
117 „Suum quique“ GVK 94a; Ittmann schätzt die europäische Schuld gegenüber den Afrikanern weniger groß ein als Johannsen (GVK 121).
118 TS an AS 17.4.1996.
119 Stuttgarter Schulderklärung 1945 (Krumwiede 1980, 163).
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