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Band 1 |
Zu Ittmanns Werken
Band 2 |
Geistiger Volksbesitz
Einleitung
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Band 3 |
Religion im v. Kamerun

Inhalt Kapitel 3

Teil III: Der Mensch – ein Glied mancherlei Bindungen

Teil III: Der Mensch – ein Glied mancherlei Bindungen

Schon im Vorstehenden konnten wir nicht anders, als den Menschen, dieses zoon politikon, in Beziehung zu anderen zu setzen. Nun aber wollen wir uns wenden zur Besprechung der Gemeinschaft Gemeinschaftsbande, die in Kamerun anerkannt sind.

A. Der Blutsverband

Ein solcher ist in zweifacher Weise möglich, als natürlich gewordener und als künstlich herbeigeführter:

1. Der Sippe Sippenverband

b. Bilder aus den Familiensitten der Stämme

(1)  Braut Brautwerbung bei den Bakosi

In den Erbrecht vatererbrechtlich geordneten Stämmen führt der Frauenkauf zur rechtlichen Ehe; es gibt aber in allen Stämmen mancherlei Wege, die zu diesem Ziel führen.

Bei den Bakosi und ihren Nachbarn wird um die Mädchen vielfach schon vor der Geburt geworben. Das tun besonders ärmere Leute, die so hoffen können, genügend Zeit zu haben, um nach und nach den Kaufpreis zusammenzubringen. Es ist das aber auch Sitte zwischen befreundeten Familien. Erfährt ein Mann, daß eine Frau in Hoffnung ist in einer Sippe, aus der er ein Mädchen für sich oder einen seiner Söhne freien möchte, so sendet er der Frau einige Kleinigkeiten als Geschenk: ein billiges Tabakdöschen, einige Blatt Tabak, ein Päckchen Salz. Wird das nicht zurückgewiesen, so weiß er, daß man dort nicht abgeneigt ist, auf sein Werben einzugehen; und wenn er will, kann er nun schon mit eigentlichen Zahlungen auf die ungeborene Braut beginnen. Die Frau kann natürlich nicht annehmen ohne die Zustimmung ihres Mannes, und die eigentlichen Zahlungen müssen ohnedies an ihn erfolgen. Stellt sich dann statt des erhofften Mädchens ein Knabe ein, so muß der Liebhaber halt enttäuscht die nächste Geburt abwarten.

Man konnte sich aber auch um ein Mädchen in späterem Lebensalter bewerben. Auch da geschah die Werbung Werbung völlig ohne Wissen des Mädchens. Der Liebhaber sandte dem Vater ein Geschenk, und wurde es angenommen, so konnte er kommen und mit dem Vater bzw. dem Sippenältesten allerlei Abmachungen besprechen. Dabei stand zwar der Mutter des Mädchens ein entscheidendes Wort zu; die eigentlichen Verkaufshandlungen gingen sie aber nichts an, denn sie selbst war ja gekauft und nicht selbständig. War sie aber dem Werber abgeneigt, so wurde selten gegen ihren Willen gehandelt. Darum mußte sich der Werber auch ihr zeigen. Meistens machte er mit seinen Altersgenossen einen Besuch auf dem betreffenden Hof und brachte der künftigen Schwiegermutter allerlei kleine Geschenke mit.

Die Werbung von ungeborenen oder noch unentwickelten Mädchen scheint früher viel allgemeiner gewesen zu sein als heute, doch auch heute ist sie nicht ganz selten. Neben der oben genannten Zahlungserleichterung für den Werber scheint aber auch beim Brautvater ein Grund vorgelegen zu haben, Töchter möglichst früh zu verkaufen, nämlich die Unsicherheit der Verhältnisse, die den Frauen- bzw. Jungfrauenraub begünstigte. War ein Mädchen schon vergeben und Anzahlungen auf es gemacht, so mußte der Räuber mit dem Widerstand zweier Sippen rechnen. Denn schon die Nachricht, daß eine geworbene Braut angekommen sei, beantwortete der Werber damit, daß er der Wöchnerin durch seine Mutter, Schwester oder Frau ein Stück Kattun zu einem Kleid, 1 Kalebasse Palmöl, 1 kleinere mit Salböl und ein Bündelchen Tabakblätter als Angebinde sandte; fortan gab er auch das Salböl für die Zukünftige, und dem Vater gab er Ziegen oder andere Werte als Anzahlung. Er hatte also ein Interesse daran, daß ihm die Braut nicht von einem anderen weggeschnappt wurde.

Ist eine solche Frühbraut etwa zehn Jahre alt geworden, so geht sie von Zeit zu Zeit zur Mannessippe, um sich langsam in deren Art einzugewöhnen. Ist das Mädchen dann heiratsfähig, so kehrt es eines Tages nicht mehr zum mütterlichen Herd zurück und der Ehemann läßt dem Schwiegervater sagen, daß er nun seine Frau bei sich behalten will. Der läßt ihm wiederum antworten: „Gut, sie ist dein; komm, daß wir den Kaufpreis festsetzen!“ Das erfolgt dann in einer Zusammenkunft etwa einen Monat später in der Sippe der Braut, zu der sich der junge (oder auch alte) Ehemann samt Angehörigen seiner Sippe eingefunden haben. Weil beide Sippen in diesem Fall befreundet sind oder durch den seitherigen Verkehr befreundet wurden, benötigt diese Besprechung keine weiteren Förmlichkeiten. Ist das Mädchen aber schon „reif“ geworden, ehe um es von einer zunächst fremden Sippe geworben wird, gehen die Besprechungen in feierlicher Weise vor sich.

{67} Allerlei Weise kann solchen Besprechungen vorangehen. Da kann sich sowohl der Sippenvorsteher des jungen Mannes oder der des Mädchens eines Mittelsmannes bedienen, der ein passendes Mädchen oder [einen passenden] Mann ausfindig macht und veranlaßt, daß sich die beidseitigen Sippenvertreter einmal treffen, etwa auf dem Markt, und dort den Termin zur Festsetzung des Kaufpreises vereinbaren. – Oder ein Bursche hat sein Auge auf ein Mädchen geworfen. Er gibt seiner Mutter oder seiner Schwester den Auftrag, gelegentlich bei dem Mädchen zu sondieren, und hat er günstigen Bescheid bekommen, so trägt er das Anliegen seinem Sippenältesten und seinem Vater vor. Und findet sein Anliegen Gehör, so veranlassen diese das Weitere. – Das Leben ist reich an Gelegenheiten, die einen dem Ziel näher kommen lassen. Wo sich die Werbung Werbung nicht direkt an das Mädchen richtet, erfuhr es früher, und vielfach auch heute nicht, was über es verhandelt wird.

Heute, wo auch die Mädchen etwas freier in ihrem Willen geworden sind, pflegt zwar der Werber das Mädchen unter der Hand fragen zu lassen, ob er um sie freien könne. Erfolgt eine Ablehnung, so wird aus der Sache nichts, denn keiner stürzt sich gern in eine Reihe von Prozessen. Früher aber war die Gewalt der Sippe so groß, daß man ein Mädchen nicht um seinen Willen fragen mußte. Die väterliche Sippe verkaufte sie halt und die des Bräutigams sagte sich, die Vatersippe soll das Mädchen gefügig machen, wenn sie den Kaufpreis bekommen will.

An dem von beiden Teilen festgesetzten Tag abends zwischen 7 und 9 Uhr begibt sich des Mädchens Sippenältester, ihr Vater und einige andere Gesippten (die Mutter ist ja bei dem Verkauf nicht beteiligt) samt der Erkorenen zur Sippe des Bräutigams. Nach der Begrüßung vereinigen sich die Männer beider Sippen in einer der Rundhütten um ein wärmendes Feuer. In einer anderen Hütte liegen die Waren bereit, die gegeben werden, nlo mmbod a kang „um den Ziegenkopf einzuwickeln“; dort liegt auch ein Hahn unter einem Korb gefangen. Beide Sippen tun sich gütlich an Speise und Palmwein, und ist dann die Hütte wieder gereinigt, so beginnen die Verhandlungen.

Der Brautvater hebt an, er sei hier ziemlich fremd und in besonderer Absicht gekommen; er habe etwas mitgebracht, das er als Frau verkaufen wolle. Darauf wendet er sich zu dem ihm und seiner Tochter gegenübersitzenden Bräutigam und seinem Sippenhaupt und sagte: „Zeig mir den Weg, auf dem du dieses Kind in die Ehe nehmen willst!“ Der Bräutigam geht nun mit einem seiner Verwandten hinaus, um sich zu bereden, und wenn sie wiederkommen, bringen sie den bereitgehaltenen Hahn mit und überreichen ihn dem Brautvater. Der rückt nun mit seiner Tochter in des Kreises Mitte, vor ihm nimmt der Bräutigam und sein Mundwalt Platz. Der Brautvater spreizt einen Flügel des Hahnes auseinander und die drei anderen legen ihre rechte Hand darauf. Dann spricht der Bräutigam unter neunmaligem Klopfen des Zeigefingers auf den Hahnenflügel:

Nse me jan awong mwan, ntieg a yol e ‘pab a kub hen.

“Wenn ich dein Kind nicht kaufe, so soll ich bei diesem Hahnenflügel stecken (d. h. der durch die Handauflegung mit Seelenkräften beider Parteien geladene Hahn solle den Frevler ergreifen und strafen. Wegen des neunmaligen Klopfens vgl. S. 47).“

Darauf klopft der Brautvater in der gleichen Weise auf den Flügel und spricht:

Nse me janed we awem mwan, ntieg a yol e ‘pab a kub hen.

“Wenn ich dir nicht mein Kind verkaufe, so soll ich bei diesem Hahnenflügel stecken.“;

und auch die Braut klopft auf den Flügel und spricht:

Nse me wong we ne nlem nsieng, ntieg a yol e ‘pab a kub hen.

“Wenn ich dich nicht mit ganzem Herzen heirate, soll ich bei diesem Hahnenflügel stecken.“

Dann nimmt des Bräutigams Vater den Hahn, übergibt ihn der Braut und die gibt ihn einem ihrer Angehörigen und sagt: „Geh und schlachte ihn!“ Das Blut Blut läuft über die Herdsteine. Beide Parteien rupfen dem Hahn einige Schwungfedern aus, wickeln sie in trockene Bananenblätter und stecken das Päckchen zu sich. Diese Federn gelten später, wenn es zwischen {68} den beiden Parteien wegen dieses Eheschlusses zu Streit kommen sollte, als magisches Beweismittel, denn sie haben beide darauf geschworen.

Der Hahn wird gekocht und in zwei gleiche Hälften zerlegt für beide Sippen; die Braut erhält den einen Schlegel, der das Huhn geschlachtet, den anderen und den Kopf. Mit anderen Speisen wird der Hahn sofort verzehrt.

Nach dem Essen steht der Brautvater, die Braut und der Käufer in der Mitte des Kreises und ersterer übergibt jenem die Braut mit den Worten: Awong mwad nen. „Das ist deine Frau.“ Darauf setzt er sich nieder und gibt der jungen Frau, denn als solche gilt sie nun, noch väterliche Ermahnungen, z. B. „Denk nicht, daß du nun noch zu uns gehörst, du hast nun deinen Mann. Heißt er dich das Haus reinigen und [du] tust es nicht, so ist das deine Sache; schickt er dich im Regen weg, Palmwein zu holen, und du folgst nicht, so ist das deine Sache; bekommt dein Mann Gäste und du verziehst das Gesicht, wenn du ihnen kochen sollst, so ist das deine Sache; wird er schwer krank und du siehst ihn voll Abscheu an und hältst dich zu anderen Männern, so ist das deine Sache (d. h. dann kannst du auf Rechtsschutz von uns nicht rechnen). Nse we lonte men mekan, ke ngwe ke nen, we hiag me a kwed. Wenn du diese Ratschläge nicht befolgst, so sollst du nicht zu meinem Totenfest kommen, und wenn ich ganz gestorben bin!“

Handelt der Kaufende als Mundwalt für ein jüngeres Glied seiner Sippe, so sagt er zu dem Mädchen: „Ich kaufe dich nicht für mich, sondern für den da“, und zu dem Aufgerufenen: „Steh auf, daß sie dich sieht“. Der steht auf, damit das Mädchen gewiß ist, wessen Frau sie nun geworden [ist]. Und der junge Mann wird auch ermahnt, daß er seine Frau in rechter Weise behandeln soll. Beim Absitzen rückt die Frau von ihrer Sippe ab und setzt sich neben ihren Mann, wendet ihm aber den Rücken zu.

Der Käufer geht darauf mit einigen Männern seiner Sippe in den Hof und beredet sich mit ihnen wegen der Ziege „Ziege“, die gegeben werden soll. Man nimmt jedenfalls keinen Bock, sondern ein Schaf oder eine Ziege, ein friedliches Tier, vgl. S. 130, weil man wünscht, daß die Ehe still und ohne Streit Streit verlaufe. Das Tier wird in der Hütte in aller Beisein getötet und zerlegt. Der Ehemann erhält davon einen Hinterschlegel mit Hüftstück, den Nacken und in einem Holznapf das Blut, das übrige fällt dem Schwiegervater zu, der Kopf ist für die Schwiegermutter bestimmt. Das Fleisch wird in Blätter gewickelt und in einen Rucksack verpackt. Die Blätter, auf denen das Tier zerlegt wurde, werden entfernt.

Nun ist der Kauf perfekt geworden und man kann über den Kaufpreis verhandeln. Würde man das vor den Zeremonien Zeremonien tun, so könnte die Braut vor harten Worten gegen ihre Sippe Anstoß nehmen, könnte sich sträuben und in Unwillen den Vertrag, vgl. auch Blutbund und male Vertrag schwören beschwören, was nicht ohne Folgen bliebe. Der Verkäufer sagt nun, was er für die Frau fordert; der Preis schwankte, bevor Geld im Land war, je nach Herkunft und Alter des Mädchens zwischen 30 – 100 Ziegen bzw. entsprechend viel Stücke Kattuns oder anderer Waren (Pulver, Gewehre, Decken, Tabak, Haumesser u. a.) in diesem Wert. Ist die Gegenseite mit dem Geforderten einig, so ist weiteres nicht erforderlich. Das ist aber selten der Fall. Wird der Preis als zu hoch abgelehnt, so gehen von beiden Sippen gleichviel Leute in den Hof (ohne Mann und Frau und beide Sippenhäupter) und verhandeln. Sind die einig geworden, so kommen sie wieder und geben die Summe bekannt, die nun von beiden Seiten anerkannt wird.

Darauf geht der Ehemann mit einigen Gesippten hinaus und sie beraten, wie sie „den Kopf der Ziege einwickeln sollten“, d. h. was in dieser Nacht noch von dem Kaufpreis zu dem für die Brautmutter bestimmten Ziegenkopf hinzuzufügen sei. Man bestimmt meist einige Stücke Tuch und ein oder zwei Tiere, dazu noch ein Stückchen Tuch für die Brautmutter selbst. Unterdessen hat man in der Hütte eine Schlafmatte auf den Boden gelegt, auf der nun die festgesetzten Werte (heute ist es meistens bares Geld) aufgezählt werden; zuoberst das Tuch für die Schwiegermutter. Der Verkäufer nimmt die Zahlung in Empfang und macht noch mit den anderen aus, wie der Rest zu erledigen sei. Denn nie wird der ganze Kaufpreis auf einmal gezahlt, auch wenn man dazu in der Lage wäre. Der Verkäufer muß {69a} noch oft kommen, bis er den ganzen Kaufpreis bekommen hat, denn der Käufer will erst sehen, wie sich die Frau anläßt, ob sie der Sippe Kinder gebiert, ob sie gesund ist u. a. Denn stirbt sie, so hat nach Bakosi- Rechtswesen, -leben Recht der Käufer meist keinen Anspruch auf Rückerstattung seiner Zahlungen. Und außerdem: Mod e wue nsiog mbwe nhog to ebe. „Man schlachtet einen Elefanten nicht an einem oder zwei Tagen aus“.

Ist man über den Zahlungsmodus einig geworden, so erheben sich auf das Zeichen eines Alten alle, a bwem a nsom „um Friede Frieden zu schließen“, d. h. die Sache zu einem friedlichen Abschluß zu bringen. Er sagt dann zur jungen Frau: We nen, awong njom men e! „Das bist du und der da ist dein Mann!“ Dazu erheben alle die Hände und sagen „sch“, d. h. mit einem Hauchspeichelopfer Hauchspeichelopfer geben alle zum Geschehenen ihre Zustimmung, wodurch nach Bakosi-Weise eine Sache festgemacht ist. Darauf verabschiedet sich die Sippe der Frau und geht. Daheim erhält ihre Mutter den Ziegenkopf und das Stück Kattun, „darin der Kopf eingebunden wurde“. Das Fleisch des Tieres verteilt der Alte unter die, die ihn begleitet hatten und unter die anderen Frauen seines Hofes.

Für die Frau beginnt nun der Ehestand mit seinen Freuden und Nöten; für den Ehemann aber eine Zwickmühle, indem er immer abwägen muß zwischen Wahrung seiner Rechte und Zufriedenstellung der Frau und ihrer Sippe. Diese kann der Frau leicht den Kopf verdrehen oder bei entstehenden Streitigkeiten stets den Mann ins Unrecht setzen. Kettet der Mann die Frau nicht an sich, so kann es geschehen, daß ihre Vatersippe sie wieder bei sich aufnimmt und anderweitig verkauft; der erste Mann kann dann sehen, wie er seine Auslagen wieder zurückerstattet erhält. Aus diesem Grund muß er auch seinem Schwiegervater immer wieder mit Geschenken aufwarten, auch wenn der vereinbarte Preis schon bezahlt ist, und er erfährt, was das Sprichwort Sprichwort meint: Mwan a kunse e mae nkun. „Eine freie Tochter wird nie ganz ausbezahlt.“

{69b}

(2) Brautübergabe bei den Bameta im Grasland

(Nach einem Bericht [gestrichen:] des Missionars Uloth vom 2.9.35] gekürzt)

Sind die nötigen Vorbedingungen erfüllt, so wird die Nacht festgesetzt, da die Überführung der Braut zur Mannessippe stattfinden soll. Dazu ist der Segen Segen der Ahnen nötig. Der Bräutigam schickt zu diesem Anlaß eine Kalebasse Palmwein, in deren Hals das Blatt eines gewissen Baumes steckt. Dieses Blatt steht in besonderem Ruf; es wird z. B. auch einem Häuptling Häuptling bei seiner Installierung auf den Kopf gelegt, um zu bezeugen, daß er allein der rechtmäßige Häuptling ist.

Die Erwachsenen der Brautsippe versammeln sich um den Opferstein, vgl. den nyo-Stein auf S. 130, und stellen sich den Wänden entlang. Der Sippenälteste tritt mit der Braut und einem ihrer Brüder an den Opferstein, der in einer kleinen Grube liegt; die Braut läßt sich neben dem Loch nieder, während die Versammlung das Tabu des Schweigens beobachtet. Der Älteste ruft nun die Ahnen namentlich an und teilt ihnen mit, daß ihre Sippe dabei sei, wieder eine Tochter zu verkaufen, da ja eine Frau nicht ihr eigenes „Haus“ bauen könne; der Bräutigam (nicht anwesend) habe Palmwein geschickt, weil auch er der Ahnen der Braut gedenke.

Die Kalebasse macht nun bei allen Anwesenden die Runde, damit sie durch Berühren mit beiden Händen ihre Zustimmung zu dem folgenden Akt geben. Darauf wird der Wein zur Labung der Ahnen auf den Stein und ins Loch geschüttet. Der Älteste reibt der Braut die Brüste mit Palmwein und Rotholzsalbe ein, legt ihr die Hände auf die Schultern und bittet die Ahnen um Segen für die scheidende Tochter, woran er noch einige gute Wünsche und Ermahnungen knüpft, damit die neue Familie gedeihe: Wir wünschen, daß du mit deinem Mann in Friede Frieden lebest; gebäre möglichst viel Knaben und Mädchen. Das einzige, was dich nachts aufwecke, sei die Wanze (d. h. nicht Krankheit oder Kummer und dgl.)! Mit lautem Zuruf stimmen die Anwesenden mit ein.

Unbekleidet wandert nun die Braut geführt von der Jugend ihrer Sippe dem Gehöft der Mannessippe zu: Auf dem Weg dahin warten schon dessen Angehörige auf den Brautzug. Sie sind zusammengestoßen, dann verwehrt die Jugend der Braut immer wieder den Weg zum Weitergehen; die Angehörigen des Bräutigams müssen die Braut immer wieder durch Messingringe oder andere Werte „lösen“.

Nachdem sich die Braut einer Untersuchung durch alte Frauen hat gefallen lassen, beginnt am anderen Morgen mit Tanz und Reigen im Hof das Hochzeitsfest, das sich Tage lang hinzieht, wenn die nötigen Mittel vorhanden sind. Handelt es sich um eine Witwe oder schon einmal Verheiratete oder ein Mädchen, die ihre Jungfrauschaft nicht bewahrt hat, so findet die Verbindung ohne Feier statt.

{70}

3. Heirats- und Ehesitten der Bakwiri43.

Abschied und Übersiedlung der Braut: Glaubt der Vater, daß er die Frauenkaufsbedingungen erfüllt hat und die Schwiegertochter auch zur Ehe vorbereitet ist (durch Entwicklung Entwicklung und Initiationsriten), so schickt er zwei ältere Frauen zur Brautsippe, um sich nach dem Termin zur Überführung der Braut zu erkundigen. Zu diesem Termin sendet er wiederum zwei ältere Männer, zwei ältere Frauen und einige Burschen zum Brautvater. In ihrer Gegenwart muß sich die Braut nun dem Ordale (Gottesgericht) Ordal unterziehen, damit festgestellt werde, ob sie im Besitz von Hexenkraft ist oder nicht. Geht sie unbeschuldigt aus dieser Prüfung hervor, so bricht die Brautsippe in lauten Jubel aus und Freudenschüsse werden abgefeuert und die Abschiedsbräuche beginnen.

Der Brautvater schlachtet einen feisten Karpater und nimmt ihm das Netzfett aus. Einen Teil davon kocht er zu allerlei Speisen. Die der Braut gehörigen Tücher und Kleider werden in Rindenschachteln oder Kisten verpackt, ein Rückenkorb samt Traggurt bereitet und einige kleinere Körbe, Hacken, Tontöpfe und was sonst zum Frauenhaushalt gehört, zurecht gestellt44

. Die Begleiter der Braut nehmen diese Traglasten, gefüllt mit den gekochten Speisen, die der Brautvater seiner Tochter mitgibt, und der Sippenälteste legt der Braut den ungekochten Teil des Netzfettes um den Kopf als Zeichen, daß sie mit seinem Segen Segen die heimische Hofstatt verläßt. Ist alles bereit, so gibt ein Gewehrschuß das Zeichen zum Aufbruch, der mit lautem Jubel erwidert wird. Zwei starke junge Männer heben die Braut auf ihre Schultern, vier Altersgenossinnen der Braut und ein kleines Mädchen aus ihrer Verwandtschaft schließen sich der Braut an, die einen aufgespannten Schirm über sich dreht. Die Männer und Frauen laden sich auf, was als Abschiedsgeschenk der Sippe die Braut geleitet, außerdem einen Topf mit Wasser, und am Strick führen zwei Männer ein großes Schwein und einen Karpater. Mit Gesang der Strophe:

Momb’ alo, alo;

a li sange na nyango, alo!

“Die Braut ist wahrhaftig weggegangen; hat ihren Vater und die Mutter verlassen und ist gegangen!“

geht der Zug vom Vaterhause weg, und zieht mit Gesang und Reigen dem neuen Heim der Braut zu. Ist der Weg weit, so wird die Braut vor dem Dorf abgestellt und geht zu Fuß bis zum letzten Wasser vor der Siedlung des Bräutigams. Dort wäscht sie ihre Füße, legt ihr bestes Kleid und Schmuck an, und wird wieder von den Trägern auf die Schultern gehoben, und mit Gesang bewegt sich der Zug bis zum Ziel.

Ankunft und Aufnahme der Braut: Schon steht die nyango a mboa „Heimherrin“ der Mannessippe mit einem Huhn in der Hand vor ihrem Haus bereit. Das Huhn ist gleichsam ihr Stock, so geht sie dem Zug entgegen. Wo sie mit der Spitze zusammentrifft, übergibt sie der Braut das Huhn und spricht einen Segensspruch, ihr Glück zum Einzug wünschend. Die Braut gleitet von den Schultern ihrer Träger in die Arme der neuen Heimvorsteherin, die sie ins Haus führt. Dann feuern die Männer ihre Gewehre zum Willkomm[en] ab. Das Brautgefolge wird in den Nachbarhäusern untergebracht und mit den zum Empfang der Braut bereiteten Speisen gelabt, nachdem die Braut zuerst gegessen hat.

Dann versammeln sich die Frauen beider Sippen um die Braut, und ihre älteren Begleiterinnen ergreifen das Wort. Eine von ihnen singt vor:

„Diese Jungfrau ist ein (richtiger) Mensch, ist keine Hexe;

darum hat sie auch ihr Vater in Ehren entlassen und sie ausgestattet

mit dem, was wir da mitgebracht haben.“

Und nun wird alles aufgezählt und herumgezeigt, auch die im Brauthaus bereiteten Speisen. Der Hausvater nimmt sie in Empfang und verteilt sie unter seine Hausgenossen, die nun auch essen. Darauf beginnt der Reigen draußen im Hof.

{71} Gute Lehren der Frauen aus beiden Sippen: Während sich das Jungvolk auf dem Hof vergnügt, sitzen die älteren Frauen mit dem jungen Paar in der Hütte zusammen, und eine der Frauen, die mit der Braut gekommen sind, singt dem Bräutigam vor:

Nongo n’ oma ogbea, eye, mwai, ya!

“Ich will mal sehen, wie du sie behandeln wirst, Freundchen!“

Und diese Strophe wird von allen ihren Begleiterinnen des öfteren wiederholt, bis eine von ihnen anhebt, alle guten Eigenschaften der Braut aufzuzählen im einzelnen; dabei führt sie auch alles an, was die Braut nicht leiden mag und welcherlei Enthaltungsvorschriften sie beachten muß.

Darauf steht eine grau gewordene Frau aus der Mannessippe auf und singt:

To lambo di si mende po esibe na muto a wan njom;

ebanja biso di lelem o bongwa ni ngondedi ka mun’ asi!

“Nichts (Übles) wird sich ereignen, außer die Frau gibt einen Anlaß;

denn wir sind bereit, diese Jungfrau zu hegen wie unser eigen Kind!“

Und ihre Genossinnen nehmen den Gesang auf und wiederholen die Strophe mehrmals. Dann zählt die Alte auch die Gepflogenheiten des Bräutigams auf und das, was ihm zuwider ist.

Darauf fügen zwei Alte von beiden Seiten die Hände von Braut und Bräutigam zusammen, nehmen Wasser aus dem mitgebrachten Topf und gießen es über die zusammengelegten Hände unter Äußern von Segenssprüchen, auf daß das Zusammenleben in Friede Frieden und Segen vor sich gehe.

Der Hausvater wird gerufen und er muß nochmals vorzeigen, welche Gaben ihm die Braut mitgebracht [hat]; er gibt auch der Brautmutter ein Bündel, und sie zeigt allen, was ihr geschenkt ist.

Mittlerweile ist es Abend geworden, alle zerstreuen sich und den Gästen weist man ihr Nachtlager an.

Die ersten Nächte: Auch der Bräutigam sucht sein Nachtlager auf. Die Braut aber bleibt zusammen mit ihren Freundinnen, die sie hierhergeleitet, damit sie sich in der neuen Umgebung nicht zu fremd fühlen solle.

Am nächsten Morgen wird die Braut einer Prüfung unterzogen, damit festgestellt werde, ob sie im Gehöft ihres Vaters wirklich Jungfrau Jungfrau geblieben sei und ein keusches Leben geführt habe. Wird festgestellt, daß sie schon mit Männern zu tun hatte, so beginnt oftmals da schon Streit wegen Erlasses eines Teils der Heiratswaren. Es kann auch sein, daß die Braut zurückgewiesen und für sie ein Ersatz verlangt wird. Jedenfalls kehren dann die Angehörigen der Braut heim, ohne beschenkt zu werden, nachdem ihnen nochmals eine Mahlzeit, aber ohne Fleischkost, gereicht worden ist.

Erweist sich aber die von Frauen Untersuchte als keusch, so sind alle hocherfreut, besonders aber die Angehörigen der Braut, die der Jungfrau zusingen:

Djongi, djongi, djongi!

“Wir sind gerettet, gerettet, gerettet!“

Und der Hausherr verteilt Geschenke; der Brautmutter etwa im Wert von zehn Mark, einer ein Huhn, der andere Tabak, ein Päckchen Salz, oder was sonst unter den Leuten geschätzt ist.

Dann ziehen die Angehörigen der Braut zu ihrem Heim zurück, nachdem die Mutter als Abschiedsgeschenk noch erhalten hat „eine Ziege, die das Bett, auf dem die Braut seither als Jungfrau geschlafen hat, zerbricht“. Nur das kleine Mädchen, das die Braut als Botin begleitet hat, bleibt als Bindeglied zur Vatersippe bei der Braut zurück. Denn sind die andern gegangen, so erhebt die Braut eine Wehklage, daß ihre Verwandten und Gespielinnen sie so allein gelassen haben. Dann aber kommt der Bräutigam, sie zu trösten mit einem Geschenk und ist nun erlaubt, mit seiner jungen Frau zu essen und bei ihr zu bleiben. Von da ab schläft das kleine Mädchen nicht mehr bei der Braut.

Diese selbst aber verläßt das Haus nicht zu weiteren Gängen, sondern nur zur Bersorgung des Nötigsten; ebenso der Bräutigam. Sie halten ihre Flitterwochen von drei bis vier Monaten, womit in gesunden Fällen die Zei- {72} chen einer guten Hoffnung eingetreten sind. Die jungen Eheleute sind in dieser Übergangszeit tabu; mag Streit oder Tumult im Dorf sein oder die Jungmannschaft sich auf eine Leopardenjagd begeben: Der junge Ehemann nimmt in diesen Wochen keinen Anteil daran; mag die Trommel zum beliebten Ringspiel rufen, sie lockt ihn umsonst; auch vom Kriegsdienst ist er in diesen Monaten befreit. Denn hielte er sich nicht zurück, so würde ihm sicherlich ein Unheil zustoßen. Flitterwochen sind eine Übergangsperiode Übergangsperiode und damit ein Gefahrenzustand.

Die ersten Mann-Mittel: Geht diese gehegte Zeit vorbei, ohne daß die junge Frau guter Hoffnung wird – oft wartet man damit, bis ein Jahr verstrichen ist – so ruft man die Sippe der Frau und fragt, warum sich das Erwartete wohl noch nicht eingestellt hat. Die Mutter gibt dann an, welches magische Mittel die Frau zu tragen und welcherlei Klistier Klistiere man ihr zu verabreichen habe. Stellt sich dann die Schwangerschaft Schwangerschaft ein, so weiß man, daß das angewendete Mittel auch weiterhin zu gebrauchen ist.

Ist auch das umsonst, so wird der Sippenälteste der Frau, der „das Schwein (oder die Ziege) des Klistiers“ erhalten hat und deshalb für die nötigen Klistiere sorgen muß, gerufen und mit der Sache betraut. Er lädt die Eheleute, des Mannes Sippe und die eigenen zu einer Aussprache, vgl. S. 156. Da wird die Sache besprochen und alle [werden] aufgefordert, zu sagen, ob und warum sie etwa die Hoffnung des jungen Paares zunichte machen. Man sucht dann alles Ungute, was zwischen den Verwandten liegt, hinwegzutun und, nachdem dies alle durch einen magischen Brauch erhärtet haben, sprechen sie einstimmig den Wunsch aus, daß der Frau der Segen der Mutterschaft nicht vorenthalten werde. Darauf setzt der Alte die Frau auf seinen Schenkel, spricht Worte des Segens und der Befruchtung über sie und spuckt auf ihren Nabel zerkaute Ingwerkörner. Nach gemeinsamem Mahl gehen alle auseinander in der Erwartung, daß nun ihre Hoffnung nicht fehlen könne. Die Frau nimmt aber auch allerhand Ratschläge, gute und törichte, Verhaltungs- und Tabu-Regeln mit auf den Weg.

Weitere Mittel zur Zeit der Schwangerschaft und Geburt: Hat sich die Hoffnung eingestellt, so geht der Ehemann mit seiner Frau, einer jungen Ziege und einem Huhn zu einem Medizinmann, der Mittel und Brauchtum für diesen Fall kennt. Mit dem Blut Blut der Tiere und allerlei Drogen kocht er ein Mittel, mit dem er die Frau besprengt und klistiert. Dann wird das Huhn in gemeinsamem Mahl vom nganga nganga und seinen Klienten gegessen; die tote Ziege ist sein Lohn. Die Frau bekommt Verhaltungsmaßregeln und Tabu-Vorschriften, besonders wird ihr eingeschärft, ja mit keinem anderen Mann außer dem ihren etwas zu tun zu haben. Zugleich macht er ihr Mittel für Dampfbäder und anderes zurecht, mit der sie und später das zu erwartende Kind klistiert werden sollen.45

Nach weiteren drei Monaten bringt man die Frau mit ihrer Vatersippe zu einem nganga, der sich auf das Mittel mokosa, ein besonderes Klistier Klistier aus einer Liane, versteht. Sie bringen einen schwarzen Schafbock, einen jungen Hund und ein Hühnchen mit. Der nganga besorgt allerlei Drogen, einen irdenen Topf, ein Stück der Liane toti, ein Nest des Seidenspinners liofe la meongo und biegt ein Stückchen Draht zu zwei kleinen Kettengliedern zusammen. Auf einem freigeschlagenen Platz im Wald ist die ganze Frauensippe versammelt. Die Frau nimmt von ihrem Zungenbelag, Schweißtalg aus der Achselhöhle, Haare vom Kopf und sonstwo, Ohrenschmalz, Fingernägel, genannt „körperlicher Schmutz (Zubehör, Abfall) Schmutz“, vgl. S. 2. Dies alles wickelt der nganga in ein Stück des Seidenkokons und drückt das in die Kettenglieder ein; alles näht er zu einem kleinen Bällchen, genannt isasa, zusammen. Die Frau sitzt nackt auf einem abgeschlagenen Bananenstrunk. Vor ihr steht des nganga Topf mit seinen Drogen und einem Teil des Blutes der geschächteten Tiere. Darein taucht der nganga Kräuter und besprengt mit der Brühe Brust und Rücken der Frau und schüttet ihr den Rest des Blutes über den Körper. Sie ist nun für ihren besonderen Zustand kraftgeladen. Er füllt dann seinen Topf mit Kräutermitteln, legt obenauf das angefertigte isasa, das allen Anwesenden über den Körper gestrichen wurde, so daß es von jedem „etwas“ erhalten hat, deckt den Topf mit {73} den großen herzförmigen Blättern des dibokuboku-Krautes zu und stellt ihn an den Wurzelstock eines Baumes. Die Frucht motimbilimbi des Leberwurstbaumes umwickelt er mit einem Palmzweiglein und legt dieses Bündel evemb’ a mokosa zu dem Medizintopf. Dem Ehepaar aber gibt der nganga allerlei Vorschriften; sie dürfen z. B. von Haifisch, Garnelen und einigen anderen Fischarten nicht essen, bevor er selbst sie ihnen gibt. Dann gehen alle auseinander.

In den folgenden Tagen besorgt das Ehepaar die verbotenen Fischarten und am neunten Tag treffen sich alle wieder am gleichen Platz. Im Tanz sucht die Gesellschaft ein höheres Lebensgefühl zu erlangen. Dann holt der nganga das umwickelte Päckchen hervor, gibt einem Verwandten der Frau ein Haumesser und dieser muß die Frucht mit einem Hieb spalten, vgl. S. 12, 53a. Dann beginnt der Reigen von Neuem und die Gesellschaft singt dazu: Djongi tatan, djongi tatan. „Nun sind wir gerettet, gerettet.“ Der nganga hängt der Frau das isasa-Päckchen mit langer Schnur um den Hals, daß es bis auf den Leib herabreicht. So trägt sie es bis zur Geburt, wo sie es sich an den Oberarm bindet. Ein anderer Verwandter zerschlägt den Medizintopf unterm Baum, nimmt ein Stück des Topfbodens nebst einigen der Kräuter, bindet sie gut zusammen und legt sie der Frau in einen kleinen Topf, die anderen Frauen teilen sich die übrigen Topfscherben und die Kräuter, um sie später beim Klistieren zu verwenden. Darauf läßt der nganga alle von einer Drogenmischung, mgbele genannt, kosten. Nun ziehen alle nach Hause und die Frau sieht ihrer Geburt entgegen, die sie mit allerlei Klistieren und Erbrechmitteln, die die Brüste reinigen sollen, vorzubereiten sucht.

Ist das Kind nun da und es fiebert zum ersten Mal oder bekommt eine andere Krankheit, so hängt die Frau ihm ihr isasa-Päckchen nebst vier Glasperlen um den Hals und das Kind trägt es, bis es etwa sechs Jahre alt geworden [ist]. Dieses Amulett isas’ a mokosa ist Sippeneigentum und darf nicht weggeworfen werden, will man nicht die Sippe in Gefahr bringen. Stirbt das Kind, so wird es in der Sippe als etwas Kostbares aufbewahrt. Schwangerschaft

[am unteren Blattrand:] Weitere Familiensitten vgl. S. 2f., 4ff., 7ff.]

{74}

(4) Beurteilung des Familienlebens

Wie auf allen Gebieten des Lebens, sind auch auf dem der Ehesitten die großen Linien unter den verschiedenen Stämmen gleich, nur die untergeordneten „Ausführungsbestimmungen“ variieren. Gleich ist überall: die ganze Sippe, vertreten durch ihren Mundwalt, ist beim Eheschluß beteiligt. Dem Vater bzw. dem Mundwalt gebührt Ehre und Furcht, denn er hat Herrschaft durchs Recht, er verkauft und kauft46

die Braut. Der Mutter Mutter gebührt Liebe, sie herrscht durch innere Verbundenheit. Dem Vater wird der Kaufpreis, der Mutter ein Geschenk für Aufzucht der Tochter [gegeben]; der Schwiegervater erwirbt die junge Frau durch Hingabe von „Waren“; die Schwiegermutter führt sie in die neuen Verhältnisse ein.

Dem Kameruner steht die Mutter höher als die Frau. In manchen Verhältnissen ist die überlebende Mutter Mitregentin des Sohnes (z. B. an den Häuptlingshöfen des Graslandes), die Frau hat in die Regierung nichts dreinzureden. Im Waldland erscheint die nyango a mundi „Mutter der Siedlung“, die nicht des Häuptlings Frau, sondern die Vorsteherin eines Frauen‑Kultbundes ist, in mancher Hinsicht an Stelle der Häuptlingsmutter im Grasland. Die schwerste Kränkung erscheint dem Kameruner die Schmähung seiner Mutter. Daher gehört auch zu den Übungen des Gehorsams in den Weihen, vgl. auch Kultbund Initialweihen, daß der Jüngling seine Mutter beschimpfen muß, während doch im öffentlichen Leben jede Verfehlung gegen die Mutter von jedermann gerügt wird. Und ist die Interjektion aye (entstanden aus a yeye „o meine Mutter“) als Äußerung des Schmerzes nicht ein Zeichen, daß die Mutterliebe alles andere übertrifft? Der entsprechende Ausdruck ate (verkürzt aus a tete „o mein Vater“) ist mehr äußerlich und Ausdruck großer Verwunderung.

Daß die Frau beim heidnischen Kameruner höher steht als etwa beim Mohammedaner ist auch ersichtlich aus der Rolle, die besonders den Dorfmüttern und [weiblichen] Hausältesten beim Fruchtbarkeitskult Fruchtbarkeitskult zufällt: Nur nach Rücksprache mit ihnen werden die Feiern festgelegt; sie gehen und reinigen den Kultplatz, sie führen das Zeichen des Ahnenschattens herbei, ob die Aussaat zeitgemäß ist, sie bereiten das „Kind“ für die Frauen, die in Hoffnung kommen sollen, vgl. S. 42f.

Ob nun in einem Stamm strenge Arbeitsteilung Arbeitsteilung der Geschlechter besteht, vgl. Note S. 29, oder viel Arbeit Arbeit gemeinsam getan wird, in beiden Fällen kommt zum Ausdruck: Die Frau ist nicht nur Arbeitstier, wenn auch praktisch die Frau wohl mehr die Lasten des Mannes trägt als umgekehrt. Bei Kenntnis der näheren Umstände wird aber sogar darin manches verständlich; strenger europäischer Maßstab ist hier wie auch sonst so oft in Kamerun nicht am Platz.

Die Mahlzeiten werden nicht gemeinsam eingenommen; ein rechter Mann gehört ja dem Kultbund an, und von diesem erlegtes Wild, besonders auf Treibjagd erlegtes, darf keine Frau genießen, gebärfähige Frauen auch nicht kochen.

Freilich zeigt auch die als normal betrachtete Vielweiberei Vielweiberei, die Leichtigkeit der scheiden [Ehescheidung] Ehescheidung (obwohl es nicht überall so leicht geht, wie bei den mutterrechtlich organisierten Stämmen; vgl. o.), die immer weiter um sich greifende Sittenlosigkeit infolge Zusammenbruchs des Eingeborenrechts u. a., wie die kameruner Verhältnisse von Grund auf faul geworden sind. Daß sich in dieser heidnischen Ohnmacht doch so manche Punkte der Kraft finden (Anerkennung der Ehe im Gegensatz zu ungeordneten Verhältnissen, eine Fülle von Gebräuchen, die die Eheschließung zu einem hehren Ereignis machen u. a.) zeigt doch, daß auch im Heidentum sich Gottes Geist auf dem Gebiet der Ehe nicht unbezeugt gelassen hat. Und der Preis, der für eine Frau gezahlt werden muß, zeugt mehr für Wertschätzung als für Verachtung der Frau. Darum besteht auch die Frau in männerrechtlich geordneten Verhältnissen nicht nur auf einem Kaufpreis, sondern verlangt einen möglichst hohen, sie will nicht verschenkt sein.

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c. Das Familienleben im Spiegel überlieferter Volksdichtung

In der Sintflutüberlieferung der Bakosi, vgl. S. 145, nimmt eine arme Familie eine alte, kranke Frau auf und pflegt sie. Das Verhalten der einzelnen Ehegatten wird zwar nicht geschildert, aber angedeutet, daß in dieser Familie zwischen Mann und Weib und Eltern und Kind Eltern und Kindern ein Verhältnis der Zusammenarbeit nach einem Willen herrschten, was zur Folge hatte, daß auch alle im Verderben gerettet wurden. Was ist nun nach Sprichwort Sprichwort und Mythus erforderlich, um Sippe und Haushalt in rechten Bahnen zu halten?

(1) Ratschläge fürs Eheleben

Sei vorsichtig bei der Auswahl der Lebensgefährtin: „Das für die Hochsee bestimmte Kanu braucht (festes, zähes) Rotholz.“

Die äußerlichen Vorbehalte (Schönheit, angesehene Abstammung, Körperkraft u. a.) sind oft mit Nachteilen (Dummheit, Krankheit, Frechheit, Faulheit) verbunden: „Gutes Feuerholz pflegt meistens Ameisen an sich zu haben“. Es gibt natürlich einmal Unstimmigkeiten zwischen den Eheleuten, die wollen aber getragen sein, denn meist liegt die Schuld nicht nur auf einer Seite: „Die Knöchlein (Klöppel) in der Jagdglocke schlagen sich gegenseitig“, denn: Streit „Streit in einem rechten Ehestand kommt nicht auf den Hof hinaus.“

Am Besten ist, Unstimmigkeiten tragen die Eheleute unter sich aus, andere vermehren nur den Streit: „Das Dach deckt das Haus zu“ oder „Das Perlhuhn deckt seine Eier zu“. Freilich soll die Frau nicht über dem Mann stehen wollen: „Wenn der Elefant auch mager ist, bleibt er doch der Herr des Waldes“. Der Mann aber soll wissen, daß er für sich alleine nichts ist: „Selbst ein großer Häuptling kommt ohne Diener nicht aus“.

Nur zu gern schiebt man die Schuld dem Anderen zu, wenn es im Ehestand nicht klappt: „Weiß einer sein Weib nicht zu halten, so klagt er, sie verstehe sich nicht aufs Zusammenleben“. Will eine Frau auf Abwegen gehen, so sagt sie: „Der Mann kann keine Frau halten.“

Bei allgemeinem Mangel muß jedes sein Ansprüche zurückschrauben: „Ist das Wasser ausgegangen, so stellt man den Männern keine Töpfe mit Badewasser hin“; denn übertriebene Ansprüche bringen den Ehestand in Gefahr: „Eitelkeit macht die Ehe zunichte“; und Unfrieden verzehrt auch in der Ehe: „Wegen vieler Streitereien kam das Eichhörnchen zu keinem Nest“; dagegen hilft gegenseitiges Darangehen zu rechtem Verhältnis: „Das Krabbenweibchen hat seinem Mann eine der eigenen Scheren gekocht und gesagt: Der Ehestand ist solches wert“. Schwierigkeiten in der polygynischen Ehe malen die Worte: „Die Lieblingsfrau wird nicht dick“; sie [wird] von ihren Nebenfrauen beneidet, die ihr oft zuleide leben. Sie muß sich deshalb, um in ihres Mannes Gunst zu bleiben und sein Hauswesen in Ordnung zu halten, den ganzen Tag rühren. Aber auch der Mann wird seines Frauenreichtums nicht immer froh: „Will ein Mann unter den Frauen seines Hofes Frieden haben, so kehrt er selbst den Hof“. Vgl. hierzu auch das Märchen auf S. 33d.

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(2) Ratschläge für erziehung Kindererziehung

Vom Kind wird Ehrerbietung und Hilfe für die Eltern verlangt: „Wenn die Antilope alt wird, wird sie von ihren Jungen gesäugt“.

Die Kinder sollen den Eltern untertan sein: „Die Schultern wachsen nicht über den Kopf hinaus“; „Der Hund entzieht sich nicht dem Zuruf“.

Gehorsam findet oft später seinen Lohn: „Ein gehorsames Kind hat häufig etwas zu sagen, wenn es erwachsen ist“.

Ungehorsam ist zu bestrafen: „Ein ungehorsames Kind gehorcht in Fesseln“, „Die Taubheit (= Ungehorsam) ist nicht tödlich, aber sie rötet die Augen (vom Weinen)“; „Ein schlimmes Kind sagt: Vater stirb, damit mir die Heimstatt werde!.“

Die Eltern sollen ihre Pflichten gegen die Kinder nicht als zu schwer betrachten: „Dem Elefanten sind die Stoßzähne nicht zu schwer“; „Die Haushaltsmutter vergißt an keinem Tage das Kochen“; „Ein Elefant kehrt dem Jungen nicht das Hinterteil zu“; „Eine Mutter verschließt vor ihrem Kind die Kochhütte nicht“; „Ein Huhn mit Jungen macht keine weiten Spaziergänge“; „Auch eine geizige Mutter Mutter [ver]weigert ihrem Kind nichts (Notwendiges)“; „Für was willst du noch sterben, wenn nicht für dein Kind?“

Es ist freilich leichter, Kinder in die Welt zu setzen, als sie großzuziehen: „Kauf eines Kanus bietet keine Schwierigkeiten, aber immer die nötigen Ruderer haben, ist nicht leicht“.

Die Erziehung soll beizeiten beginnen: „Ist der Leichnam kalt geworden, so ist er halb steif“; „Ist die Zunge (im Alter) steif geworden, so formt sie keine Sprüche mehr“.

Es wird geraten, in der Erziehung behutsam vorzugehen: „Willst du den Hund locken, so lege den Stock weg“.

Denn nicht Zorn und ungezügeltes Wesen sollen die Herrschaft führen: „Schlag auf den Rükken, stich nicht das Auge aus“; „Das ist die Ohrfeige von der Mutter“ (sie verletzt nicht).

Unter fremder Erziehung haben besonders Waisenkinder zu leiden: „Die Pflege von einer anderen Frau ist übel“; „Das Waisenkind verschüttet keinen Palmwein, sondern Wasser“; „Der (von der Fremden gereichte) Bissen gebiert nicht, die Mutterbrust gebiert“.

Darum aber sind Waisenkinder oft aufmerksamer als andere: „Ein Waisenkind fällt nicht zweimal ins Feuer“; „Lehrst du das freie Kind, so hört das Waisenkind mit zu“.

Daß Eltern gegen eigene Kinder Nachsicht üben, sagt: „Der Eiter im Halse wird teils ausgespuckt, teils verschluckt“.

Gib auf den Umgang acht, den deine Kinder pflegen: „Vom Herumstehen der Hühner in der Ölkelter werden ihre Füße gelb“.

Besonders dulde kein Nachtleben: „Die Nacht ist nicht der Freund des Menschen“; „Nachts fallen die Tiere in die Fanggruben“.

Unter einem mißratenen Kind leiden Eltern und Geschwister: „Ein Zahn macht die ganze Zahnsippe stinkend“.

(3) Sippische Verbundenheit

Laß dich durch keine Schwierigkeiten von der Pflege verwandtschaftlicher Beziehungen abhalten: „Wenn dich dein Schwager zur Arbeit ruft, so folge; es könnte regnen“.

Das Erleben des einen ist das Miterleben des anderen: „Lachen die Zähne, wenn der Kopf geschlagen wird?“

{77} Ohne Sippe ist einer hilflos: „Hast du keinen Bruder in der Siedlung, so verhungerst du“ und „Der Leichnam, der keine Angehörigen hat, wird steif (ehe man ihn zum Begräbnis bereitet)“; oder „Das Rind ist reich (= wertvoll) und geht doch nackt (denn ihm hilft niemand)“.

Dagegen hilft die Sippe in allen Lagen: „Gingst du zu Stuhl und gabst Blut Blut von dir, so kehrst du ins Haus zurück“; „Er (der Dämonendarsteller) ist zwar in Lumpen gehüllt, aber sein Kultbund ist hinter ihm“; „Die Wespe hat ihre Kraft vom Nest (= Verwandtschaft) her“. Freilich muß die Sippe zusammenwirken: „Auf einem Herdstein kann kein Topf stehen“, aber „Einer großen Sippe ist es nicht schwer, einem der Ihren beizustehen“. Aber es [muß] dann jeder bereit sein, seinen Anteil zu leisten. „Wer beim Leichnam sitzt, merkt am ersten den Gestank“; denn „Verwandt nicht nur wegen des Essens, sondern auch wegen des Grabes“; „Freundschaft gilt an der Eßschüssel, aber auch beim Stocke im Streit Streit“.

Erhebt sich aber innerhalb der Sippe einmal ein Disput, so darf er nicht heftig werden: „Der Kampf innerhalb der Sippe ergreift kein Haumesser“; denn „Unter Verwandten soll der Groll nicht heftig werden“.

Darum ist es auch nicht gut, schlimme Elemente unter den Verwandten zu haben: „Ein schlechter Zahn macht die ganze Zahnsippe stinken“, „Hast du eine Wanze im Bett, so wird sie dich beißen“; man trennt sich möglichst von einem solchen: „Die zänkische Frau hat keine Wohnecke im Hause (man baut ihr ein Hüttlein für sich)“.

Ein rechter Mann nimmt Anteil am Ergehen der Gesippten. Beim Rechtsstreit des Bruders: „Mußt du auch das Auge abwenden, so horche doch hin“, es ist schön, in seinen Ansprüchen Maß zu halten, aber nicht in den Leistungen: „Besser zu viel (mildes) Öl als zu viel (scharfes) Salz an der Suppe“; „Zu wenig Salz verdirbt die Suppe nicht“.

Freilich ist rechter Verlaß nur auf den engeren Kreis der Verwandtschaft: „Man träufelt nicht deinem Leichnam Speichel“; von der Hilfe Fremder und entfernter Verwandten erzählt man nur: „In alter Zeit hat einmal ein Papagei einen Menschen gerettet“, heute passieren solche Wunder nicht mehr. Darum kümmere sich jeder vor allem um seine Nöte, sonst geht es nach dem Wort: „Die Katze ist richtig gekauft worden, und doch sind Mäuse im Haus“, sie geht nämlich sonstwo auf Fang. Bei allem Sippenkommunismus gibt es doch auch Dinge, die nur dem einzelnen gehören: „Das Auge gehört nicht in Gemeinschaft Sippengemeinschaft“ und „Erstreckt sich die Freundschaft auch auf die Frau, so geht sie zugrunde“.

Im Ganzen halte dich zu deiner Sippe, so hält sie auch zu dir: „Wenn du auch einen Elefanten getötet hast, so sage nicht: Ich habe mit meiner Sippe nichts mehr zu tun“. Sippe

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[eingeklebter Zettel auf Rückseite von S. 77 im Original: ] Blutsbrüderschaft es folgen 12 Zeilen in Steno]

2. Der Blutbund Blutbund

Der durch Blutaustausch hergestellte Bund beruht auf dem Glauben, daß das vom Bundespartner getrunkene Blut in dem gegen die Abmachungen Verstoßenden verderblich wirkt. Der Verstoßende richtet sich gleichsam selbst zugrunde.

Das Bundesbluttrinken wird hauptsächlich dort geübt, wo zwar ein gewisses Bekanntschaftsverhältnis besteht, man aber dem anderen – wie es bei den Primitiven üblich ist – doch nicht ganz traut, z. B. bei manchen ehelichen Verhältnissen, wenn der Mann fürchtet, die Frau könnte ihm davonlaufen, etwa bei Raubehe, die ja nicht auf Sippenvertrag beruht. Wer etwa mit einem Fremden den Bund trinkt, wird von seinen Genossen getadelt; ebenso auch der, der sich dabei nur von rein äußerlichem materiellem Vorteil leiten läßt. Denn der Blutbund will eine Art Schicksalsgemeinschaft Schicksalsgemeinschaft schaffen: Das Unrecht, das der eine seinem Genossen zufügt, fällt auf seinen eigenen Kopf zurück. Darum wird der Blutbund geschlossen besonders vor kriegerischen Unternehmungen, um verschiedene Stämme zu verbinden; aber auch nach dem Krieg, um alle zwischen den beiden Parteien bestehende feindliche Gesinnung und Mißtrauen zu beseitigen. In diesem Fall schließt der Bund nicht nur einzelne zusammen, etwa die Stammesführer, sondern alle Glieder, weshalb auch alle oder doch eine größere Zahl als Vertreter aller vom Blut des anderen Stammes trinken müssen.

Die Ausführung des Blutbundes ist in den verschiedenen Gegenden verschieden, meist so, daß sich beide Parteien eine Wunde ritzen, das Blut in Palmwein tropfen lassen, so daß es mit ihm von allen getrunken wird. – Verwandt damit ist, daß gewisse Kraftmittel mit dem Blut eines Opfers, oft eines gemordeten Sklaven, besprengt und diese Mittel unter die Kontrahenten verteilt wurden; eine andere Art war, daß man einen Sklaven verbrannte, seine Asche in Bündel faßte, die dann in den Kulthütten der Großsippen aufbewahrt wurden, vgl. S. 24a. Aber nicht nur das getrunkene Blut wirkte verderblich auf den, der den Bund brach, sondern solcher Bundesbruch gab der Gegenpartei auch das moralische Recht, mit allen Mitteln gegen den Verletzer des Bundes vorzugehen. Weil seinerzeit Dr. Zintgraff mit dem Bafut-Häuptling Blutsfreundschaft getrunken [hatte], sich aber doch von den Bali zum Kriegszug gegen Bandö-Bafut verführen ließ, brachten Bafut-Krieger in diesem Kampf vier ergriffene Europäer um, denen ohne gebrochenen Blutbund sicherlich nichts geschehen wäre, vgl. auch S. 23. Blut

3. Was sieht der Missionar im kameruner Blutsverband?

Auf dem kameruner Missionsfeld unter den verschiedenen Stammesgruppen merkt man gut den Unterschied, ob die christliche Familie, aber auch die Familie von Gotteskindern (bonaloba „Gottesgesippten“; bonachristo „Gesippte des Christus“) auf dem Mutterboden eines im Volkstum geordneten Ehelebens gepflanzt werden oder auf nur halbgeordnetem; denn so kann man wohl den Unterschied zwischen den Eheverhältnissen in vater- und Erbrecht muttererbrechtlich konstruierten Stämmen kurz bezeichnen. Und doch ist selbst in solch mutterrechtlich gefügten Verhältnissen der Begriff Vaterschaft, Kindschaft, Bruderschaft, Familie, Verwandtschaft vorhanden, wenn sie auch nicht so wirksam sind wie in anderen Verhältnissen47. Wenn aber Paulus in Eph 3, 15 sagt, daß jede „Vaterschaft“, {79} d. h. jeder Familienverband, jede Stammeseinheit von Gott Gott herkommt, und daß darin also auch schöpfungsmäßige Grundlagen zum Auferbauen der christlichen Gemeinschaft und Auswirken ihrer Gaben vorhanden sind, so gilt das auch für matriarchalisch geordnete Gruppen. Nur wer sich durch den Glauben an Christum eingefügt hat in die Gottesgemeinde, füllt auch recht seinen Platz aus, der ihm durch Gottes Schöpfungsplan, d. h. durch den Familien- und Volksverband zugewiesen ist. Nur ein Gotteskind kann rechter Vater seiner Kinder, gutes Kind seiner Eltern, treues Glied seiner Gruppe Gruppe sein. Wie oft ist mir beim Beobachten schöpfungsmäßiger Grundlagen, die mir in Afrika deutlicher wurden als in Europa, ein Licht gefallen auf die Bedeutung der Sakramente, auf das Geheimnis der Menschwerdung Gottes, auf die christliche Gemeinde Gemeinde im Blutsverband der Menschheit. Leider wird der urtümliche Sippenverband in allen seinen Gliedschaften noch nicht genügend beachtet; mancher Missionar glaubt, ihn als hindernde Last wegtun zu sollen. Leute, die den Geschlechtsregistern und Stammbäumen im A[lten] T[estament] genügend Beachtung schenken, wissen oft nicht einmal, daß auch ihre kameruner Pfleglinge Stammbäume, ungeschriebene Ahnentafeln haben. Wir können solchen zwar in der Gemeinde keinen weiteren Raum geben, aber ihr Grundgedanke kann in der christlichen Gemeinde nicht ohne Nachteil übersehen werden.

Aus der Missionsarbeit in Indien und mohammedanischen Ländern ist bekannt, welche Kämpfe zwischen Sippe und Missionsanhängern entstehen, wie der Eintritt in die christliche Gemeinde den Ausschluß aus dem religiös geordneten Blutsverband und damit oft Armut und Not nach sich zieht, von Verfolgungen gar nicht zu reden, die besonders Mohammedaner und Juden erleben. Sind die Spannungen, in die besonders Erstlinge in Kamerun gezogen werden, auch nicht so groß, so sind sie doch vorhanden. Wären die Verpflichtungen, die die Sippe ihren Gliedern auferlegt, nicht erfüllt von magischen Gebräuchen, die in der Gemeinde nicht geduldet werden können, so ginge der Übertritt in Kamerun meist reibungslos [vonstatten]; wo aber die Sippenältesten streng auch auf solchen Gebräuchen beharren, steht ihr christlicher Angehörige in Gefahr, wider sein Gewissen zu handeln und seinen Glauben zu verleugnen. Beweist er sich aber als Christ, so geht er in Kamerun auch häufig gewisser dem Sippenglied zustehender Rechte verlustig48. Es muß Sorge der Leiter der jungen Christengemeinden sein, daß christliche Familien und Sippen entstehen, in denen Christi Geist die völkische Art so durchdringt, daß sich christliche Sitte Volkssitten bilden. Aus diesem Grund ist auch der Erziehung christlicher Volksführer in Europa zu widerraten; ihr muß notwendigerweise der völkische Mutterboden fehlen. Unter christlichen Volkssitten wären zu verstehen, daß die vorhandenen naturhaften menschlichen Beziehungen von allem eingedrungenen Schmutz und Aberglauben gereinigt werden unter Schonung der diesen Beziehungen als Gefäß dienenden Verbände, so daß sie Gottes große Gabe fassen können. Blutbund

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B. Der Stamm, Volks- Stammesverband

Einleitendes

Wenn man die Überlieferungen der verschiedenen Stämme vergleicht, so wird deutlich, daß nach dem Volksempfinden nicht alle Stämme auf die gleiche Weise entstanden sind.

Die einen Stämme sind einfach eine ins große gewachsene Familie, wie z. B. die Bakosi, die nach ihrer gliedhaften Zusammengehörigkeit das Wort geprägt [haben]: „Eine Hand gebiert fünf Finger.“ Die Großsippen oder Unterstämme der Muanyo, Muasunendem, Muetan, Muetuk und Mbogmut bezeichnen ihre Stammväter als Kinder eines Asume, und diesen wieder zusammen mit dem Gründer umwohnender Stämme als Söhne des Ngue, über den hinaus sie von keinem menschlichen Ahnen mehr wissen.

Dagegen deuten die beiden Gruppen Baleka und Basama, die in allen Bakundu-Dörfern zu finden sind, wohl hin auf die Verschmelzungen zweier Gruppen zu einem Stamm. Und wenn der erste Weiße, der uns etwas Schriftliches über einen kameruner Stamm überliefert hat, Alfred Saker, von dem starken Einschlag der aus dem Inneren Kameruns stammenden Sklaven und Sklavennachkommen im Stamme der Duala schreibt:

[6 Leerzeilen]

so ist das nur das drastische Beispiel aus einem Küstenstamm, wie viele Fremde in allen kameruner Stämmen aufgegangen sind, sich dort assimiliert, aber auch mit ihren fremden die ortsüblichen Sitten beeinflußt und verändert haben. So erscheint auch die uns auffallende Unsicherheit vieler Landeskinder in manchen Fragen ihrer Sitte und Überlieferung erklärlich.

Daneben ist die Entwicklung zum als Staat festgeordneten Stamm unter den primitiven Verhältnissen des Waldgebietes noch weniger weit fortgeschritten als im Grasland, wo die Stämme wohl von den höherstehenden Negroiden des Sudan beeinflußt sind. Im Waldland ist von einem Zusammenschluß über das Dorf hinaus wenig zu merken, wenn sich auch die Leute durch die gemeinsame Sprache und anderes als ein Stamm empfinden. Auch die für dieses Gebiet so bezeichnenden kultischen Geheimbünde, vgl. S. 49ff., haben dem demokratischen Nebeneinander der Sippen keine großangelegte Führung gegeben.

1. Der Bodenverband

a. Bodenbesitz

Dem Kameruner ist viel mehr als uns das Bewußtsein eigen, daß Grund und Boden Grund und Boden nicht Einzelbesitz, sondern Stammeseigentum ist. Was der bestellte Acker erzeugt, gehört dem, der sich darauf gemüht [hat], und kann wie die Produkte der Handfertigkeit und Viehzucht als Ware veräußert werden. Das unbebaute Land – und das ist in Kamerun weitaus das meiste – gehört den Ahnen, von denen die Lebenden ein Stück in Nutznießung nehmen, sei es als Sammler, Jäger oder Ackerbauer und zum Anlegen der Siedlungen. Der Mundwalt der menschlichen Gruppe ist zugleich auch Verwalter des irdischen Ahnenbesitzes und kann im Zusammenwirken mit seinem Rat auch Nichtstammesgliedern Anteil am gemeinsamen Boden geben. Diese müssen damit natürlich auch die Pflichten, die die Bodennutzung den Stammesgliedern auferlegt (Einordnung in den Verband, Kriegsdienst u. a.) übernehmen. So wurde früher auch den Missionen, Pflanzern, Kaufleuten Land zur Anlegung von europäischen Niederlassungen gegeben. Weil sie zwar nicht wie die Eingeborenen obige Pflichten übernahmen, blieben sie in diesem Stück Fremdkörper; aber der Stamm oder das Dorf wußte sich doch durch den mancherlei Nutzen entschädigt und sei es nur ein besonderes Ansehen, das {81} ihm durch die weißen „Stammesgenossen“ zufloß. Einzelne Europäer Europäer suchten durch Blutbund oder Eintritt in einen der Geheimbünde sich der Gruppe näher zu verbinden.

Ist jemand Land zur Benützung zugewiesen, so erwirbt er sich durch Urbarmachung und Bebauung (Acker oder Gebäu[de]) des Bodens ein Recht an ihm, der jedoch Eigentum Eigentum der Gruppe blieb. Solange noch etwas von dem Bebauer Herrührendes auf dem Boden steht (Haus, Baum o. ä.) oder solange die Rodung noch erkennbar ist, war dies das Beweismittel seines Rechts, das ihm niemand bestreiten konnte. Etwas wie Verpfändung oder Verschuldung des Bodens ist in diesen Verhältnissen unbekannt.

Es kann sich jemand auch in völlig unbesiedelter Gegend eine Pflanzung anlegen, doch nicht ohne sich mit dem auch dort Eigentumsrechte besitzenden Stamm verständigt zu haben. Zunächst bestehen, falls der Siedler nicht aus seiner Heimat vertrieben ist, noch Beziehungen zu seinen Verwandten. Er hat unter ihnen vielleicht noch seinen Wohnsitz. Je mehr er aber seine Absicht in der neuen Siedlung Siedlung erfüllt sieht, desto mehr löst er sich von der Heimat und wird am neuen Platze seßhaft, läßt Frauen und Kinder nachkommen, zieht andere Stammesgenossen heran, sucht seine Siedlung durch Seßhaftmachung Fremder zu vergrößern und wird, wenn sein Vornehmen guten Erfolg hat, sango a mundi „Vater, Herr, Vorsteher der Siedlung“, dem die anderen sich nach Maßgabe seiner Bedeutung und im Rahmen der landesüblichen Rechte und Pflichten unterordnen.

Bei der heute allgemeinen Freizügigkeit Freizügigkeit entstehen in manchen Gegenden neben der alten Siedlung der Einheimischen eine, oft nur durch einen Zaun vom Hauptort getrennte Siedlung Fremder, die durch eine kleine Abgabe das Recht des ansässigen sango a mundi anerkennend ein Gemeinwesen für sich bilden, aber nur unter Aufsicht des Dorfhäuptlings. – So ähnlich waren früher auch die Sklavendörfer angelegt und ihre Ordnung geregelt, nur daß damals zwischen der einzelnen Sklavenfamilie ombusa koto „außerhalb des Dorfzauns“ und dem Sklave Sklavenbesitzer im Dorf noch besondere Verhältnisse bestanden, die in den heutigen „Vororten“ keinen Sinn mehr haben.

Wäre in den Zeiten der Landnahme durch die Schutzherrschaft nicht nach dem damaligen europäischen Landrecht, sondern nach dem heute geltenden germanischen, das sich wieder mehr primitiven Verhältnissen anpaßt, gehandelt worden, so wäre mancher Streit und Erbitterung, ja Kriegszug nicht nötig geworden. [Ittmann bezieht sich hier wohl auf das im 3. Reich wieder in Geltung getretene alte germanische Landrecht.]

b. Gemeinsame Bodenbewirtschaftung und andere gegenseitige helfen, hilfsbereit sein Hilfen

Der alte Spruch Mulongwa mwala, mulongwa mu timba. „Arbeitshilfe geht weg, Arbeitshilfe kehrt zurück.“ erinnert an eine alte Sitte, die auch heute nicht ganz verschwunden, wenn auch zurückgetreten ist. Mulongwa ist eine Gruppe von Frauen, die sich zwecks gemeinsamer Feldbestellung und Feldsicherung zusammentun. Meist sind es Nachbarsfrauen, die auch ihre Äcker zusammen in [einem] geschlossenem Stück des Gemeindewaldes anlegen. Zur Zeit der Feldbestellung ziehen sie zusammen auf den Acker der ältesten unter ihnen, bestellen ihn mit Bohnen, Erdnüssen, Mais, Yams, Kassaden, Alokasien, Kolokasien u. a. und wenden sich nach Erledigung dem Ackerstück der nächsten zu und so fort, bis der Acker einer jeden bestellt ist. Die Besitzerin des Ackers, der gerade in Bearbeitung ist, führt die Frauen auf ihr Landstück, weist sie in die Arbeit ein und geht zum Kochen nach Hause. Denn sie muß die Arbeiterinnen am Arbeitstag verköstigen. Später geschieht auch die Reinigung des Ackers, solange noch keine Früchte darauf zu holen sind, gemeinsam, wie auch der Schutz vor Affen, Wildschweinen, Vögeln u. ä. Neben dem Bewußtsein, daß der Boden gemeinsamer Dorfbesitz ist, mußte solche Arbeitsgemeinschaft das Gefühl gegenseitiger Verbundenheit und Verantwortung wecken und befestigen.

{82} Doch auch die Männer schlossen sich zu mancherlei Gruppen zusammen, sei es zu mehr gelegentlichem Vorhaben, wie Hausbau, sei es zu regelmäßigem, wie Treibjagd u. a.

Beim Hausbau helfen sich Nachbarn und Freunde gegenseitig aus, denn eine besondere Gilde des Bauhandwerks gibt es nicht und Arbeiter zu dingen, war nicht Sitte; nur das Binden des stabilen Daches der Bakosi-Rundhütten üben einzelne berufsmäßig. Das Anlegen einer Hofreite gibt viel Arbeit: Sammeln des Materials für die Dachmatten und das Mattenflechten selbst; Schlagen und Nachhausetragen der Pfosten und Stangen, der Baumrinden und des Lianenbindewerks, Reinigen und Ebnen des Bodens, im Überschwemmungsgebiet der Flüsse das Ausheben von vielen Kubikmetern Erde zum Aufwerfen des bis zu einem Meter hohen Sockels, dann das Errichten des Hausgerippes, das Decken des Daches und Bekleiden der Wände mit Palmblattmatten. Zur Hilfe bei diesen Männerarbeiten lädt der Bauherr seine Sippengenossen, Nachbarn und Freunde; an den Arbeitstagen erhalten sie Speise und Trank, und bei der Hüttenweihe nehmen sie teil am Mahl. Wo die Wände mit Lehm beworfen werden, fällt diese Arbeit Arbeit den befreundeten Frauen zu. – So ist der Hausbau nicht nur Sache des Einzelnen wie Fürsorge für Mensch und Vieh und beweglichen Besitz, sondern ist ein stummes Zeugnis für bestehende Volksgemeinschaft. Ist das Haus dann auch Besitz des Einzelnen, so steht es doch auch unter den bewahrenden Augen derer, die es errichten halfen.

Der obenbeschriebenen Bodenbestellung der Frauen geht der Buschschlag der Männer voraus; auch hier ist Arbeitshilfe darum bei anderen leicht zu bekommen, weil ja der Acker meist nur jedes dritte oder vierte Jahr neu angelegt werden muß.

Um die Gefahren der Jagd Jagd und [des] Fisch und -fang Großfischfangs bestehen zu können, ist nicht nur magische, sondern auch gewöhnliche menschliche Hilfe erforderlich. Beides ist im kultischen Geheimbund zu finden, der ja auch eine gewerbliche Gemeinschaft ist. Besonders liegt in manchen Gegenden die Treibjagd ganz in den Händen der Bünde: Sie hielten gelegentlich Tänze zum Herbeilocken des Wildes, wobei das Schwingen von Schwirrhölzern eine Rolle spielt. Sie besitzen gemeinsame große Jagdnetze, bauen Jagdzäune und allerlei Fallen und graben Fallgruben; die gemeinsame Beute verteilen sie unter sich nach dem Rang, den die Einzelnen im Bund inne haben. Hier ist einer für den anderen verantwortlich, einer überwacht den anderen, denn Leichtsinn oder Frevel des einen kann andere oder die ganze Gruppe in Gefahr bringen. – Weil Treibjagd Sache der kultischen Männerbünde ist, dürfen Frauen von dem Ertrag dieser Jagd nichts genießen.

[Da ist] auch die Einrichtung des ndjangi „Zusammensteuerns“, die dem Einzelnen auf einmal zu einem größeren Wert verhelfen will, mit dem er etwas anfangen kann, während ihm einige kleinere Werte viel leichter in der Hand zerrinnen. Dazu tut sich eine Gruppe zusammen, etwa Arbeiter oder Ackerbauer, die ihre Produkte auf dem Markte verkaufen; sie bestimmen eine gewisse Summe, die jeder von seinem Lohn oder Erlös nimmt, die sie zusammenlegen und dem Ersten49 von ihnen geben. Bei der nächsten Gelegenheit erhält ein Zweiter das „Abgebrochene“ zu seiner Verfügung, dann der Dritte, Vierte u. s. f., bis der Letzte seinen Anteil hatte, wenn nicht zuvor schon die ganze Sache am Betrug einzelner zusammenbricht. In den ursprünglichen Verhältnissen ist solcher Betrug bei den ndjangi-Gruppen selten, weil man sich kennt und leicht einen Betrüger belangen kann. Die Kameruner nennen diese auch sonstwo beliebte Einrichtung ihre „Sparkasse oder Bank“.

Solche Besitzgemeinschaft erstreckt sich bei den Bakosi und anderen auch aufs Vieh, insofern etwa eine Kuh nicht einem einzelnen gehört, sondern einer kleinen Gruppe. Jedem von ihr gehört etwa ein „Bein“ oder die Hälfte von einem „Bein“ u. ä. Auf diese Weise soll zweierlei erreicht werden: 1. Fremde wissen nie, wem ein solches Stück Vieh gehört und vergreifen sich deshalb weniger leicht daran, weil sie eine Gruppe mehr fürchten als einen einzelnen. Auf diese Weise sichert einer nicht nur seinen Besitz, sondern verbirgt ihn zugleich auch. 2. Diese Einrichtung {83} hilft auch einem Armen, der nie ein ganzes Tier kaufen könnte, um schließlich zu einem Tier zu kommen. Denn wirft das Tier, so wird auch das Junge wieder in „Beinen“ besessen, bis dann zuletzt so viel Vieh vorhanden ist, daß es jedem Beinbesitzer zu einem ganzen Stück langt. Meist behält er es aber nicht als Ganzes für sich, sondern tauscht einen Teil der „Beine“ für „Beine“ des Viehes von anderen ein. Verwandt damit ist die Sitte bei allen viehhaltenden Stämmen, sein Vieh mit Vorliebe einem Bekannten in [einem] anderen Ort zur Aufzucht und Pflege zu geben, und zwar aus den gleichen Gründen, wie beim „Beinbesitz“. Vergleiche auch das auf S. 19a über Patenschaft Gesagte.

c. Andere, nicht verwandtschaftliche Bindungen

Da die Sippen in manchen Stämmen für sich allein siedelten und erst durch die deutsche Regierung veranlaßt, sich wie in anderen Stämmen an einer Straße in geschlossenem Dorf anbauten, so ist der Begriff der „Nachbarschaft“ nicht so ausgebildet, daß man ein besonderes Wort dafür hätte. Man nennt Nachbarn bato ba moyo ma mboa „Grenzleute des Heims“. Und doch haben die Nachbarn nicht nur die Aufgabe, sich gegenseitig in äußeren Dingen zu helfen, hilfsbereit sein helfen, vgl. vorigen Abschnitt, sondern sie sind auch in ihrem Ergehen und gegenseitigen Zuchtübungen füreinander verantwortlich.

Da hatte ein Mukwiri einen schweren Traum Traum, Alpdruck. Mitten in der Nacht stürzt er aus dem Haus, rennt durch die Dorfstraße und schreit: Hexen Hexen wollen an mich; wer als Hexe zu mir kam, möge an seiner finsteren Kraft zugrunde gehen! Auf dieses Geschrei kommen die Nachbarn zusammen, besprechen die Sache, suchen den Aufgeregten zu beruhigen und ihm über die Sache wegzuhelfen. Wiederholen sich solche Träume, so treten Sippengenossen und Nachbarn zur nachstehend beschriebenen Besprechung zusammen.

Ist jemand erkrankt und das Orakel rät als nächsten Schritt, eine Tadelversammlung „Tadelversammlung“ zu halten, so liegt dem die Vorstellung zugrunde, daß jemand aus der Umgebung des Kranken die Krankheit verursacht habe. Sind die Geladenen beisammen, so trägt ihnen der Mundwalt des Kranken seine Sorge vor und fordert auf, zu bekennen bekennen, wenn einer (das Orakel wisse schon wer!) den Kranken in den mbeu a nyolo „leiblichen Gefahrenzustand“ durch Schädigung seiner Lebensseele gebracht habe, vgl. S. ---. Nun hat jeder auszusprechen, was er am Kranken oder seiner Sippe zu „tadeln“ hat. Mancher bekennt, daß er aus d[ies]em oder jenem Grund eine Verwünschung ausgesprochen [hat]. Mit Hin und Her wird er bewogen, oft erst nachdem eine Gutmachung erfolgt ist, daß er seine Verwünschung zurücknimmt, damit der Kranke genesen kann. Dieser an sich gute Brauch ist verbunden mit allerlei üblen magischen Handlungen; ihm liegt aber die richtige Erkenntnis zugrunde, daß viele Krankheiten Krankheiten, besonders in primitiven Verhältnissen, ihre Ursache in seelischen Vorgängen haben, daß also Beseitigung solcher unguten Zustände auf alle, sonderlich auf den Leidenden einen gesundenden Einfluß ausübe, und daß von Bekennen und Gutmachung eine belebende Macht auf den Einzelnen und die Gruppe ausgehe. Denn einer ist für den anderen verantwortlich, nicht nur innerhalb der Sippe, sondern auch innerhalb der Nachbarschaft.

Dieses Brauchtum wird aber nicht nur geübt bei bestehender, sondern auch drohender Gefahr, z. B. vor Großjagd u. ä., vgl. S. 57.

Wenn sich innerhalb der Glieder eines Sippenhofes ein Streit erhebt, so wird er nicht vor das öffentliche Gericht gebracht, sondern der Mundwalt der Sippe sucht sie in seiner Gruppe zu erledigen. Gelingt ihm das

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[Notiz auf Rückseite von S. 84 im Original: ] vgl. Hos 2, 23– 5 ++ Amos 8, 8]

nicht, so ruft er zu einer „Tadelversammlung“ auch einige Älteste aus der Nachbarschaft, daß sie ihn den Streit entscheiden helfen und zugleich später bezeugen können, wie die Sache erledigt wurde. – Da hat sich ein Sohn dadurch gegen die Eltern und Kind Eltern verfehlt, daß er seine Mutter schlug. Ehe man nun das „Tischtuch mit ihm zerschneidet“, wird eine solche Versammlung einberufen in der Absicht, die Ursache des Zerwürfnisses zu finden und dem Schuldigen eine Buße aufzuerlegen. Das Mindeste in solchem Fall ist, daß der Schuldige ein Gemeinschaftsmahl Gemeinschaftsmahl zu leisten hat, zu dem außer den Nachbarn, die den Fall mitbesprochen haben, auch die Ahnen als Zeugen und Mitgenießer gerufen werden. Solche Mahle erhärten die Versöhnung und haben, so wenig dies nach außen scheint, sakramental sakramentalen Charakter. – Gelingt die Versöhnung nicht, so spaltet der Sippenvorsteher in der Versammlung mit einem Messerhieb eine Alokasiaknolle und klopft mit dem mudiki-Stein neunmal [auf] den Boden, um die Geister für seinen Entscheid anzurufen. Auch dieses Symbol der Trennung ist sakramental. Es spricht nicht nur die Trennung aus, sondern belädt den unnachgiebigen Schuldigen auch mit einem Fluch Fluch, der nur durch magisches Brauchtum wieder zurückgenommen werden kann.

Bei solchen Aussprachen ist es wichtig, daß der Höherstehende: Mann-Frau, Vater-Kinder, Älterer-Junge, Mundwalt-Gesippte u. ä., sich auch als Partei betrachtet und während der Verhandlungen dem Untergeordneten gegenüber gar nichts voraus hat. Denn nach kameruner Auffassung müssen vor dem Gericht, und das ist jede solcher Aussprachen, alle gleichberechtigt sein. Dem primitiven Gericht steht aber für die streitenden Parteien innerhalb eines gemeinsamen Verbandes als juristisches Ziel weit mehr eine Aussöhnung, denn ein hartes Urteil vor Augen. Das kommt auch dadurch zum Ausdruck, daß der Gewinner seinen Teil der Gerichtskosten, wenn nicht alle, selbst tragen muß. Tadelversammlung

Auch das Sprichwort Sprichwort wird nicht müde, das Ideal der Freundschaft Freundschaft, Gemeinsamkeit, Anhänglichkeit und Treue zu schildern; z. B. „Bleiben die Fische, wenn sich das Wasser verläuft?“ oder „Huhn und Mensch – eine Haustür“. Kurz wird treue Freundschaft auch charakterisiert mit „Finger und Nagel“ (gehören unzertrennlich zusammen). – Schön schildert

das Märchen Märchen von der Schildkröte und dem Hund

freundschaftliche Hilfe: Beide haben eine zahlreiche Kinderschar, als eine Hungersnot ins Land kommt. Während der Hund nun seine Kinder dahinwelken sieht, gedeihen die Kinder der Schildkröte prächtig. Gefragt sagt ihm die Schildkröte, daß sie im Wald einen Fruchtbaum gefunden [habe], wo sie jeden Tag das Nötige für ihre Kleinen hole. Auf seine Bitte darf der Hund am nächsten Morgen mit seinem Freund unter den Fruchtbaum, nicht ohne daß ihm eingeschärft ist, ja nicht zu schreien, wenn er von herabfallender Frucht getroffen werde. Als aber dem Hund beim Früchtesammeln eine Frucht auf den Kopf fällt, schreit er lauthals und ruft so den Eigentümer, den Elefanten herbei. Darauf sucht der schnelle Hund das Weite, die Schildkröte aber kann sich nur unter einem Baumstamm verbergen. Auf dem Baum aber singt ein Vögelchen dem Elefanten zu: „Unter dem Baumstamm, unter dem Baumstamm!“ – Schnell ist nun die Schildkröte gefangen und zum Heim des Elefanten gebracht. Der Elefant lädt die Tiere zu einer Gerichtsversammlung und ihr Spruch ist: Die Schildkröte wird getötet und gegessen. Während der Vorbereitungen schickt der Elefant einzelne Tiere zum Bach, um Wasser zu holen. Dort wird jedes einzelne durch einen Lärm so erschreckt, daß ihm beim Davonrennen die Wasserkalebassen zerbrechen. Der Elefant macht sich nun mit seinem ganzen Gerichtshof zum Wasserholen an den Bach. Dort treffen sie hinter einem Busch den Hund maskiert und über und über mit Hunderasseln behangen, mit denen er solch einen Lärm verführt, daß die ganze Schar die Flucht ergreift. Diesen Augenblick benützt der Hund, rennt schnell auf den Hof des Elefanten, befreit seinen Freund Schildkröte und geht mit ihm nach Hause. In solchem Fall wird wahr: „Kameradschaft übertrifft Verwandtschaft Verwandtschaft“.

{85} Freilich, wie viele Male geht Freundschaft Freundschaft durch Betrug in die Brüche! Die Menge der Märchen beginnt damit, daß dies und jenes Tier in Freundschaft lebte, und dann wird geschildert, wie diese zerbrach, wie z. B. beim

Aasgeier und Leoparden.

Aasgeier und Leopard waren befreundet. Eines Tages sagte der Leopard zum Geier: Wieso können wir denn rechte Freundschaft pflegen, wenn du immer so hoch oben auf dem Baum sitzest und nicht einmal zu einem Plauderstündchen herunterkommst? Diese Worte erregten kein gutes Gefühl im Herzen des Geiers. Er betrachtete sie als eine große Täuschung und hielt sich weiter dem Leoparden fern. Dieser suchte aber noch nach anderen Wegen, um den Geier zu betrügen. So traf er ihn einmal auf einem Baumast sitzen, wie er sich die Federn schön zurecht strich. Da suchte der Leopard den Geier wieder durch ein Gespräch zu täuschen. Es geschah, daß sich eine Geierfeder löste und zu Boden fiel. Sofort sprang der Leopard hinzu, packte sie und in der Meinung, das sei der Geier selbst, zerriß er sie ganz und gar. Als der Geier das sah, sagte er: Gehst du mit meiner Feder so um, wie dann erst mit mir selbst? Und er machte sich davon und wußte, daß mit dem Leoparden keine Freundschaft zu halten sei.

Doch auch im heidnischen Kamerun schätzte man die Beziehungen von Mensch und Mensch, und besonders standen die älteren Nachbarn bei den jüngeren im Ansehen als Zeugen, Mahner, Eideshelfer, Versöhner und Richter.

d. Was sagt der Missionar zum kameruner Bodenverband?

Die deutsche Bodenreformbewegung, die der Ordnung des Bodenrechts im Dritten Reich vorausging, wies auch immer wieder hin auf die Stellung des Alten Testaments zum Boden, der in Israel wie in Germanien Stammesbesitz war und nicht wie eine Ware verschachert werden konnte. Der Boden ist im Alten Testament von Gott dem Volk zugeteiltes Erbe und Gabe. Nicht soll der Stärkere den Schwächeren, der Reiche den Armen, der König den Bürger in diesem Stücke vergewaltigen; im Lauf der Zeit eingetretene Unregelmäßigkeiten waren im Sabbatjahr auszugleichen.

Die ursprünglichen Verhältnisse in Kamerun waren den im Alten Testament als ideal hingestellten Regeln ähnlich und darum sehr entfernt von den Rechtsvorstellungen der meisten Europäer, die nach Kamerun zogen und ziehen. Die kameruner Bodenordnung, die zu gegenseitiger Hilfe und Fürsorge anregen will und in diesem Stück dem Geist der Habgier keinen Vorschub leistet, ist den Forderungen des Neuen Testaments durchaus nicht feindlich und daher auch in der christlichen Gemeinde zu schonen, zu pflegen und zu fördern. Auch die kommende Kolonialverwaltung wird an dieser Bodenordnung nicht achtlos vorübergehen.

2.  Schicksalsgemeinschaft Schicksalsgemeinschaft

a. Allgemeine Charakteristik

“Der Leichnam des Vogels bleibt nicht auf dem Baumast“, sondern fällt zu Boden. „Wer in der Fremde weilt, vergißt den Ort nicht, da seine Nachgeburt begraben wurde.“ So und anders drückt die kameruner Spruchweisheit die Verbundenheit des Menschen mit seiner Heimat Heimat aus. Denn dort kann er ohne viel Schwierigkeiten erwarten: Hütte, Scholle, Hilfe, Heim.

Dort ist er in seinen Lebensnotwendigkeiten von der Gruppe Gruppe geschützt. Dort ist er ein Jemand und hat Rechte, während er sich in der Fremde schicken und drücken muß. In der Heimat erhält er mit Leichtigkeit, was für sein Leben an Nahrung Nahrung und Notdurft nötig ist, und auch in kranken Tagen findet er Zuspruch und Hilfe. Dort wartet der Boden nur auf Bewirtschaftung, um Nahrungsmittel zu liefern, und im Wald ruft das Baumaterial nach Axt und Schulter. Jeder kann sich Geflügel und Vieh halten, und Familienzuwachs ist nicht hinderlich, sondern erwünscht. So ist verständlich, daß in jeder kameruner Brust Liebe zur angestammten Heimat wohnt und jedes Landkind trotz vielem Nachäffen europäischer Formen an seiner Sprache, seiner Sitte und der gewohnten Lebensweise hängt.

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[S. 86 stellt Einschübe in S. 87 dar]

{87} Alle diese Umstände lassen die Sippen zu einer Schicksalsgemeinschaft zusammen-wachsen, die dazu noch durch die kultischen Geheimbünde den Vorläufern des modernen Staates zusammengehalten werden. Auch im Waldland, wo im Gegensatz zum Grasland mehr demokratische Prinzipien herrschen, sind in den kleinen Stämmen die Anlagen zum Volkstum entstanden. Andererseits ist im Grasland, wo dem Stamm ein mehr monarchisch anmutender Häuptling Häuptling vorsteht, dieser nicht absolutistischer Herrscher, sondern von seinen Unterhäuptlingen und diese wieder von den Sippenhäuptern abhängig. So kann er nicht leicht seine Macht allzu sehr mißbrauchen, denn im Fall[, daß] die Unzufriedenheit des Volkes mit ihm groß wird, kann ihm ein Nebenbuhler die Herrschaft leicht streitig machen.

{86} Es gibt in den Häuptling Häuptlingsschaften des Wald- und Graslandes kein Erbrecht Erbrecht der Erstgeburt, sondern der folgt seinem Vater, den der alte Häuptling bezeichnet und der die Zustimmung der Sippenvorsteher und des Hauptkultbundes findet.

Einiges vom Brauchtum bei Installierung eines Duala-Häuptlings beschreibt Mod’ a Din im Mulee-Ngea 1911 kurz so:

“Am 2. Mai 1910 bestätigten die Führer der Bonado-Gruppe Rudolf Dual’ a Manga in der von seinem Vater ererbten Häuptlingsschaft. Nach geheimen Beratungen und gutem Mahl legten sie ihm vor einen djandjo ‘aus feinen Palmenfasern erstellten Wedel’ und einen Dolch; diesen als Zeichen kriegerischer Unternehmungen, jenen als Friedenszeichen. Vor allem Volk sagte Kum a Mbape dem Erkorenen: ‘Wähle unter diesen Dingen und nimm, was dir lieb ist!’ Dual’ a Manga wählte den Gerichtswedel, und das Volk antwortete darauf mit lauten Freudenrufen. Darauf hingen die Stammesältesten dem jungen Häuptling einen Rückenkorb auf; darin lagen ein Bündel Tabakblätter, ein Beutelchen Salz, ein Stück Tuch, eine Flasche Rum, eine Stange Seife u. a. Die Last auf dem Rücken sollte ausdrücken: Trage dein Amt in großer Geduld ein Leben lang; was dir auch auferlegt wird, es sei gut oder böse, das ertrage in Kraft! Die Waren darin aber sollten sagen: Da du den Friede Frieden erwählt [hast], soll es dir lebenslang an keinem Gut fehlen; du sollst reich werden, dabei aber auch der Armen und Notleidenden nicht vergessen. Darauf folgte Lied und Tanz, bis die Alten den Häuptling mit seinem Korb samt seiner Frau in sein Haus führten und die Tür hinter ihm schlossen. So solle er auch seine Not nicht in die Lande hinausschreien; in seinem Haus solle ihm die Kraft fürs Amt erwachsen. Nach einer Weile schlug Kum a Mbape mit einem Bananenblattstiel neunmal hart an die Tür und rief dabei: Dual’ a Manga, komm heraus! Der antwortete und trat heraus. Und Kum gab ihm guten Rat: ‘Heute hast du das Häuptlingsamt deiner Vorfahren vor uns allen übernommen; führe es nun in aller Zurückhaltung und Treue. Wir haben dich heute ins Häuptlingshaus eingeführt; wir haben dich auch herausgerufen als einen, der freundlich sein soll und hilfsbereit allen Anliegen der Duala-Leute gegenüber. Alles, was deine Vorfahren Schlimmes getan haben, davor behüte dich Gott gnädig, damit auch keinerlei Strafe über dich komme, sondern dir in deinem ganzen Leben Frieden geschenkt werde.’ Nachdem der Häuptling seinen Leuten einen Trunk spendiert [hatte], zerstreuten sich alle befriedigt.“

Geht die Thronfolge ohne Streit vor sich, so gewinnt dabei das Volk, denn es hat Frieden. Jeder fürchtet die Zeit, da der neue Häuptling noch nicht im Sattel sitzt, denn dann herrscht nicht nur kein rechtes Rechtswesen, -leben Recht im Stamm, sondern auch für das Gedeihen von Volk und Land können nicht die rechten Voraussetzungen durch Opfer und Brauchtum geschaffen werden.

In den primitiven Verhältnissen ist jeder Häuptlingssohn durch die Schule der Kultbünde gegangen und jeder hat darin einen Grad. So ist auch der politische Häuptling zugleich mulondedi, vgl. S. 50, der über magische Kräfte verfügt und sie in seinem Amt nutzen kann.

Entspricht der Häuptling den in ihn gesetzten Erwartungen nicht, so kann er in einem Volksaufstand verjagt werden, oder er zieht freiwillig von seinem Stamm fort. Andererseits aber hängt ein Stamm oft unter großen Opfern an seinem rechtmäßigen Haupt. Das erfuhr die französische Mandatsverwaltung, als sie den bekannten Bamum-Häuptling nach Jaunde verbannte und unter Umgehung des rechtmäßigen Thronfolgers einen genehmen Sohn Ndjoyas auf den verwaisten Thron erhob. Da brach der wichtigere Teil des Bamum-Stammes von seiner Heimat auf und überschritt die französisch-englische Grenze unter Zurücklassung eines großen Teils ihrer Habe, um sich neue Wohnsitze zu suchen. Sie wußten: „Ist der Elefant auch mager (d. h. ihr rechter Häuptling auch arm), so ist er doch Herr des Waldes.“

{87} Einige Sprüche, die sich mit dem Verhältnis von Herrschaft und Untergebenen befassen, folgen:

“Ist der Kopf krank, so leidet der ganze Körper.“

“Herrschaft geht über Kraft“ (man weiß, daß Kraft in rechte Bahnen gelenkt werden muß, wenn sie Nützliches schaffen soll).

“Ein Sklave pflegt nicht Vorsteher des Kultbundes zu sein“; ebenso: „Die Schultern wachsen nicht über den Kopf hinaus“; fehlt aber das Haupt, so geht es drunter und drüber: „Die Wildkatzen machen die verlassene Wohnung des Leoparden zu ihrem Tummelplatz“. Wo es aber recht zugeht, da ist Gedeihen: „In einer Siedlung gibt es keine Armut“, weil einer dem anderen hilft in rechter Zusammenarbeit: „Die Füße ernähren den Mund.“ „Das Gefolge eines Reichen wird satt an Speise, aber auch satt an Arbeit.“ Und doch: „Der Hund verleugnet seinen Herrn nicht“, denn „Das Huhn geht mit dem Mund zur Feldarbeit“. Unter Notständen pflegen die geringen Leute mehr zu leiden als die Bessergestellten: „Stechen die Moskitos uns, die wir bekleidet sind, wie ist’s dann erst mit denen, die keine Kleider tragen?“ Oft können Gedrückte ihre Not noch nicht einmal laut äußern, und doch merkt sie der sorgsame Beobachter, denn: „Was schwierig ist, das zeigt der Mund“; mit langgestreckten Lippen deutet der Kameruner schweigend auf das, was er gerade im Sinn hat. Mit geringen, für ihn wertlosen Dingen kann ein Wohlhabender oft die Not des Geringen lindern: „Kannst du dein Haumesser nicht mehr gebrauchen, so gib es deinem Kind.“

Wie sich die vom Schicksal gebildete Gemeinschaft Ausdruck schafft, ist auf S. 100ff. bei „Fruchtbarkeitskult“, S. 123 „Tadelversammlung“ u. ä. nachzulesen.

{88a}

b. Kameruner Helden im Lichte der Sagen

Die Demokraten des Waldlandes nivellieren die Genossen, so daß außer den im Ahnenkult anzurufenden Ahnen keiner auf die Dauer genannt wird.

Und doch ist der Drang vorhanden, Heldentaten zu dichten. So finden sich in allen Stämmen Leute, den alten Barden zu vergleichen, die bei Versammlungen und Festen im Mondenschein die Zuhörer oder auf Fahrt die Bootsgenossen mit alten Sagen und Dichtungen des Augenblicks lange in Spannung halten. Solche Berichte, in denen sich Episode an Episode reiht, heißen maso ma ndala. Ein interessantes Wort. Das „Pflücken“ der Raphiablätter für Matten ist so, davon das nomen actionis maso; ndala = ndalala „Nachkommen oder Vorfahren über das vierte Glied hinaus“, so hat dieser Name den Sinn „Geschichte, die kein Ende findet“50. Um beim Erzählen solcher Geschichten die Zuhörer in Aufmerksamkeit zu halten, beendigt der Erzähler jede Episode mit einer gesungenen Strophe, die die Zuhörer wiederholen, so daß eine solche Erzählung ein belebtes Hin und Her ist, bei dem die Hörer mitbeteiligt werden. Veranschaulichen soll das ein Verschlingemärchen Verschlingemärchen (gekürzt):

[Folgendes Märchen nur im Original.]

Ein Mädchen war bei ihrer jenseits eines großen Waldes verheirateten Schwester zur Wochenpflege gewesen. Nach Vollendung der Aufgabe wurde das Mädchen bei einem Gemeinschaftsmahl verabschiedet, mit Rotholzfarbe bestrichen und mit Schmuck angetan, dann geleitete man sie noch ein Stück Wegs und gab ihr Ratschläge wegen des Heimwegs. Denn mitten im Wald teilte sich der Weg, der schmalere führte in des Mädchens Heimat, der breite war ein arger Irrweg, der wegen der Gefahren gemieden werden müsse. Dann geleiteten gute Wünsche die Weggehende.

An der Wegscheide traf es den Pfad über und über mit Gras und Gestrüpp bewachsen, der andere war breit und sauber. Sie betrachtete die rote Farbe und den Schmuck auf ihrem Leib und schlug den breiten Weg ein.

Sie war noch nicht weit gegangen, da stand plötzlich ein großer Mensch vor ihr. Das war Ekokomolondo. Er fragte nach dem Woher und Wohin. Ihre Antwort verstand er angeblich nicht, sie mußte sich ihm nähern und wiederholen. Vom Fuß mußte sie auf seine Knie treten, dann auf den Bauch, die Brustwarze, die Schultern. Als sie aber auf der Lippe stand und reden wollte, riß er sein Maul auf und verschlang das Mädchen.

Ihre Angehörigen sandten zu den Verwandten und ließen fragen, wo die jüngere Tochter bleibe und als sie den Bescheid bekamen, sie sei längst zurückgesandt, nahmen ihre Brüder und Vettern Speere und Messer, um das Mädchen mit Gewalt zurückzuholen. Nachdem eine Aussprache stattgefunden [hatte], schlossen sich ihnen auch die Schwäger bewaffnet an, um im Wald nach dem Mädchen zu suchen, das Ekokomolondo verschlungen haben müsse.

An der Wegscheide schlugen sie den breiten Weg ein und bald stießen sie auf eine Riesenschlange. Sie zückten die Speere und schrien: Gib unsere Tochter heraus oder wir durchbohren dich. Die Schlange antworte- {88b} te: Tut mir nichts, nicht ich habe das Mädchen verschlungen, das war der Ekokomolondo, der weiter vorne ist. Sie gingen weiter und trafen eine Riesenschlange mit zwei Köpfen. Die antwortete ihnen gleich der vorigen. Dann trafen sie eine mit drei, dann eine mit vier, fünf, sechs, sieben, acht Köpfen und jede antwortete auf ihr Drohen: Nicht ich habe das Mädchen verschluckt, der Ekokomolondo ist weiter vorne. Zuletzt stießen sie auf eine Riesenschlange mit neun neun Köpfen und einem fürchterlich dicken Bauch. Da wußten sie: Das ist Ekokomolondo! und schrien ihn an: Heraus mit unserer Tochter oder wir töten dich! und legten die Speere auf ihn an. Das Ungeheuer aber sagte: Werft nur einen Speer. Sie warfen einen Speer. Die Schlange sagte lachend: Einer tut nichts, ihr müßt zwei werfen! Und so ging es weiter: drei, vier, ..., sieben, acht Speere – alle umsonst. Erst als sie neun Speere geworfen hatten, war der Unhold tot.

Als er so dalag, nahmen die Männer ihre Messer, schlitzten ihm den Bauch auf und heraus kamen viele Menschen: Männer, Frauen und Kinder, auch ihre Tochter. Und alle freuten sich, daß sie das Licht des Tages wieder erblickten. Die Tochter aber ging mit den Angehörigen nach Hause.

Darum: Wenn dir die Alten einen Rat geben, so folge ihnen, denn sie sind erfahren. Das Besserwissenwollen der Jugend aber führt in Not und Verderben.

{89a}

(1) Schwänke des Tub’ a Mbange

Gekürzte Wiedergabe des von Heinrich Moto Masue, einem Mukundu, niedergeschriebenen Bericht aus der „Zeitschrift für Eingeborenensprachen“, Band XXV, [1934/35] Seite 67ff.:

[Nur im Original.]

In tränenreicher Sehnsucht hatte ein Ehepaar lange Jahre auf ein Kindchen gewartet. Endlich in Hoffnung gekommen, hört die Frau auf einem Gang ins Feld das Kind im Mutterleib sagen: Mutter, geh doch nicht so rasch mit mir! Sie kehrte um und gebar zu Hause ein Zwillingspärchen: Tub’ a Mbange und seine Schwester Wase.

Bald darauf, während die Männer vor dem Dorf die Beute ihres Waidgangs zerlegten, wusch zu Hause die Mutter ihre Kinder. Da streckte sich der kleine Tube in der Badeschüssel, legte Hemd und Lendenschurz an und schritt als Erwachsener zu den Fleisch verteilenden Männern. Er fing an mit ihnen zu scherzen und sagte: An meinen ausgestreckten Arm könnt ihr all eure Fleischstücke hängen, dann spaziere ich damit so lange um euch herum, als es euch beliebt. Glaubt ihr’s nicht, so könnt ihr’s probieren. Sie taten’s, aber bald sprang der Tube mit seiner Last davon und verschwand im Elternhaus. Schnell hingen die Fleischstücke unter der Darre. Tube entkleidete sich, schrumpfte und legte sich in die Badeschüssel. Die Männer kamen und fragten die Mutter: Wo ist der Bursche, der eben in dein Haus trat? Die Frau leugnete: Was weiß ich, was draußen vorgeht? Ich sitze hier als Wöchnerin und bade meine Kinder und habe niemand gesehen.

Noch Kleinkind fragte Tube: Wann werde ich erwachsen sein? Soll ich immer Kind bleiben? Darauf erhob er sich, durchstreifte das Dorf und schaute zur Verlegenheit seiner Mutter nach Abenteuer aus.

Einmal erfuhr Tube von Mambuta, dem Besitzer eines wildreichen Waldes. Er ging in den Wald, erlegte viel Wild, und da diese Jagd ihm gefiel, wiederholte er seine Ausflüge, als gehörte [ihm] Wald und Wild. Herr Mambuta suchte dem Wildern zu wehren und stellte den Tube. Der nannte ihm seinen Namen und sagte: Finde dich ab mit meinem Hiersein. Ich pflege nicht lange Geschichten zu machen. Mambuta zog eine Baumwurzel aus der Tasche und reckte sie in die Höhe. Ein mächtiger Sturm erhob sich und Tube rief: Jetzt schau mal da! nahm einen Kieselstein aus seiner Tasche und hielt ihn hoch. Da hagelte es ganze Eisstücke, die einen Mann töten konnten. Da bekam Mambuta Angst, umfaßte flehend Tubes Knie und schlug vor, sie wollten den Wald unter sich teilen: So ward Tube Herr eines großen Waldes.

Dann hörte Tube von einem großen Dorf, das viel Pflaumenbäume besitze; die geizigen Leute aber wollten niemandem von den Früchten geben. Tube ging und veranlaßte den Wächter der Bäume, auf einen Baum zu steigen und Pflaumen zu pflücken. Dann eilte er ins Dorf und rief: Kommt schnell, Tub’ a Mbange ist draußen und stiehlt Pflaumen. Die Dörfler nahmen rasch ihre Gewehre und schossen ihren eigenen Wächter vom Baum {89b} herunter. Als sie ihren Irrtum gemerkt [hatten], zogen sie mit dem Leichnam wehklagen wehklagend in ihr Dorf. Anderntags wollte Tube wieder Pflaumen pflücken, da schossen ihn die Männer tot und verzehrten sein Fleisch. Tubes Schwester Wase aber sammelte die Knochen, legte sie samt Heilkräutern in einen Topf und stellte diesen in eine Hausecke. Da fügten sich nach drei Tagen die Knochen wieder zusammen, und Tube erstand vom Tod. Bald war er wieder im Besitz seiner Riesenkräfte und legte sich seiner Stärke wegen Tabu-Regeln auf.

Einmal berichtete man Tube von einer jungen Frau, der an Gestalt und Schönheit keine andere den Rang streitig mache. Sie war das Weib Names, des Verschlingers, denn er pflegte Menschen zu verschlucken. Tube, entschlossen das Weib zu entführen, wechselte sein Aussehen, indem er eine grindige Haut überzog, und kam zu Names Haus. Als die Frau am Morgen den Kehricht wegschütten wollte, entdeckte sie Tube hinterm Kehrichthaufen, brachte ihn zu ihrem Mann und sagte: Da habe ich einen kleinen Sklaven gefunden. Als es dunkel geworden [war], begaben sich alle zur Ruhe, und Name schlief bald ein. Da sagte Tube zur schönen Frau: Du bewachst mich gut, aber ich kam, um dich zu entführen. Schau nur her, ich bin nicht ein grindiger Knirps, sondern ein starker Mann. Die Frau gewann ihn lieb und war mit der Entführung einig, nur fürchtete sie, Name werde den Tube verschlingen. Der aber entgegnete ihr: Laß das nur meine Sorge sein, ich werde schon fertig mit ihm. Am anderen Morgen nahm Name den Sklaven mit in den Palmwald, daß er für ihn Ölfrüchte ernte. Im Wald verschlang Name den Tube.

Der aber hatte sein großes Messer bei sich und begann nun des Ungeheuers Bauch aufzuschlitzen. Von Schmerzen gekrümmt, schleppte sich Name heim und klagte seiner Frau: Ich habe schon manchen verschlungen, aber solche Schmerzen wie dieser hat mir noch keiner verursacht. Mache mir ein Klistier, daß ich ihn wieder los werde. Es half aber nichts. Tube schnitt weiter, bis alle früher Verschlungenen mit ihm wieder ans Licht kamen. Da nahm er Names Weib zu sich und führte sie in die eigene Siedlung.

Und wieder einmal kam er in eine andere Stadt. Dort traf er eine Anzahl hübscher Frauen auf einem liegenden Stamm sitzend. Er schulterte den Stamm samt den Frauen und trug ihn weg. Das gleiche tat er ein anderes Mal mit Männern. Diese Frauen und Männer siedelte er in seiner Niederlassung für dauernd an und vermehrte so seine Macht.

Auf dem Felde des Sesanyambe stand eine sehr hohe Ölpalme. Sesanyambe gestattet aber niemandem, sie zu besteigen und Früchte zu schlagen. Tube aber kehrte sich nicht daran und bestieg die Palme öfters. Dort erblickte er Anda; einen Himmelsbewohner und sagte ihm: Nimm das Ende dieses Seils und binde es an einen Hauspfosten im Him- {89c} mel. Ich will zu euch kommen und mir dort ein Weib nehmen. Anda tat, wie [ihm] geheißen und Tube kam gelegentlich in den Himmel. Im Kulthaus fragte man nach seinem Begehr und man gab ihm die Erlaubnis, irgendeine Frau zu wählen. Er fand auch eine und lebte mit ihr zusammen, sooft er in den Himmel kam. Sie erzählte ihm auch, daß sich in der Trockenzeit alle Himmelsleute in Rinder verwandelten; er solle währenddes[sen] gar nicht in den Himmel kommen. Er hingegen erzählte seiner Frau, daß ihn kein Mittel umbringen könne, weder Gewehr noch andere Waffe, kein Gift und kein Zauber. Nur vor einem müsse er sich hüten: Steche man ihm ein aus der Rinde der Raphiapalme geschnitztes Speerlein in den Rachen, so müsse er sterben.

Die Warnung seiner Frau achtete er nicht und stieg einmal in der Trockenzeit in den Himmel. Da traf er aber nur Rinder – alle Häuser voll, und rief aus: Ei, ei, wo sind denn die Menschen hingekommen? Alles Suchen war umsonst. In jedem Haus traf er nur Rinder, auch sein Weib und Kind waren darunter. Er kam nicht aus dem Staunen heraus. Gegen Abend holte er sich eine Kochbananentraube im Feld und weil ihm andere Zukost mangelte, hieb er einer Kuh den Schenkel ab und aß ihn zu seinem Abendbrot. Am anderen Morgen stieg er wieder auf die Erde hinunter.

Nach einigen Wochen setzte der Regen wieder ein und Tub’a Mbange begab sich wieder zu seinem Weib aufs Himmelsgewölbe. Er traf alle Verwandten seiner Frau, nur nicht seine Schwägerin. Sie war gestorben, weil Tube ihr beim letzten Besuch das Bein abgeschlagen hatte. Er fragte nach der Fehlenden, aber seine Frau antwortete ihm nicht. Die Männer aber berieten, wie sie an Tube Blutrache für ihre Schwester üben wollten.

Am Morgen versammelte sich das ganze Dorf, man rief auch Tube und eröffnete ihm, daß er sterben müsse. Die abgeschossenen Gewehre richteten aber nichts aus, noch verletzten ihn die Haumesser, Gift und Zauber, vgl. auch Magie Zauber versagten völlig. Die Frau hatte den Ihrigen gesagt: Speert seinen Rachen mit Spießlein von der Raphiapalme, so ist er bald erledigt! Sie befolgten des Weibes Rat und wie er gesagt, das brachte ihm den Tod. Nein, er ging vielmehr daran zugrunde, daß er dem Weib sein Geheimnis gesagt hatte.

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(2) Djeki

Während der Duala-Schüler Junge Ndut’ a Do seinen Mitschülern die Geschichte von Djeki erzählte, wurden die folgenden Notizen gemacht.

[Rest der Seite leer]

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Neben solchen Kindern der dichtenden Phantasie gibt es aber auch Erzählungen, die auf geschichtliche Persönlichkeiten zurückgehen, z. B.

(3) Wie die Kot’ a Balombi auf ihre Insel kamen

Die Bankon sitzen heute am sogenannten Abo-Fluß; von dieser einheitlichen Gruppe haben sich einmal die westwärts vom Mongo im Flußgebiet des Meme hinter dem Kamerunberg bis ans Meer wohnenden Balombi getrennt. Deren Dörfer liegen in diesem Gebiet vereinzelt zwischen anderen Stammessplittern. Vor einigen hundert Jahren haben sie wohl noch vereint im Kyide-Tal, einem linksseitigen Nebenfluß des Mongo, gesessen und sich wie ihre heutigen Nachbarn, die Balong und Bafo, südwärts gewandt. Doch weiß davon das heutige Geschlecht nichts mehr. Als sich die Balombi von ihren Genossen trennten, scheinen sie den Mongo unterhalb des Mongo-Falles, also zwischen Mundame und Bombe überschritten und sich westwärts gewandt zu haben. Damit kamen sie in das Gebiet der Bakundu und Bomboko – und sie erzählen noch, wie sie in heftige Kämpfe mit diesen Stämmen geraten seien, die es weniger wagten, im offenen Kampf den Eindringlingen entgegenzutreten, als ihnen Hinterhalte zu legen, sie heimlich zu überfallen und ihnen Frauen und Kinder zu rauben. Aus dieser Zeit erklärt auch die (nicht zutreffende) Volksetymologie den Namen der Balombi. Man sagt, wenn die Feinde in ein Dorf eindrangen und die Erwachsenen waren auf den Feldern, dann seien Kinder und Alte ins Feld gesprungen und hätten gerufen: „Ihr Leute, die Feinde ba lo mbwis e! (...sie kommen hintendrein!)“

Eine Gruppe der Balombi habe nun früher an einem Ort gesiedelt, namens Mbeteg, in der Gegend des heutigen Bang’ a Bakundu. Dort schlossen sie auch mit ihren Feinden Frieden und übernahmen von ihnen allerlei Bräuche. Damals waren die Balombi noch große Jäger und durchstreiften den Wald. Eines Tages lag Ndang’ a Nkundu mit seinem Hund wieder einmal dem Waidwerk ob. Der Hund spürte ein Hirschferkel auf, verfolgte es und der Jäger eilte hinterher. Plötzlich war das Hirschferkel in einem großen Wasser verschwunden und als Ndanga an den See kam, lief der Hund aufgeregt am Ufer hin und her und suchte die Spur des verschwundenen Wilds. Ndanga aber stand am Ufer und schaute das große Wasser und die schöne Insel mitten darin. Er umwanderte den See, um nachzusehen, ob nicht ein Pfad hinüber zu dem Land mitten im Wasser führe, er sah aber keinen. Da machte er sich wieder auf den Rückweg.

Daheim erzählte er von seiner Entdeckung: Wasser und Fischen, Land und Tieren, Wein- und Raphiapalmen. Alle freuten sich, das zu hören, und alsbald wurden einige Leute gewählt, die tapferen Herzens mit Ndanga zu seiner Entdeckung vordringen sollten. Sie freuten sich, als sie sahen, daß der Bericht Ndangas stimmte, und weil sie kein Boot hatten, banden sie zwei Schirmbaumstämme zusammen und ruderten der Insel zu. Auf ihr trafen sie allerlei Wild, sogar Elefanten. Sie erkundeten alles und kehrten wieder nach Mbeteg zurück. Dort versammelte sich alles Volk, um den Bericht zu hören und seinen Plan zu erwägen. Ein Teil war bereit, mit Ndanga auf der Insel eine neue Siedlung anzulegen, andere lehnten das ab.

Schließlich schloß sich ein Teil der Leute der Sippe des Ndanga an, die aufbrach, um das neue Land einzunehmen. Sie bauten sich auf der Insel an und ließen sich für immer dort nieder; ihre Äcker aber rodeten sie am äußeren Ufer des Sees.

Wenn nun in der Folgezeit wieder ein Krieg ausbrach, und die Feinde bedrängten die Inselbewohner, da waren die innerhalb des Sees wie von einem starken koto „Zaun“ umgeben und geschützt. Darum nannten sie auch den See Koto „Zaun“ und sich selbst „Zaunleute der Balombi“ bis auf den heutigen Tag.

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(4) Wie die Bakosi zu ihrem Namen kamen51

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(5) Wie der Subu-Sklave seinen Herrn rächte

{94a}

c. Was sagt der Missionar zur kameruner Schicksalsgemeinschaft?

Die Kameruner sollen einem Stammes- bzw. Sippenkommunismus huldigen. Bezüglich mancher Verhältnisse mag das bis zu einem gewissen Grad stimmen, in anderen aber durchaus nicht. Denn in allen Verhältnissen gibt es auch Privateigentum, und die vielen Prozesse und Streitigkeiten zeigen, daß in ihrer Gemeinschaft nicht eine Gleichheit angestrebt wird, auch wenn man einen Hut, einen Regenschirm u. a. „in Kompagnie“ besitzen kann. Das Ideal ist nicht allgemeine Gleichheit, sondern Gerechtigkeit entsprechend dem kameruner suum cuique moto na lambo „Mensch und (seine) Sache“. Wie verspottet doch das Märchen Märchen die Gleichmacherei, z. B.:

Eichhörnchen und Elefanten hatten mit anderen Tieren eine Essensgemeinschaft, vgl. S. 82 ndjangi. Danach hatte eines die anderen abwechselnd zum Festmahl einzuladen. Als der Elefant das Festmahl zu spendieren hatte, war kein Fleisch zu Hause. Da griff er in seine Lenden und schnitt mit dem Messer ein gutes Stück Fleisch heraus und legte es in den Topf. So hielten sie das Mahl; der Elefant konnte es sich leisten. Die Reihe kam auch an das Eichhörnchen. Auch es hatte kein Fleisch im Haus, aber auch keine feisten Lenden. Da blieb ihm nichts anderes übrig, als selbst in den Topf zu schlüpfen und sich für seine Freunde kochen zu lassen.

Oder ein anderes von Papagei und Wildkatze. Beide sind Freunde. Die Katze will geschmückt zum Tanz gehen und borgt sich den roten Schwanz des grauen Schwätzers. Sie macht mit solchem Schmuck gehörigen Eindruck und bringt den Schwanz beizeiten unversehrt zurück. Ein andermal ist der Papagei zum Tanz geladen. Da er als feiner Herr auftreten will, dünkt ihm das Katzenfell ein schönes Umschlagtuch. Die Wildkatze trennt sich mit dem Messer die Haut vom Leib und setzt sich in des Feuers Rauch, um von den Fliegen nicht zu sehr geplagt zu werden. Aber der Papagei bleibt lange aus. Erst am anderen Morgen bringt der Leichtsinnige das Fell zurück, aber es ist so steif und eingeschrumpft, daß es der Wildkatze nicht mehr paßt und sie jämmerlich eingeht.

Und wieviele Gelegenheiten zeigen, daß das Ideal des Kameruners eine organische Gemeinschaft ist, wo einer für den anderen Verantwortung trägt. Man sehe sich daraufhin einmal Gebräuche an wie beim Fruchtbarkeitskult S.---, Tadelversammlung S.---, und beobachte wie dabei die vom Schicksal gebildete Gemeinschaft sich Ausdruck verschaffen will.

Daß es unter den Menschen ein Unten und Oben gibt, anerkennt auch das Evangelium trotz seiner Botschaft, daß es vor Gott kein Ansehen der Person gibt. Nicht des Evangeliums Absicht ist es, eine gleichförmige Masse zu schaffen – das ist aus der Aufklärung geboren –, sondern daß jeder an den Platz kommt, den er vermöge seiner Gaben und Kräfte ausfüllen kann, um so dem Ganzen zu dienen. „Gemeinwohl geht vor Eigennutz“, so ganz fremd ist dieser Grundsatz weder dem Evangelium noch dem Kameruner, wenn er auch bei ihm so wenig wie sonstwo stets Realität ist. So hat auch die christliche Gemeinde in Kamerun eingeborene Führer und Lehrer, Pastoren, Gehilfen und Laien. Daß Gott sie seiner Gemeinde immer wieder schenkt, das ist besonders in diesen Tagen des Verwaistseins unsere Bitte. Schicksalsgemeinschaft

{94b}

3. Der Sprache Sprachverband

Allgemeines

Im Oktober 1892 suchten sich die Anwohner des unteren Sannaga der Weißen zu entledigen, brachten mehrere um und verbrannten ihre Anwesen. Als sie vor die Missionsstation Lobetal kamen, verschonten sie diese, denn die Wilden sagten: Missionar Schuler spricht unsere Sprache, er gehört also zu uns, darum tun wir ihm nichts. – Dies nur ein kleines Beispiel, wie gemeinsame Sprache auch in Kamerun unter sonst fremden Menschen freundlichere Verhältnisse schafft.

Das Erlernen einer so fremden Sprache, wie es die Negersprachen für Europäer sind, ist zwar eine schwierige Sache, und doch ist es der einzige Weg, um das Herz der Eingeborenen für die Botschaft des Evangeliums zu öffnen, ist auch das rechte Mittel, um den Missionar oder auch andere Forscher in die Verhältnisse, ja ins Herz des ihm in vielen Stücken so rätselhaften schwarzen Mannes schauen zu lassen. Ob sich nicht auch in Kamerun die Verhältnisse zwischen Schutzherrschaft und Schutzbefohlenen ebenso günstig wie in Deutschostafrika entwickelt hätten, wenn den nichtmissionarischen Europäern auch in Kamerun ebenso wie jenen die Pflicht auferlegt worden wäre, eine Landessprache zu erlernen? Denn auch in Kamerun gilt das Lutherwort [WA 15, S. 37f.]: „Lasset uns fest über der Sprache halten. Sie sind die Scheiden, darin das Schwert des Geistes steckt; sie sind der Schrein, darin man dieses Kleinod trägt; das Gefäß, darin man diesen Trunk fasset; sie sind die Kemenate, darin diese Speise lieget.“ – Geben sich viele Gelehrte aus rein ethnologischem oder psychologischem Interesse mit den afrikanischen Sprachen ab, so muß bei dem Boten des Evangeliums zur natürlichen Zuneigung auch noch Liebe zu den Menschen kommen. Und aus diesem Boden muß die Kraft zum Erlernen der Sprachen der uns fremden Menschen erwachsen. Denn dadurch wird die geistige Mauer, die zwischen abendländischen Menschen und Naturvolk steht, niedergelegt und das von Paulus in 1. Kor 9, 20 vorgesteckte Ziel erstrebt, dem Kameruner ein Kameruner zu werden. Gibt es für einen evangelischen Missionar ein größeres Lob, als wenn gesagt wird: Herr Vielhauer spricht ein reineres und unverdorbeneres Bali, als wir heutigen Bali selbst es sprechen? Warum ist die eingeborene Sprache für den Missionar so wichtig?

a. Das Wunder der Sprache

Wer einmal einer so fremden Welt gegenüber gestanden [hat], wie es ein Negerstamm mit noch unerforschter Mundart und ohne Kenntnis einer europäischen Sprache ist, dem mag oft die Frage auftauchen, wie kam es denn zum Entstehen der menschlichen Sprache? Und wenn er auch theoretisch von mancherlei Erklärungsversuchen gehört, vielleicht selbst einen Beitrag zu dieser Erklärung gefunden [hat], so gesteht er sich ehrlicherweise doch immer wieder [ein], daß alle diese Erklärungen nicht befriedigen. In Kamerun, diesem [El]Dorado der Sprachenbildung, kann er vielleicht das Entstehen einer neuen Sprache erklären, indem er den stammlichen Zusammenhängen nachgeht und Wortstämme und grammatikalische Formen findet, die verschiedene Stämme gemein haben; aber damit ist er der Lösung unserer Frage nicht näher gekommen. Zu ihrer Lösung wird man zurückgreifen müssen auf das geistleibliche Wesen des Menschen, das zwar auch ein Rätsel in sich ist, und sich sagen: Der Menschengeist wird beeindruckt von der Schöpfung Schöpfung um ihn und sucht nun, seine Eindrücke wiederzugeben. Die Bibel läßt die ganze Schöpfung als eine Wirkung des Sprechens Gott Gottes entstehen. „So er spricht, so geschieht’s; und so er gebeut [gebietet], so stehet es da“ [Ps 33, 9]. Nicht in anthropomorpher Weise redet Gott für die äußeren Ohren des Menschen, wie es auch das Ziel des Logos im Neuen Testament ist, sich am Gemüt des Menschen zu bezeugen. „Er kam in die Welt ... und die ihn aufnahmen,“ die gaben auf sein Reden in ihren Herzen mit leisem Echo Antwort. Wer diesen inneren Vorgang an sich selbst erfahren hat, weiß, daß der Mensch an Gottes {95} Sprechen sprechen lernt. – Schauen wir in die primitiven Verhältnisse Kameruns, so sehen wir, daß ein Kind von seinen Eltern und Kind Eltern nicht absichtlich unterwiesen wird, am wenigsten in bezug auf das Sprechen. Zunächst tut die Mutter nichts anderes, als das Kind [zu] versorgen: Nähren, wärmen, pflegen, baden, klistieren (nicht zu vergessen!), hie und da auch strafen. Mit dem noch un-“münd“-igen Kind redet sie kaum, aber das Kind scheint den Blick ihrer Augen und den Ton ihrer Stimme bald zu verstehen. Und die schwarze Mutter merkt, daß das Kind diese ihre „Sprache“ versteht, lang ehe es auch nur einige Wörter recht sprechen kann. Aber auch um dies zu erreichen, spricht ihm die Mutter nichts vor, wie es unsere Mütter gar nicht anders können. Auch in diesem Punkt kommt es unbewußt zur Erscheinung, daß es zum Wesen der heutigen Kameruner gehört, darzustellen, nicht schulmäßig und verstandesmäßig zu unterrichten. Wie unbeabsichtigt das Lehren vor sich geht, zeigt auch das Sprichwort: „Lehrst du ein freies Kind, so hört ein Waisenkind mit zu.“ Und die Stunde kommt, wo auch das primitive Kind von seiner in Kinderpflege und Pädagogik nicht geschulten Mutter das Sprechen gelernt hat durch Nachahmen; es erzeugt ein Echo des Gehörten, daher ja auch die Kinder zunächst nur in der dritten Person reden. – Ob wohl nicht ähnlich der Mensch auch Gott und sein Reden verstehen gelernt und in seiner „Sprache“ ein Echo auf Gottes Sprechen gefunden hat? Und im Sprechen zum Nächsten äußerte sich dieses Echo zuerst und jedenfalls zumeist, denn in uns allen liegt der Drang, das Vernommene, Erkannte anderen mitzuteilen.

Manche Seite dieses Buches vermittelt ja wohl den Eindruck, wie Gott auch zu den Kamerunern geredet hat. Die ganze Natur, der sich der Kameruner immer wieder sinnenfreudig hingibt und vor der er ebenso auch immer wieder in ehrfürchtigem Schaudern erschrickt, ist ihm ein Zeugnis von der höchsten Macht, Apg 14, 15–17. Hinter allem Sichtbaren wittert er ja die Welt der ndimsi ndimsi „Übersinnlichkeit“, die wie Vorder- und Rückseite einer Sache zusammengehören. Seine Ernährungsweise und geschichtliches Erleben, seine Erfahrungen im Erwerbsleben, Ackerbau und Familie, sein ganzes, freudiger und betrüblicher Wechselfälle volles Leben, Werden und Vergehen in Natur und Sippe, Sprichwörter, Märchen und Opferdienst weisen ihn hin auf die höhere Macht. Und so widersinnig uns manche Sitte und Brauch vorkommen mag, so sucht der Kameruner doch in Familienzucht und Rechtspflege dem Fragen des Unsichtbaren eine Antwort zu geben. Diesem gewaltigen Gott gebührt Anerkennung und Ehrfurcht; auch darum, weil der Mensch trotz Totemismus Totemismus und Hexenglaube, der das Volk in Banden schlägt, mehr als ein Tier des Waldes ist und fähig, von höheren Geistern besessen zu werden. Denn beim Menschen ist mit dem Tod nicht alles aus; seine größte Sehnsucht ist die Überwindung des Todes, und sein vergebliches Ausstrecken der Hände nach Hilfe der Magie und des Kultus macht ihn offen für die Botschaft von dem großen Helfer und Durchbrecher aller Bande. So sehr die Organe des Primitiven zu dem Reden Gottes vielfach eine verkehrte Einstellung haben (sie gleichen – wenn man das Bild wechselt – einem Schielenden, der die Augen anderswo hinrichtet in seinem Suchen nach einem bestimmten Gegenstand), das von Gott in ihn hineingelegte Ebenbild ist, wenn auch sehr verdorben, vorhanden und wartet auf die Freiheit der Kinder Gottes. Ist nun davon im Geistesleben der Kameruner aus ihrer Sprache etwas zu ersehen?

b. Inwiefern ist Gottes Sprechen in der Sprache der Kameruner zu vernehmen?

Wer von der Seele eines Menschen etwas vernehmen will, muß auf sein Sprechen achten, denn in der Sprache spiegelt sich die Seele wider. Ja, in der Sprache eines Volkes offenbart sich nicht nur der Einzelne, sondern das ganze Volk, seine Beziehungen zum Schöpfer wie seine Haltung zur Umgebung. Wie geht einem das auf, je mehr sich einem durch das Mittel der eingeborenen Sprache das Volk selbst erschließt! Zunächst weiß man nicht, was das Volk über Unsichtbares denkt. Da hört man ein Wort, man geht ihm nach, oft Monate, Jahre lang, bis man endlich seine Fülle einigermaßen erkannt hat; oder es gibt Dinge und Verhältnisse, für die hat man keine rechte Benennung, und doch redet das Volk davon, und langsam erkennt man, {96} was es ist, das das Volk und den Einzelnen gestern und in der Vorzeit beeindruckte und dem es nun in seiner Sprache Ausdruck gibt. – Gottes Schöpfung Schöpfung wirkt auf den Menschen ein, ihr Erleben ist ihm wie ein Erntefeld, auf dem er Früchte seiner Erfahrung einheimst, die in seinem Leben genützt werden sollen. So wird seine Seele wie ein Vorratshaus, darin manche köstliche Frucht liegt, gepflückt im Gottesgarten der Natur und Geschichte. Das zeigen uns die seitherigen Berichte und werden die folgenden zeigen. Von diesem Vorrat zehrt nun die Seele, auch die Volksseele der Kameruner; daraus baut sie sich auf. Wenn wir nun das miteinander vergleichen, was der schwarze Mann als Eindrücke sammeln kann und was er daraus macht, so sehen wir trotz allem Anerkennen des Guten, daß ein großes Manko entsteht; und wir merken etwas davon, was durch den tiefen Fall der Menschheit auch hier geschadet worden ist: Verdorben und beschädigt die Geräte und Behälter des Sammelns und Aufnehmens, verdorben noch mehr die Maschinen der Bearbeitung, als wäre in die kunstvolle Maschine eine falsche Schraube eingebaut, so daß diese hochfeine empfindliche Maschine knarrt, wie wenn die Räder nicht aufeinander paßten. – Allein die vielen Bilder und Gleichnisse des Primitiven, genommen aus Natur- und Menschenleben zeigen, wie gerade der unverdorbene Mensch den Unterricht, den ihm Gott Gott in Natur, Geschichte und Gewissen gibt, nützt; wie Gottes Sprechen ihn zum Sprechen bringt, und wie doch seine verkehrte Einstellung zu Schöpfer und Schöpfung ihm alles verdirbt.

c. Die Eigenart der kameruner Sprachen

(1) Allgemeines

Aufs Ganze gesehen zerfallen die kameruner Sprachen in zwei Gruppen: In diesem Gebiet endet der nordwestliche Zipfel des großen Bantu-Sprachgebiets am östlichen Rand der Sudan-Sprachen; und dazwischen finden wir Mischgruppen, die man als Semi-Bantu bezeichnet. Hier kann nicht auf die Einzelunterschiede der beiden Gruppen eingegangen werden; nur die eine Bemerkung: Die Sprachen der kulturell unter den negroiden Sudanesen stehenden Bantu gehören einer entwickelteren Gruppe an als diese. Nur mit einigen Sätzen sei der Formenreichtum der Bantu-Sprachen beschrieben, aus deren Gebiet dieses Buch hauptsächlich berichtet: Diese Sprachen sind agglutinierend, d. h. sie stellen nicht wie die isolierenden Sudan-Sprachen Wortstamm neben Wortstamm zu Sätzen zusammen, sondern „kleben“ an Wortstämme Vor- und Nachsilben, durch die das Verb seine Beziehungen zum näheren und entfernteren Objekt, zum Subjekt u. ä. ausdrückt und durch die das Hauptwort seine Bedeutung moduliert. Eigentümlich ist der Bantu-Gruppe die Klassifizierung des Nomens in etwa 13 – 15 Klassen, die paarweise als Einzahl- und Mehrzahl zusammengehören, so daß 7 oder 8 Paare entstehen, die je eine besondere Wortklasse umschließen erkennbar am Präfix des Nomens, das vor den abhängigen Wortarten wiederholt die Konkordanz des Satzes gewährleistet.

Diese Wortklassenpaare sind im Duala die folgenden:

1. Mit den Vorsilben mu-, Mehrzahl ba-, bezeichnet man Menschen als Persönlichkeiten und Berufsangehörige, z. B. mukala, pl. bakala „der Europäer“, mubambedi, pl. ba- „der Träger“.

2. Bezeichnungen für Wesen und Dinge, die mit dynami[sti]sch-animistischer Kraft geladen sind, haben die Vorsilben mu- und mi-. Bei Menschen, die hierhergehören, soll nichts über ihr Menschentum ausgesagt werden, sondern über ihre Zugehörigkeit zu einem Stand, der nicht ganz geheuer ist, z. B. munyangadi, pl. mi- „die Wöchnerin“, mudongo, mi- „der Berg“, mukele, mi- „die Pocken“, vgl. auch S. 25.

3. Bo- und mi- zeigen die Baumklasse an und weil von Baumrinden Drogen bereitet werden, gehört hierher auch das „Machtmittel“ bwanga, pl. myanga, bwele, myele „der Baum Baum“, bongosi, mi- „Eisenholzbaum“, buma, myuma „Wollbaum“.

4. E- und be- bilden Bezeichnungen, die seelen- und kraftlos sind, also harmlose Dinge; daher sind hier auch nomina actionis und Schmähwörter zu finden.

5. Die Tierklasse hat aus ni-, ini- korrumpierte Vorsilben, z. B. nyama „Säugetier“, ndjou „Elefant“, mbodi „Ziege“, ndombi „Biene“.

6. I- und lo- sind Vorsilben zur Bezeichnung von Kleinem, z. B. inon, lo- „Vogel“, yoto, loto „Menschlein“ statt moto, bato „Mensch“ in [der] 1. Klasse.

{97} 7. Di-, pl. ma- faßt Namen für symmetrisch Teilbares oder paarweise Vorkommendes zusammen, z. B. dia, maa, „Hand“, diso, miso „Auge“, loba „Himmels-gewölbe“, mawasa „Zwillinge“.

Drei weitere Splitterklassen seien übergangen, ebenso auch die Bildung der reichlich vorhandenen Abstrakta aus Zeitwörtern in den verschiedenen Klassen.

Das Zeitwort läßt sich durch eine Reihe von Endungen vervielfältigen. Die Funktion dieser Endungen ist, anzugeben, in welcher Weise sich die Handlung des Zeitworts auf Objekt oder Subjekt bezieht, ob es transitiv oder intransitiv, aktiv, medial oder passiv ist, ob ein Werden, ein Handeln oder das Veranlassen einer Handlung ausgedrückt werden soll. Die verschiedenen Modal- und Temporalformen des Zeitworts werden durch Vor- oder Nachsilben oder nur durch musikalische Töne bezeichnet. Hier offenbart sich ein Reichtum von Formen der Sprache, die noch nicht alle gefunden sind, geschweige, daß sie ein Europäer vollständig beherrscht.

Die kameruner Bantusprachen haben den musikalischen Ton wohl von den benachbarten Sudan-Sprachen übernommen. Er ist wichtiger als der Starkton, auch wenn er vom Europäer nur selten angeeignet wird. Der Starkton ruht auf der Stammsilbe eines Wortes, bei längerer Endung hat die zweitletzte Silbe noch einen Gegenton. Ein musikalischer Ton aber ruht auf jeder Silbe und zwar sind da zwischen den beiden Grundtönen (Hoch- und Tiefton) noch etwa fünf Mitteltöne zu beobachten. Und diese Töne haben verschiedene Aufgaben. Manche haben etymologische Bedeutung, d. h. durch sie unterscheiden sich sonst gleichlautende Wörter, oder Töne bilden grammatikalische Formen, so daß trotz gleichen Lauten der Ton unterschiedliche Formen bildet; außerdem entstehen syntaktische Töne beim Zusammenklang der Wörter im Satz. Allein diese Bemerkungen über die musikalischen Töne zeigen, daß das rechte Aneignen der Sprache eines so „zurückgebliebenen“ Volkes auch einem geschulten Europäer einige Schwierigkeiten bereiten kann.

(2) Sprachproben

Als solche seien je ein Märchen Märchen in Duala und Bali gegeben. Um zu zeigen, wie die Wortstämme von Vor- und Nachsilben umgeben sind, sind die Stämme in großen Buchstaben wiedergegeben. Leider können die musikalischen Töne des Druckes wegen nicht bezeichnet werden. Die Interlinearübersetzung will einen Eindruck von der Satzkonstruktion vermitteln, indem sie jedes Wort wörtlich übersetzt. Eine Übersetzung in lesbarem Deutsch folgt.

Warum das Flußpferd52

im Wasser wohnt (in Duala).

[Auf dieser und den folgenden Seiten finden sich Texte in Interlinear-Übersetzung. Im Original stehen Duala bzw. Bali und darunter interlinear jeweils deutsche Entsprechungen zu den Worten der Kameruner Sprache. In einem neuen Absatz folgte eine Übersetzung in gutem Deutsch. Im folgenden stehen die Worte des interlinearen zusammen hinter dem fremdsprachlichen Text. Dann folgt, wie im Original-Typoskript, eine sprachlich gute Übersetzung. Durch diese Handhabung kann in diesem Falle der Ittmannschen Seitenzählung nicht gefolgt werden. Das Kapitel Sprachproben erstreckt sich von S. 97 – 102 und wird, wegen der Übersichtlichkeit, hier nicht genau aufgeschlüsselt]

{97 – 100}

bUNYa boo bOBA-nyAMA ba TA ba PULa BIa nDJA nya BU nu BUKI baNE bESE nGINYA. niK’ e Boli baBo ba PAWa mBOKo muNDENE o jANa beSUa oTEN. nyAMA PO PO e KUMo BUSa o ‘BOKo, e KOMa maLOKO o PULa nDJA nu mANane MO beSUa. nDJOU a BUSino a LONDe bONA-nyAMA nGO o nyOLO ná BO a PINYa mBOKo mwESE. omBUSa nDJOU nGUBU PE nDE a TEM a SA nGUM ná TE MOMENE a WOLo ni PONDa KE a DIa a maDJA o mUNDI. o YA lAO lA YOMBo nGOMB’ – a nyAMA a WU mILA na mILA, a lEKe MO. nGUBU UBi o jENe niKa SON a mBIND’ A nyAMA oBOSo bAO. nDE o BANGa lA ISON a KASi MO, na baBO ba NUNGame o jANa beSUa nGOMBE a SI BOLi nGUBU TO SON ePOLO, a WANMse KWATame MO o mONGO a DE PE MO yi nyAND’ AO nyA nGINYA oTEN. KEKa la nGUBU o PALe nGOMBE woNE di TA nDE TETE. a POTI nDE, a KO waSE ná BWEM. na bONA-nyAMA ba TOMBi eSIMO ná nGOMBE a KWEse nGUBU. oNYOla iSON a niKA nDE nGUBU a BOino na boDJA bA mUNDI, e niDJAno nDE o maDIBA, KAnyEnamuNIA mwE ony OL’ aO ná: iSON i PIMBi nGUBU o maDIBA.

[ursprünglich interlinearer Text:]

Tag einer Sippe Tiere sie waren sie wollen wissen wer von ihnen welcher übertraf jene alle Kraft. Dies es machte sie grasschlagen Gerichtsrasen großer um zu kämpfen Ringspiel dort. Tier eines begann herauskommen in Hof, es ausgießen Brustmuskeln zu wollen wer welcher kämpfen mit ihm Ringkampf. (ALS) Elefant er herausgekommen, er füllte der Sippe Tiere Luft an Körper so: vollständig, er erfüllte Gerichtsrasen ganzen. Im Rücken des Elefanten Flußpferd auch nämlich es stand auf, es tanzen Siegerreigen so immerzu es selbst es müde werden; diese Zeit da es blieb es wohnt auf dem Land. Bei Kommen seinem her vom Herumgehen, Leguantier er herkam Eile und Eile, er fordern es. Flußpferd staunte zu sehen solche Kleinheit des Schmutzes des Tieres an Vorderseite seiner. Aber um abzulehnen der Schande es nahm an ihn, da sie sie beugten sich um zu kämpfen Ringkampf. Leguan er nicht gab Flußpferd irgend Kleinheit von Spielraum. Er schnell sich festklammern ihm im Kreuz, er grub auch ihm diese Krallen seine der Kraft dort. Versuchen des Flußpferdes zu wegschleudern Leguan dorthin es war nämlich umsonst. Es zog hinaus nur, es fiel nieder so: Plumps. Da Sippe-Tiere sie übertrieben Jubel so: Leguan es geworfen hat das Flußpferd. Wegen Schande von solchem nämlich das Flußpferd es machte Schluß mit Wohnsitz des Landes, es fing an zu wohnen nämlich im Wasser, so daß Sprichwort es ist für es so: Scham sie warf Flußpferd ins Wasser

Übersetzung:

Eines Tages wollten die Tiere wissen, wer von ihnen am stärksten sei. Dies ließ sie einen großen Festplatz säubern, um darauf das Ringfest zu halten.

Die Tiere kamen einzeln auf die Spielbahn und ließen ihre Brustmuskeln hüpfen (bei leichtem Tanz bringen sie durch kaum merkliche Armbewegungen eigentümliche Zuckungen der Brustmuskeln zuwege). Als der Elefant heraustrat, da bewegte er die ganze Luft um die Tiere und nahm den ganzen Kampfplatz für sich ein. Nach dem Elefanten trat auch das Flußpferd auf und tanzte, als hätte es schon den Sieg errungen (damals wohnte es aber noch auf dem Festland). Da kam der Leguan von seinem Herumstreichen eiligst dahergesprungen und meldete sich. Das Flußpferd wunderte sich, solch ein kleines schmutziges Tier vor sich zu sehen. Aber um der Schande zu entgehen, nahm es (die Herausforderung) an und sie beugten sich zum Ringen vor.

Der Leguan zeigte dem Flußpferd keine Blöße; schnell krallte er sich auf seinem Rücken ein und grub seine kräftigen Krallen tief ins Fleisch. Der Versuch des Flußpferdes, den Leguan von sich zu schütteln, war umsonst. Lang wogte der Kampf, aber schließlich fiel das Flußpferd mit einem Plumps! zu Boden. Da jubelte die ganze Tiersippe, daß der Leguan das Flußpferd geworfen habe. Da mußte sich das Flußpferd schämen, und es zog sich vom Festland zurück und siedelte sich im Wasser an. Nun hat man ein Sprichwort von ihm: „Die Schande warf das Flußpferd ins Wasser.“

{100 – 102}

Leopard und Affe (in Bali)

MO’53

nGu nyAM KA VU MA TAM KU LIN MA TUM WU’ BO, MBI’ YUM; YI BO FA I WE nDONG MU nTUM A KA KAM A. KANTI BI SA’ MIYA MO’ nKAN YU’ nDZO I NI mBU’ MA TAM WU’ nGO nTI’ I NI nyNYOli I nSUNG MBO i nGA nGU NU BU MA mBU’ BO mBO nSAM U U TUM!“ nGU- nyAM LE BUD MBO I nGA: „NGANG, U BO nNAli YUM n’GWE nKO’ mBO BO FA nTI YE NU mBUkäd NDU U BO“. BO TSU BUB, NKAN LE NALi SANG TI, nGU LE WE nDONG MU nKO’ mBI TSE kuMWI nKAN LE SUNG MBO i nGA: „MA’ti LA SANG TA!“ I KA „MA MA’ti SANG TU BONG BONG LA m’BO mMA’ti SANG TU n’DZO’ti nTSA’ NI NSONG MA BO NI KO e? I KA: „U LO’ NGA KO NI nDIB, U LO’ nKAA MA TAM a e?“ I Ka „TA’ Le n-DO’ mBim, n-TI’ nDze Bo Ko Ni Yo nTSA’, A Ni nSONG Ma a e?“ Bo nTsu BUB, SANG nKan Le BO NI BO nGU nYAM LE. Miya Miya MO’ muTSI nDA WU’ nDZO nDZO BO ni mMA’ni nTSU A nTO nTI’ YAB nSUNG MBO BO nGA „MO’ NU WU’ m’BO TA’ MA SUNG MBO BIN. BI BI’ni mBIM MBO MU nGA, BI nDAbti mBO MIN MA nTSA’“. I KA SUNG BUB MBI’ I KA TA’ MA LUNGu nKAN LE A. BO KA: „TSU LA!“ I BI BI’ni MA TSU, BO BI’ni MA LABti MBO MAB MA nTSA’ MIYA MIYA nKAN LE FI’ni MBO nGU LE NI nTEN. I BI NYU I, I WE TU nKO’. NU TSA nGU I KU’ mBUni nGA, I TO WE muTSI, I FUti I,. nyAM I FI’ni A; muTSI BO TEN MU BI nGO maNdZI DZUM.

[ursprünglich interlinearer Text:]

Irgendein Leopard-Tier war fallen in Grube, nicht vermögen zu herauskommen dort nicht, denn Ding, das imstande sein er faßt und baumelt damit und kommt heraus welches, war fehlen welches. Teil Zeit Länge wenig irgendein Affe hören wie er beim Brüllen in Grube dort und gehen und erscheinen ihm und intensiv betrachten ihn und sagen zu ihm und sagen: „Leopard, Lage deine nicht mit Schlechtsein nicht, und sein ich halten dich, du herauskommen!“ Leopard-Tier besagtes erwidern zu ihm und sagen: „Nein, du sein und herstrecken Ding, ich ergreifen und klettern und sein imstande sein, ich nicht tun Sache böse auf dich nicht“. Sie sprachen so, Affe besagter hinhalten Schwanz seinen, Leopard besagter fassen und baumeln daran und klettern empor. Und als ankommen auf Außenseite, Affe besagter sagen zu ihm und sagen: „Loslassen doch Schwanz meinen!“ Er sagen: „Zu loslassen Schwanz deinen gutsein gutsein; aber ich sein und loslassen Schwanz deinen, ich reinige Erde an Zähnen meinen denn mit was?“ Er sagen: „Du herkommen von und sagen was zur Zeit, du herkommen von und noch sein in Grube welche?“ Er sagen: „Eines besagtes, ich herkommen und zustimmen; ich jedoch und tun denn was mit dieser Erde sie an Zähnen meinen welche?“ Sie ständig sprechen so; Schwanz Affe besagter sein in Hand Leopard‑Tier besagtes. Wenig-wenig irgendeine Zwergantilope am Vorbeigehen dort und sehen, wie sie intensiv mit werfen mit Wort welches, und kommen und erscheinen ihnen und sagen zu ihnen und sagen: „Irgendeine Sache dort ich sein möchte zu sagen zu euch. Ihr anfangen und zustimmen zu mir und sagen, ihr dauernd schlagen oft Hände eure auf Erde.“ Sie war sagen so, weil sie war wollen zu retten Affen besagten. Sie sagen: „Spreche doch!“ Sie als anfangen zu sprechen, sie beginnen zu schlagen oft Hände ihre auf Erde langsam langsam. Affe besagter sich losreißen von Leopard besagtem und immerzu laufen. Er als verfolgen ihn, er fassen Baum und emporklettern. Sache übertreffen Leoparden, er genügend werden und umkehren und sagen, er kommen fangen Zwergantilope, sie betrügen ihn, Tier sein entreißen welches, Zwergantilope sein laufen vollenden sie und gehen Weg trocken.

Übersetzung:

Ein Leopard fiel in eine Grube und konnte nicht wieder herauskommen, denn es fehlte ihm etwas, daran er sich halten und herausziehen konnte. Kurz darauf hörte ein Affe, wie jener in der Grube brüllte. Er ging zu ihm, schaute ihn an und sagte; „Leopard, deine Lage ist nicht so übel; wenn ich dich halte, kannst du herauskommen“. Der Leopard erwiderte ihm darauf: „Nein, wenn du mir etwas reichst, dann fasse ich es und steige heraus; dann kann ich dir auch unmöglich noch Böses zufügen“. Als sie so gesprochen hatten, hielt der Affe seinen Schwanz hinunter, der Leopard ergriff ihn und stieg daran aus der Grube. Der Leopard kam aus der Grube, und der Affe sagte zu ihm: „Nun laß auch meinen Schwanz wieder los!“ Der Leopard sagte: „Deinen Schwanz loslassen, das ist schön, aber mit was soll ich dann die Erde von meinen Zähnen wegwischen?“ Er antwortete: „Was sagtest du denn, als du noch in der Grube warest?“ Er sagte: „Das ist schon richtig, was soll ich aber mit der Erde an meinen Zähnen machen?“ So sprachen sie hin und her; des Affen Schwanz aber war immer in der Hand des Leoparden.

Nach einer Weile kam eine Zwergantilope des Weges daher. Sie sah, wie sie zankten, ging zu ihnen und sagte: „Ich möchte euch etwas sagen; zuerst aber tut, was ich euch sage: Schlaget mit den Händen auf den Boden!“ Sie sagte so, weil sie den Affen retten wollte. Sie sagten: „Sprich doch!“ Sie fing an zu reden, und die anderen schlugen mit den Händen auf den Boden. Allmählich riß sich der Affe los und eilte davon. Als ihm der Leopard nachjagte, kletterte er geschwind auf einen Baum hinauf. Da konnte er ihn nicht weiter verfolgen und beim Umkehren sagte er: „Nun will ich die Zwergantilope packen, denn sie betrog mich, so daß der Affe entkam.“ Die Zwergantilope war aber auf einem trockenen Weg schon längst über alle Berge.

[Die folgenden „Unser-Vater“ und „Joh 3, 16“ sind im Original zwischen die S. 101 und 102 geheftet; ]

die Lautzeichen konnten nicht alle nachgestellt werden]

Unser-Vater

Das Unser-Vater in der Sprache der Kameruner:

Dùala: A tètenasu ne o mon. Dina longo di dubàbè; Jànè à longó di yè. Jemèà longó di bòlàbè o wasé kàna jenò o mon. Bòla biso da wengé kàna mina mesé. Nà làkise màwùse masú, kàna biso pe di màlàkìsènó màwùse ma ba ba máwùsàne biso. O si diele biso o màkèkisà`n ma bòbe; nde sunga biso onola bobe. Ebanja jànèà je nde longó naà nginà nà sesà bèbe besé. Amen.

Kosi: A Tìte àwed àwe de à mwin. Adon di`n a dubnèd. Nkàmlen mmon nhiâ^g. Nkwènten mmon mbòlè`n à nkòn nse, ngàne ndi a win. Bag se ndied oi ‘pe, ng´ane e’bine e’pun e’sien. Làysen se e’ pande e’ bed, ngàne se à ‘pe e se làysane abine àbe be panne se. We kwèntan sè se sidè à mèkèysen me mbeb; bànken sùn se àyole mbeb. Àyole nkàmlen nsièn nde mmòn nè nginè nè nsàynen pond’ esien. Àmèn.

Kùndu: I tàta asú wa yo ònwa. Dina ilabe di lingàbè. Diwelè ìlabe di yàkè. Delàbà ilabe di bèkèbè ò se bàna di yo ònwa, Bèke ise dida ninà bongò be ba mina mo màsusù. Siloa ise dusilasú, bÀna ‘ise lipè de fosiloa bangèà ba f’ usane ise. ò sa diakeleke ise màkèkà na bòbe, nde kòto ise òbòbe. Ede diwelè ai ‘yo be ilabe nà ngina nà dikombèà mgbèlè jo isusù. Amè`n.

Kpè (Kwiri): I tàt asú à weli ò mwanu. Lina longó li luwànè. Likàna longó li jè. Lemèà longó li gbèàvè ò se na o mwanu. Vè iue mòleli yàwano nà vèyû vèasé. Vè làkise màtòna masú na iso fe i làkise màòna ma hangà v’ etònana. Ò liele ò màkèkisànè ma wove. Nde ò èkòte o wòve. Evanji likànèà li weli ndi langg n’ ènginà nà lekà ngòmbe jasè. Amè`n.

Tonzeichen: ` tief, ‚ mittel, _ steigend, ^fallend, Hochtöne sind nicht bezeichnet; schließende Nasale sind silbig, also Tonträger.

Da phonetische Schreibweise gewünscht, ist Kenntnis der internationalen Lautwerte der fremden Buchstaben vorausgesetzt.

Johannes 3, 16

Johannes 3, 16 in einigen Kamerunsprachen:

1. Kosi wohnen um den Kùpe und Manèngùbà:

Ne Mwaname a dene nkò`n-nse â bayè mpòm nmus`n mwe â kè nse a dupe mo a bebe. bò`nken a kùde àlònge ken nè ken.

2. Kùndu wohnen westlich der nördlichen Mòngò-Hälfte:

Hacò ko Obàsè à lingaka osé àma à bekè mófolo ine na nanà àma bo bàsusù ba lube mo, ba taoiekè, nde ba fo bèke windà ònolo ca mgbo yo èsusù.

3. Nko`n (fälschlich Abo a Genitivpartikel, die Duala-Bezeichnung für die Nko`n) wohnen westlich des mittleren Wuri = Ewodi, zwischen Wuri und Mongo:

Ala Low-ngòn à dini mise la à bòn aso mue mu màn, la tò nje a duye e à ta bewe, bon a owel lònge di poyopòyò.

4. Duala, nach der Übersetzung 1898 und der neuen von 1956:

Ni`n-kà nde Lobà a tondinó wasé na to nja nu dube à bòli mpòm maó ma munà na to nja nu dube mo à si mànàma, nde à màbene lònge la bwindèà.

Fremde Lautzeichen: c=tsch, tj; n=ng (süddeutsch) guttur. n; n und ny = palat. n, f ist bilabial

Tonzeichen: Hochtöne sind nicht bezeichnet, auch schließender Nasal hat seinen Ton.

{102}

Die Wiedergabe des ersten christlichen Glaubensartikels in verschiedenen kameruner Sprachen will die Ähnlichkeit, aber auch die Verschiedenheit dieser Sprachen zeigen. Sehr deutlich wird, daß das Bali und das Bekom zu einer anderen Sprachengruppe gehören als die übrigen Bantu-Sprachen.

1. Duala: Na dube Loba tete, nyangum, muweked’ a mony na wase.

2. Bankon: Nduye Low Ngon tata, nungum, mfega-low ni si.

3. Bakwiri: Na loke Ovase tate, wa ngum, emowekeli wa mwangu na ese.

4. Bakosi: Ndupe Diob tite, a ngum, ngheg a mwia ne se.

5. Bakundu: Ndube Obase tate, wa mataka masusu, mokeme – ona na ose.

6. Banyangi: Noko Mandem Eta, ane betang, ngoko mfae ne mek.

7. Bekom: Ma bimi ku bimi Fuyini be, fiia fu ti bom iyu nu mbii djum.

8. Bali: M’bim Nyikob ba, mbu ‘timvi, ngang-nebti nindöng bo nsi.

Jeder, der sich in Kamerun mit ungeschriebenen und unerforschten Sprachen mühte, in ihre Regeln die ersten Gänge und Stollen graben mußte und durfte, wird die Empfindung haben: Obwohl diese Sprachen auch Formen und Möglichkeiten des Ausdrucks besitzen, die er noch nicht erkannt hat, sind sie doch imstande, den Gedanken unserer Sprache Ausdruck zu geben, und er wird bestätigt gefunden haben, wie solche fremde Sprache gerade dafür zeugt, daß der Geist, dem diese Sprachen ihren Ursprung verdanken, verwandt, ja gleich ist dem, der hinter unserer Sprache steht, und daß trotz des großen Rassenunterschiedes eine Einheit „Mensch“ besteht.

(3) Proben kameruner Märchen Sprachgutes

Wer den Kameruner wirklich kennenlernen will, muß ihm zuhören und zwar nicht in einer europäischen Sprache, auch nicht im Kauderwelsch des Neger-Englisch, sondern in einer Eingeborenensprache; er muß auch nicht nur des Negers Antwort auf seinen Fragebogen hören (denn dabei kommt es diesem nicht darauf an, den Tatbestand wirklich zu erhellen, sondern er fragt sich: Was hört der Frager gern und wie werde ich ihn am schnellsten los?), sondern man muß ihn reden hören, wenn er sich unbeobachtet weiß und ohne Argwohn und Nebengedanken sein Innerstes offenbart. So wird sich der Forscher eben Zeit nehmen müssen, seine Märchen, Sagen, Schnurren, Überlieferungen, Gesänge anzuhören, sich an seine Sprichwörter zu gewöhnen, den Äußerungen seiner Kult- und Rechtssprache zu lauschen. Dabei gilt es auch zu beobachten, wie erzählt wird, wie durchs Sprichwort und Gleichnis belehrt, gewarnt, erzogen werden soll, wie Schwänke zum Lachen anregen und wie Mythologisches Furcht und Freude ruft. „Gehst du nicht zur Kelter, Öl- Ölkelter, so wirst du auch nicht schmierig“; darum berühren wir auch hier das Schmutzige nicht.

Wir geben nun von den verschiedenen Literaturarten einige Proben; vgl. daneben auch S. 24b, 32ff., 35, 46f., 84ff., 88ff., 97ff., 145ff.

1. Im Tiermärchen spielt besonders eine Rolle das Schildkrötenmännchen, als listenreicher Schlaumeier ist es bald Richter, bald Orakler; letzteres ist oft auch die Spinne, deren größte Art, die Vogelspinne Vogelspinne, auch im Leben als Orakel Orakel gebraucht wird. Das Zwergantilopenmännchen ist als schlauer Betrüger unserem Reinecke Fuchs zu vergleichen; der Elefant ist, plump und gewaltig, der Herrscher der Tiere, während dem gefürchteten Leoparden die Rolle des dummen Tollpatschen zufällt; das gescheute [wohl ironisierende Verballhornung von „gescheit“] Chamäleon Chamäleon muß Aschenbrödel spielen.

{103} Es gibt Märchen, die nicht Gleichnisse sind, sondern Erklärung geben wollen über die Entstehung gewisser Eigenschaften der Tiere u. a. Es sind also rationalisierende Märchen; einige ihrer Themen: Warum fliegt der Flughund nachts? Warum ist die See salzig? (vgl. S. 33e) Was sucht das Schwein auf dem Abfallhaufen? Warum summen die Moskitos den Menschen um die Ohren? Warum nickt die bunte Eidechse beständig mit dem Kopf? u. v. a. Ein Beispiel:

Warum kocht der Schimpanse nicht mehr seine Nahrung?

Es wird gesagt, daß Schimpanse und Mensch von einem Vater herkommen. Die Trennung kam, als eines Tages der Schimpanse mit seinem Bruder Mensch zum Fisch und -fang Fischfang ging. Sie kamen an den Fischgrund und errichteten sich am Ufer provisorische Fischerhütten, und jeder sammelte für sich einen Holzstoß. Nach dem ersten Fang zündeten sie das Feuer an, um die Fische zu räuchern. Da sagte der Schimpanse verächtlich zu dem Menschen: „Deine Dinger von Holz da sind ja nicht recht trocken; das Feuer wird bald wieder ausgehen; da habe ich doch anderes Holz, das wird lichterloh brennen, bis der Tag graut.“ Als es am Abend Zeit war, hinauszufahren und die Netze auszuwerfen, zündeten sie ihr Feuer unter den Räucherrosten an und gingen, ohne daß jemand nach dem Feuer sehen konnte. Als sie am Morgen mit neuem Fang zurückkamen, da glühte das Feuer des Menschen immer noch, das des Schimpansen aber war längst verloschen. Da mußte der Schimpanse einsehen, daß sein Eigenlob eitel Dummheit war; er schämte sich, trennte sich von seinem Bruder und verzog sich weit in den Wald, wo es kein Feuer gibt. – Bis auf den heutigen Tage breitet der Schimpanse die gefangenen Fische aus, wenn die Sonne aufgegangen ist. Sind sie etwas knusprig geworden, so verzehrt er sie und denkt, sie seien durchgebraten.

Andere Tiermärchen aber sind Gleichnisse und wollen Eigenarten der Menschen malen, deshalb werden die Tiere in ihnen auch durch einen kleinen grammatischen Zug, vgl. S. 96, personifiziert, als wären es Menschen. Ein großer Teil von ihnen zeigt, wie durch Untreue, Betrug, Unachtsamkeit u. a. Fehler aus guter Freundschaft54

bittere Feindschaft entsteht. Welch eine Mannigfaltigkeit von menschlichen Verschlingungen und Verkettungen schildern diese Märchen! Warum leben Tiere und Menschen in Feindschaft? Warum holt der Habicht die Hühnchen? Warum verfolgt der Leopard die Zwergantilope? Statt vieler anderer nur ein Beispiel:

Milan und Huhn

Früher bestand keine Feindschaft zwischen Huhn und Milan; sie ist aber gekommen, weil der Milan den Tod seines Kindes am Huhn rächen will. Das kam aber so: Des Milans Kind namens Ewane war von sehr schwerer Krankheit befallen. Da sagte man dem Milan: Die Grille versteht sich auf Medizin, schicke nach einem ihrer Mittel. Das tat der Milan, und die Grille machte sich auf, das kranke Kind zu sehen. Kaum aber war sie aus ihrem Loch herausgekommen, da begegnete ihr das Huhn. Das pickte sie kurzerhand auf. In seinem Haus aber wartete Milan vergeblich auf den klugen nganga und weil keine Hilfe kam, starb der kleine Ewane am Abend. Da wurde der Milan sehr zornig und sagte: Das hat mir das Huhn angetan; ich werde aber auch nicht ruhen, bis ich mein Kind an ihm gerächt habe; wir werden uns treffen bei sommerlichem Feldbrand.

Wenn nun zu Beginn der Trockenzeit auf den Äckern Holz und Unkraut verbrannt wird, da kommt auch das Huhn und sammelt mit seinen Jungen Käfer. Aus dem dicken Rauch aber stoßen auch die Milane herab, ergreifen junge Hühnchen und eilen mit ihnen davon. Dabei singen die Milane: Fii yoo, fii yoo?, d. h.: Du Huhn, wo ist mein Ewane? Du bist schuld am Tod meines Kindes, aber jetzt räche ich es!

Lehrspruch: Ein böses Herz pflegt zum Tod zu führen.

{104} Wieder andere wollen die Weisheit der Kleinen zeigen gegenüber dem unbeholfenen Großen und Starken; List, Können und passiver Widerstand läßt einen Geringen den äußerlich Überlegenen überwinden. Statt eines Märchens von Leopard und Zwergantilope, wo immer neue Episoden die List des kleinen Springers offenbaren, nur ein kurzes:

Warum sind denn die Frösche immer am Frohlocken?

Der Elefant hatte alle Tiere zum Ringfest auf seinen Hof eingeladen. Die Säugetiere standen am einen, die Frösche am anderen Ende des Hofes. Der Elefant trat heraus in des Hofes Mitte und forderte zum Kampf auf. Da kam von der anderen Seite ein Frosch in großen Sprüngen und meldete sich zum Kampf. Bevor sie sich nun zum Ringen einander zuneigten, da warf der Elefant dem Frosch verächtliche Blicke zu und verlachte die ganze Gesellschaft der winzigen Frösche. Der Frosch aber sagte dem Elefanten ganz ruhig: „Ich fürchte dich durchaus nicht; komm nur her, daß wir ringen!“

Sie stellten sich nun einander gegenüber und der Frosch sagte: „Elefant, du bist zu hoch, bükke dich nur etwas nieder; geh in Kniebeuge, so kann das Ringen beginnen!“ Da ging der Elefant in Kniebeuge, der Frosch aber machte einen Sprung, setzte sich auf des Elefanten Schultern und rief: „Elefantenriese, du bist also unten!“ Und die ganze Froschgesellschaft frohlockte mit lautem Hallo: „Ho hi ho! Der Elefant ist unterlegen!“ Und sie ließen die anderen Tiere mit ihren Einwänden gar nicht zu Wort kommen, und riefen: „Das Ringfest ist zu Ende, denn euer Stärkster ist unterlegen, also sind wir auch stärker als ihr!“ Und dieses Jubelgeschrei der Frösche ist bis heute zu hören.

Lehrspruch: Ein Witziger übertrifft leicht einen Großen.

2. Moralische Erzählungen haben zwar auch vielfach Tiergestalten als Darsteller und könnten daher der vorigen Gruppe zugezählt werden. Manche dieser ausdrücklich der Belehrung dienenden und guten Rat gebenden Märchen haben aber auch andere als Tierfiguren, so daß diese Moralerzählungen auch anderen Gruppen eingeordnet werden könnten, wie ja überhaupt allen Märchen eine pädagogische Spitze eignet, auch wenn wir Europäer diese nicht schnell finden. Ein Beispiel:

“Mein Unglück hängt mit der Schirrantilope zusammen.“

Es war einmal ein Sklave, der verschiedentlich in andere Hände gekommen war. Wenn er wieder einen neuen Herrn gefunden hatte, pflegt er nicht untätig herumzusitzen, sondern ging in den Wald, um seinem Herrn ein Wildbret zu erlegen. Aber jedesmal, wenn er auf dem Pirschgang seinem Herrn eine Schirrantilope erjagt hatte, wurde dieser dem Sklaven gram und verkaufte ihn an einen anderen Mann und Ort. Denn jedesmal aß der Herr nicht gern Antilopenfleisch. So kam es, daß der Sklave nirgends heimisch wurde; schon fünfmal hatte er die Herrschaft gewechselt.

Als er nun den sechsten Herrn bekam und für ihn zur Jagd ging, da stieß er auf eine Schirrantilope. Er ließ sie aber springen und sagte: Ich schieße keine Schirrantilopen mehr, denn gerade sie töten mich (= bringen mich ins Unglück).

Darum sei vorsichtig! „Bist du mal von einer Schlange gebissen worden und siehst einen Regenwurm, so fürchtest du dich“.

{105}

3. Als Glücksmärchen steht folgendes hier:

Ein Mann hatte zwei Söhne; er war arm und hatte nichts, sie zu ernähren. Da sagte er eines Tages zu ihnen: Ihr seid nun etwas herangewachsen, darum gehet und sehet, wie ihr euch durch eigene Arbeit hindurchbringet! Er gab jedem zwanzig Pudding (in Blätter gekochter Bohnenbrei, gewürzt mit Salz, Pfeffer und Öl) und sie gingen, um sich Arbeit zu suchen. Unterwegs sagte der Ältere zum Jüngeren: Wir wollen zuerst dein Bündelchen aufzehren; du bist noch jung; wenn du immer tragen mußt, wirst du krank. Das war dem Kleinen recht. So verzehrten sie die Speise des Jungen und nach acht Tagen war sein Säcklein leer.

Als der Jüngere nun wieder hungrig war, sagte er zum Älteren: Gib mir zu essen, ich habe Hunger. Der aber erwiderte: Wenn du etwas haben willst, so gib mir dafür ein Auge, ich kann dirs ausstechen. Der Jüngere bat, aber es half ihm nichts. Der Hunger wurde immer stärker und zuletzt sagte er: Stich mir das Auge aus, wenn du magst; aber gib mir etwas zu essen. Da stach der ältere seinem Bruder das Auge aus mit einem großen Nagel und der jüngere erhielt ein kleines Essensbündelchen. Der aß und vor großem Schmerz weinte er: Wir beide kommen aus einem Heim, unser Vater gab uns beiden Pudding mit auf den Weg. Nun hat der Bruder meinen Teil verzehren helfen; von dem seinen aber gibt er mir nur gegen eines meiner Augen.

Nach dieser Wehklage gingen sie weiter. Nach zwei Tagen war der Jüngere wieder hungrig und bat seinen Bruder um Essen. Dessen Antwort aber war: Ich gebe dir nichts, außer du gibst mir auch dein anderes Auge. Er wollte zunächst nicht, aber der Hunger ward übermächtig und zuletzt sagte er: Stich auch das andere Auge aus, nur gib mir Essen! Und der ältere stach dem Bruder das zweite Auge aus, ließ den blinden Bruder sitzen und zog weiter. Bald fand er einen, der ihn als Fadendriller in Arbeit nahm. Der Jüngere saß mit seinen Schmerzen am Weg und wehklagte. Da kamen Frauen daher; sie sahen den Burschen in seiner Not und fragten ihn: Was klagst du denn? Und er erzählte: Vater hat uns zwei auf Arbeitssuche geschickt und hatte uns Nahrung mitgegeben. Mein Bruder aß das meine mit auf; als er aber auch das seine mit mir teilen sollte, da verlangte er meine Augen im Austausch. So habe ich meine beiden Augen verloren. Da sagten ihm die Frauen: Klage nicht mehr wegen der verlorenen Augen, wir helfen dir! Und sie gingen an den Rand des Waldes, pflückten heilkräftige Kräuter, kamen und tropften ihm den Saft in die Augenhöhlen. Dieses Mittel war sehr scharf und bereitete dem Jungen große Schmerzen. Zuletzt schlug er wieder die Augen auf und er konnte sehen. Beim Abschied sagten ihm die Frauen: Wie wir dir nun geholfen haben, so nimm dies Mittel und gehe zum König in der nächsten Stadt; er ist blind; tröpfele ihm das Mittel in die Augen und er wird dich reich machen.

Der Junge machte sich auf den Weg. Er traf auch seinen Bruder, der ihm die Augen ausgestochen hatte; er saß da und drillte Fäden; und er ging ohne ein Wort zu sagen an ihm vorüber. Zuletzt kam er auch an den Ort, da der König wohnte. An der Pforte sagte er zu den Wächtern: Ich möchte den Herrn dieses Hauses sehen; diese aber gaben ihm zurück: So ein kleiner Knirps wird bei unserem Herrn nicht zugelassen. Der Kleine aber ließ sich nicht abweisen und sagte: Ich habe für euren Herrn etwas, das ihm gut tut. Die Wächter aber fingen an den Knaben zu schlagen, daß er zusammenbrach. Des Königs Frau hörte den Lärm, kam und wies die Wärter zurecht und nahm den Jungen mit zum König. Der Junge grüßte, aber der König konnte ihn nicht sehen, denn er war blind. Darum sagte der Junge: Herr König, ich hörte daß du blind bist, darum komme ich, deine Blindheit zu heilen.

Der König staunte, denn er war schon viele Jahre blind und niemand hatte ihm helfen können. Da wünschte der Knabe, daß Decken und Matten auf den Boden gelegt werden; darauf legte sich der König und der Junge tröpfelte ihm seine Arznei in eines der blinden Augen. Das bereitete dem König solch rasende Schmerzen, daß er sich auf dem {106} Boden wälzte und so laut schrie, daß die Wächter herbei eilten und wieder auf den Jungen losschlugen. Da schlug der König das Auge auf und konnte sehen. Der wies die Wächter zurecht, daß sie von dem Jungen ließen. Er tröpfelte auch ins andere Auge seine Tropfen; wieder wälzte sich der König vor Schmerz schreiend auf dem Boden; wieder schlugen die Wächter den Jungen grausam und wiederum verwies ihnen der König das, denn als er das andere Auge öffnete, konnte er auch mit diesem sehen. Da sagte der König: Daß mir ja keiner mehr diesen Jungen schlägt! Nun kann ich sehen wie ihr, aber ich glaube, das wolltet ihr gar nicht, darum habt ihr diesen Menschen so geschlagen. Die Wächter aber erwiderten: Ach nein, Herr König, wir taten dies, weil der da dich töten wollte! Der König aber sagte: Nein, nein, sondern ihr sollt getötet werden, weil ihr meinen Wohltäter so mißhandelt habt. Und er rief anderen Leuten, die seine Wächter gefesselt abführen mußten. Seinen Wohltäter aber machte der König sehr reich, er gab ihm auch seine Tochter zur Frau. Später zog der junge Mann wieder in seine Heimat.

4. Die Menschenfresser-Märchen stellen das Verschlingemärchen Verschlingemotiv dar. Ein Held tritt auf, der das Ungeheuer überwindet und die verschlungenen Menschen in Freiheit setzt. Die Befreiten teilen sich in zwei Gruppen: die hellfarbigen, die in den Himmel Himmel gehen, und die Schwarzen, die hier auf Erden wohnen. Dies zeigt deutlich, daß diese Erzählungen entstanden, ehe die Europäer in den Gesichtskreis der Leute traten. Ein interessanter Zug ist auch, daß das Ungeheuer vor seinem Tod rät, sein Fleisch nicht zu kochen. Als es aber doch gekocht wurde, da wandelte es sich in Fels und Stein und so sind aus ihm die Berge geworden.

Das Folgende ist eine Parallele zu unserem „Der Wolf und die sieben Geißlein“, hat aber so typisch kameruner Züge, daß nicht anzunehmen ist, daß die Eingeborenen das Märchen von uns übernommen haben, vgl. auch S. 47.

[das angekündigte Märchen fehlt, dafür Hinweis:] vgl. Verschlingemärchen in: Afrika und Übersee XXXV[I], 1952] S. 17ff.]

{107}

5. An Kulturmärchen scheinen die Kameruner arm zu sein; wie alles andere hat man auch die Kultur von den Ahnen übernommen. Nur vom Feuer Feuer erzählen verschiedene Märchen, wie es vom Hund aus dem Hades gestohlen und den Menschen gebracht wurde. Ein solches ist das folgende:

[stenographische Bemerkung; ca. 10 Zeichen]

{108}

Manche der Märchen gleichen den unseren, nur haben sie andere Darsteller, z. B. den Wettlauf übernehmen in Kamerun Schildkröte und Schirrantilope statt Swinegel und Hase.

Fast alle Märchen haben eine moralische Pointe und selbst dort, wo sie im Märchen selbst fehlt, pflegt der Erzähler eine Moral Moral, meist in Form eines Sinn- oder Lehrspruches, am Schluß beizufügen. Besonders die auf S. 35, 145ff. mitgeteilten Überlieferungen zeigen, daß dem Kamerun[er] hinter dem Getriebe der Menschen eine höhere Macht waltet, die sich darum kümmert, wie sich der Mensch zum Mitmenschen stellt. Fehlt dieser Zug den mehr rationalisierenden Märchen auch, so wissen doch Erzähler und Zuhörer: Diese Macht ist vorhanden und waltet auch über den durch die Märchen versinnbildlichten guten und schlechten Taten der Menschen. Märchen

{109}

(4) Die Sprichwörter55

Der Sprichwörter und Sinnsprüche in Kamerun sind Legion. Vor mir liegt ein Band mit rund 1500 Nummern, der bei den Bakundu gesammelt [worden] ist.56

Die Kenntnis der Sprichwörter ist wichtig für jeden, der sich im kameruner Volkstum einleben will. Dem Sprachforscher erschließen sie die herkömmliche Sprache; sie sind ein Stück der überlieferten, wenn auch ungeschriebenen Literatur. Sie zeigen ihm Form und Kunst der Sprache. Dem Volkskundler sind sie ein Spiegel der Volksseele. Und wie wollte ein Missionar ohne ihre Kenntnis seine Botschaft in volkstümlicher Weise verkündigen? Ihr Inhalt und Sinn gibt in kraftvoller Sprache und bildhafter Art tiefe Gedanken wieder. Kurz und knapp fassen sie die Meinungen des Volkes über einen Vorgang, der sich im menschlichen Leben unendlich oft wiederholt, in einem leicht behältlichen Sinnspruch zusammen, der wegen seines bildhaften Ausdrucks die Aufmerksamkeit auf sich zieht und leicht behältlich ist. Dem Psychologen zeigen sie, wie der Eingeborene beobachtet, und daß er scharf beobachtet, und wie er die Vorgänge der äußeren Welt ins Gebiet des Seelenlebens überträgt und beides verknüpft. So sind sie ein Zeugnis dafür, daß der Kameruner nicht stumpf und gleichgültig durch die Welt geht und daß er die Güter der Natur betrachtet nicht nur als Materialist, sondern auch als Dichter, dem seine Umgebung ein großes Bilderbuch ist für seine eigenen Seelenvorgänge.

An einigen Beispielen sei gezeigt, wie solche Sprüche entstanden sein mögen:

Der Fischer aus Duala geht den Fischzügen nach und kommt so oft bis in die Gegend, wo der kameruner Fluß in den Ozean mündet. Das sind etwa 12 km, und die wollen gerudert sein. Darum ist es gut, wenn er während seines Fanges da draußen auch hie und da vorsichtig nach den Wolken schaut, und im Sprichwort Sprichwort mahnt die Erfahrung zur Vorsicht und Voraussicht: „Fängst du Garnelen am Mutangadi (Gegend in der Nähe von Kap Kamerun), so schaue nach den Wetterwolken im Westen.“

Hausbrände entstehen dadurch, daß das Herdfeuer nicht bewacht wird. So brennen oft ganze Ortschaften nieder, z. B. das Fischerdorf Bamusó im Jahre 1938 dreimal, weil die trunkenen Fischer bei ihren nächtlichen Feuern in der Fischräucherei eingeschlafen waren. Oft entstehen auch solche Brände, wenn die Dorfleute draußen im Feld sind und ein unbewachtes Feuer zurückgelassen haben. Da gehen die Gedanken der besorgten Ackerbauern oft nach Hause; besonders wenn die Mahnung des Sprichwortes unbeachtet blieb: „Hast du kein Feuer zurückgelassen, fürchtest du auch keinen Brand.“; dagegen: „Ein Dorf, in dem Leute zurückgeblieben sind, brennt nicht ab.“

Die Fluß- und Meeresanwohner tun gut {daran], sich für ihre Fahrten Ebbe und Flut dienstbar zu machen. Nur ein Fauler wartet, bis das Wasser seinen Hochstand erreicht hat, um dann schnell mit seinen Vorbereitungen zu beginnen. Denn das Wasser ist schon zu einem großen Teil wieder abgelaufen, bis er endlich im Kahn sitzt und sein Ruder ihn der schwächer werdenden Strömung zutreibt. Ein kluger Mann trifft seine Vorbereitungen so, daß er den ganzen Strom der Ebbe oder Flut nützen kann. „So lange das Wasser noch steigt, mußt du dein Boot in das Wasser schieben“, wird ihm zur Mahnung, jegliche Vorbereitung rechtzeitig zu treffen.

Das Land der Bo (sie selbst nennen sich Bankon) wird vom Bo- (fälschlich Abo-) Fluß durchflossen; sein Wasser stammt aus den Tälern jenes Gebiets und ergießt sich in den Wuri-Fluß etwa 15 km oberhalb Duala. Ebbe und Flut ist in diesem Flüßchen zu merken, so weit es mit Kähnen befahren werden kann, aber die Strömung geht hier ohne Sturm und Wellen vor sich, so daß die Fahrt völlig ungefährlich scheint. Aber gefallene Baumstämme lauern gefahrdrohend in den dunklen Tiefen des gewundenen Flüßchens und mancher unachtsame Steuermann ließ schon sein Boot auf einem solchen Stamm umstürzen. Wenn einer jemanden vor trügerischer Sanftmut und Stille warnen will, sagt er nur: „Die Stille des Bo-Flusses“.

Im breiten Flußlauf bauen Ebbe und Flut eine Sandbank. Allmählich wird sie höher, und noch ehe sie auch bei Flut über die Wellen schaut, siedeln sich auf ihr Wasserpflanzen an, vor allem Wasserlilien. Haben sie {110} einmal Wurzel gefaßt, so geben sie allerlei Ablagerstoffen Halt und die Sandbank wird rasch größer. Aber die Herrschaft der Lilien auf dem Neuland ist nicht auf Dauer. Auch die eigentümlichen langen Früchte der Mangroven bleiben dort hängen und senken ihre Wurzeln in den weichen Boden. Langsam wächst das Bäumchen mit hartem Stamm und taninhaltiger Rinde in die Höhe, und eins neben dem anderen bedecken sie mit ihren stelzenartigen Wurzeln den ganzen Boden und ihre belaubten Äste ersticken alles andere Pflanzenleben unter sich. Nur am Rande des Mangrovendickichts stehen noch einige der ersten Sandbanksiedler, als sollten auch sie bald ins wogende Wasser gestoßen werden. Dieser Vorgang wird zum Bild für Leute, die eine Sache begonnen und mit aller Hingabe gefördert haben, dann aber von anderen verdrängt werden: „Die Wasserlilien begannen mit der Sandbank, nun gehen sie bei den Mangroven auf den Bettel.“ Wie oft mag nach 1918 dieses Wort auf die deutsche Arbeit in Kamerun angewendet worden sein!

Ein beliebtes Nahrung Nahrungsmittel ist der nahrhafte Yams. Ein tiefes Loch wird gegraben, damit sich die gewaltige Knolle leicht entwickeln kann, und damit sie habe sich zu entwickeln, werden allerlei Pflanzenreste, Asche u. a. in die Erde der Grube gemischt. Dahinein pflanzt man das Yamsauge, das nach unten und oben treibt. Der Trieb nach oben ist eine kräftige Ranke, die eine Stütze braucht, um in die Höhe zu kommen. Darum fügt man zu den Stecklingen Stangen oder bindet die Ranke mit einer Schnur an einen überhängenden Baumast. Sie gehören nun unzertrennlich zusammen; Ranke und Stange, wie zwei Ehepartner oder Freunde, oder wie es in anderen menschlichen „Bindungen“ sein soll. Der Yams und seine Rankenstange wird zum Bild solcher Zusammengehörigkeit und man sagt: „Ohne Stange kann der Yams nicht klettern“ oder „Yams und Stange sind wie Finger und Nagel“.

Will der Eingeborene Palmöl gewinnen, so werden die Ölnüsse gekocht und dann die weichgewordene faserige Ölhülle in einem Trog durchstoßen mit einem Prügel oder [durch] Stampfen mit den Füßen abgequetscht. Am unteren Ende dieser primitiven Kelter, Öl- Kelter sitzt einer, der immer wieder Wasser auf die Nüsse gießt, um das heraustretende Ölfett wegzuspülen; dieses rinnt in ein Wasserloch und wird dort abgeschöpft und durch Kochen in das geschätzte Palmöl verwandelt. Das Ölfett schwimmt so gleichmäßig auf dem Wasser, daß es leicht den Schein erweckt, das ganze Loch sei des Fettes voll, wo doch das meiste Wasser ist. Solche Grube bei der Ölkelter gleicht einem unlauteren Freunde, der besser scheint, als er ist, und man warnt vor ihm mit: „Wasser unten, Ölbrei oben.“

Die fetten, oft daumengroßen Grillen gelten bei Kindern und Erwachsenen als leckere Speise, darum gräbt man ihnen nach. Ihr Schlupfloch erkennt man leicht an dem darüber befindlichen kleinen Erdaufwurf. Die Grille wird zum Bild für Menschen, die durch ihr eigenes, oft sehr törichtes Tun sich selbst Schaden und Verderben zuziehen; von ihnen gilt: „Die Grille gräbt ihr eigenes Grab.“

Die feigenartigen Früchte einer Epiphyte sind Vögeln eine beliebte Speise. Sie bringen die kleinen Samenkörner auf andere Bäume, wo sie ausschlagen, Wurzeln in den Boden schicken und erstarken. Dabei umschlingen sie ihren Hauswirt mit immer stärker werdenden Armen, so daß ihm schließlich das Lebenslicht ausgeht. So geschieht es ja auch oft im Menschenleben, wo Undank der Welt Lohn ist; und im Bild sagt der Kameruner: „Die Würgefeige tötet ihren Hauswirt“ oder im Gedanken an sie: „Der Sklave brachte seinen Herrn um.“

Wer auf den Markt geht, um große Kalebassen zu kaufen, prüft ihre Reife und Haltbarkeit, indem er sie mit den Fingerknöcheln beklopft. So gibt er dem Gefäß aus Liebe zu ihm Kopfnüsse. Auch im Menschenleben ist in mancherlei Weise zu beachten, wie Liebe und Schmerz oft beieinander wohnen, wie man geliebten Menschen oft Kummer und Mühe bereiten muß, wie Liebe oft im Leid endet. Im Bild gibt er diese Erfahrung wieder mit: „Liebe zur großen Kalebasse. Man lobt sie und gibt ihr Kopfnüsse.“

Bootsleute kommen mit dem Kanu von der Fahrt zurück, ziehen es aufs Land und legen es kieloben um. So kann sich kein Wasser darin sammeln. Nun sieht man aber dem Kiel nicht an, welche Fahrt hinter ihm liegt; und was er {111} dabei erfahren [hat], hört niemand. Dem, der ein Geheimnis zu bewahren hat, stellt man nun den Bootskiel als Vorbild vor Augen: „Des Kahnes Kiel erzählt nichts von dem, was in der Tiefe des Strudels vor sich ging.“

Es gibt delikate Aufgaben, die nur mit der größten Vorsicht zu lösen sind, soll nicht die ganze Sache zuschanden werden. Dafür ist die Jagd nach Palmengerlingen ein Bild. Diese Maden des Palmbohrers, größer als unsere Engerlinge, bohren sich in die Palmstämme ein und leben dort von dem süßen Saft. Als Leckerbissen sind sie bei den Kamerunern beliebt und man stellt ihnen nach. Dabei muß man aber behutsam zu Werke gehen, sonst zerreißt man sie. Darum ruft man einem Tollpatsch, der mit der Tür ins Haus fällt oder im Unverstand erzwingen will, was nur kluge Vorsicht erreichen kann, zu: „Sachte, sachte zieht man die Palmengerlinge aus dem Loch.“

Eine Sippe bewohnt einen Hof mit mehreren Häusern. Dort kann sich jedes ihrer Glieder als ein Freier unter Freien fühlen; dort ist ihm erlaubt, was ihm sonst nicht gestattet ist. Darum rät man einem Bescheidenheit in der Fremde an mit dem Wort: „Freiheit ist nicht auf zwei Höfen gestattet“ oder unter Wechseln des Bildes: „Der Hahn kräht nicht auf dem Hof anderer Leute.“

{112}

d. Wie findet sich der Missionar mit dem Sprachgut der Kameruner zurecht?

Es ist bekannt, wie die Verbreitung der griechischen Sprache in den Ländern um das Mittelmeer, besonders um dessen östliche Hälfte, den Gang des Evangeliums und sein Verständnis vorbereitet hat; und man weiß, wieviel schwieriger die Missionsarbeit in den Ländern der Primitiven ist als in den Ländern, dahin das Evangelium in den ersten drei Jahrhunderten kam. Man denkt dabei vor allem, daß etwa Paulus und seine Schüler überall verstanden wurden, wenn sie sich in griechischer Sprache an ihre Zuhörer wandten. Aber nur wer sich praktisch auf heutigen Missionsfeldern unter Primitiven um deren Evangelisierung bemüht, weiß ganz um die Schwierigkeiten, die die ungeheure sprachliche Zerrissenheit bildet unter der Menge der kleinen, eigensprachigen Stämme. Wieviel Übersetzerarbeit ist da nötig; und wieviele Mißverständnisse möglich! Aber nicht nur für die Sprache hat der Siegeszug Alexander des Großen Bahn gebrochen. Es entstanden auch gemeinsame Ideen und Vorstellungen, an die angeknüpft werden konnte. Auch hier ist der heutige Missionar im Nachteil, wenn auch nicht so sehr, wie es manchem scheinen mag. Denn mögen sich gewisse Anschauungen und daraus erwachsende Gebräuche von Landschaft zu Landschaft ändern, die Grundideen sind doch weithin die gleichen. Ja, sie stimmen vielfach überein mit Zügen der primitiven Religion unserer Vorfahren, die dem Missionar auch nicht ganz fremd sein sollten. Jedenfalls muß der Missionar diese Grundzüge kennen, soll sein Wort verstanden werden.

Sehen wir einmal von der eigentlichen Religion ab und sehen wir uns das Sprachgut an, so finden wir zunächst, daß eine Negersprache ungefähr über alle Sprachmittel und Möglichkeiten der Ausdrucksverbindungen verfügt, wie wir sie in unseren europäischen Sprachen haben. So bespricht eine moderne kameruner Grammatik57 folgende Satzarten: Aussage-, Befehl-, Ausrufe-, Wunsch-, Fragesätze; mancherlei Arten zusammengezogener Sätze, dabei solche, die koordiniert, andere die subordiniert sind; unter den letzteren sind zwei Arten Relativsätze; dazu Final-, indirekte Fragesätze-, reale und irreale Konditionalsätze, reale und irreale Konzessivsätze; dann wieder eine Gruppe „Satzgefüge“ mit Verbalformen, die uns zunächst ganz fremd sind. – Infolge der Formenarmut des Bali im Grasland ist dort die Syntax noch reichhaltiger als eben dargestellt.

Schon diese Satzgruppen zeigen, daß der Denkvorgang bei dem Kameruner nicht wesentlich anders sein kann als bei den Kulturvölkern. Die im vorstehenden Abschnitt, aber auch sonst im Buch angeführten Sprichwörter und Märchen zeigen aber auch, daß der Neger nach ähnlichen Normen wie wir menschliche Handlungen beurteilt, ob sie gut oder schlecht, recht oder unrecht sind. Seine sittliche Beurteilung unterscheidet sich von der unsrigen nicht wesentlich. So ist der Pioniermissionar oft überrascht, daß er schon Formen vorfindet, in denen er seine Botschaft ausdrücken kann, und je mehr er von der Meinung frei ist, als sei das Evangelium eine europäische Angelegenheit und als seien die Ausdrucksformen, die das Evangelium in seinem heimischen Kirchenwesen gefunden [hat], die allein möglichen, desto feiner wird sein Ohr für die Möglichkeiten christlichen Ausdrucks, die er in der Eingeborenensprache findet. Ebenso wird er auch leicht Wege finden, um neue Ausdrücke zu formen, die die christliche Botschaft nicht entbehren kann.

Je mehr in vertrauensvoller Weise zwischen weißem Evangelisten und eingeborenem Gehilfen – die beide und doch jeder auf seine Weise vom Evangelium ergriffen sein und es innerlich verstehen müssen – zusammengearbeitet werden kann, so daß für sehr viele Fragen nicht der Europäer, sondern der Eingeborene der Meister ist, desto besser mag die Übertragung des Neuen und Alten Testaments und der darauf fußende Volksunterricht gelingen. – Die ungeschriebene Literatur der Stämme in Spruch und Sage erleichtert die Übertragung des Evangeliums auch darum, weil dieses nicht Philosophie mit schwierigen Begriffen ist, sondern weil es in einer einfachen Sprache geschrieben wurde, aus der auch Primitive Gottes Stimme hören können. – Und wie das Sprichwort „Messer zehrt am Wetzstein, Wetzstein am Messer“ gegenseitige Beeinflussung fordert, so ist nicht nur das Evangelium der gewinnende {113} Teil, sondern auch die Sprache wächst am Evangelium; denn die Heilige Schrift bereichert und befruchtet in Sprache und Geist jedes Volk, zu dem sie kommt.

So hat Gott den Boten des Evangeliums in der eingeborenen Sprache ein von ihm selbst bereitetes Werkzeug gegeben, durch das er dem Volk das Licht des Evangeliums aufleuchten lassen soll. Die Schwertscheide ist in der Sprache gegeben, das Schwert des Geistes findet darin seinen Platz. Sprache

4. Der völkische Rechtswesen, -leben Rechtsverband

a. Allgemeines

Die Stämme sind kleine Organisationen; doch über ihre Grenzen hinaus geht das Empfinden, daß überall die gleichen Rechtsgrundsätze gelten. Nicht daß jeder auch in der Fremde sein Recht findet – „Bist du von zu Hause weg, so bist du in der Hand von Tieren“, sagt das Sprichwort –, aber man weiß: Auch bei den umwohnenden Stämmen gelten mit geringen Abweichungen die gleichen Normen und Gebräuche; und die geheimen Kultbünde, die weithin das Recht verwalten, spannen ihre Verbindungen auch über Stammesgrenzen. Wer sich mit dem Recht der Kameruner im Einzelnen näher bekanntmachen will, sei hingewiesen auf die Arbeit von Julius Lipps in „Das Eingeborenenrecht in den deutschen Kolonien“58. In größeren Rahmen spannt Carl Meinhof dieses Problem in „Afrikanische Rechtsgebräuche“59. – Hier können die ganzen ursprünglichen Rechtsverhältnisse der Stämme Kameruns, wie sie die Deutschen seinerzeit angetroffen haben, nicht ausführlich geschildert werden. Eine ausführliche Volkskunde dieser Stämme muß z. B. beschreiben: Bestimmungen des Zivilrechts über das Eigentum Eigentum an Grund, Boden und fahrender Habe, über die Ehe, über väterliche Gewalt und Adoption, über Erbrecht Erbrecht, über Schutz des Eigentums, Pfändung, Kauf und Pacht, Fundrecht. Daneben besteht ein Strafrecht mit Bestimmungen über Vergehen und Verbrechen und Strafarten; der Gang des Gerichtsverfahrens, der Urteilsbildung und der Instanzen ist festgelegt, ebenso Bestimmungen über Eid und Ordale. Wir finden ein Staatsrecht, welches die soziale Gliederung des Volkes in kommunale, religiöse und kriegerische Organisationen beschreibt.

Sind diese Bestimmungen des Rechts in den Stämmen auch nicht schriftlich fixiert, so sind sie um so lebendiger in das Bewußtsein der Gesamtheit und des Einzelnen geschrieben; auch das Recht bestimmt das Handeln dieser kulturarmen Gruppen.

Niemand kann sagen, wie dieses Rechtsgefüge entstanden ist, vgl. S. 80, 94b, seine Anfänge liegen jedenfalls in völligem Dunkel. Gewiß haben bei ihrer Festlegung Überlegungen menschlicher Vernunft mitgespielt, und die sind herausgewachsen aus dem im Menschen liegenden Geselligkeitstrieb, aber sie deuten auch noch höher hinauf.

Auch das Recht ist dem Kameruner durchwaltet von den mystischen Kräften der von den Ahnen überkommenen Bestimmungen zum Schutz des Sippen- und Stammesverbandes. Beim Besprechen der magischen Gebräuche wird auch zu handeln sein von Zaubergebräuchen, Orakel und Ordal; sie sind ein Stück des Hintergrundes der Rechtsanschauung und Mittel der Rechtspflege. Dabei ist aber nicht zu übersehen, daß Einrichtungen wie die Ehe, Bestimmungen über Eigentum, Autorität in Familie und Stamm, Pflichten von Kindern und Untertanen, von Eltern und Führern, die Forderung von Pflichten von Treu und Glauben als von höherer, göttlicher Macht bestimmt und überwaltet angesehen werden und so im Rechtsempfinden der Stämme verankert sind.

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b. Das Ethik [Volksgewissen] Volksgewissen

(1) Allgemeines

Auch in Kamerun ist das Volksgewissen nicht immer gleich der öffentlichen Meinung, letztere ist oft gemacht, vielfach von den geheimen Dämonenbünden eingepaukt; jenes ist gewachsen, ererbt und in die Herzen gepflanzt. Bis jetzt hat sich für Gewissen „Gewissen“ unter den kameruner Stämmen kein besonderes Wort gefunden: die doi la mulema „Stimme des Herzens“ gibt i. a. zunächst nur dem Einzelgewissen einen Namen. Gewissen aber ist Mitwissen, gemeinschaftliches Wissen, das somit eine Gruppe zusammenbindet. Die Gruppe, mit der man diesen Wissensbesitz gemein hat, schließt zunächst „den Nächsten“, den Sippengenossen ein, dem man durch gemeinsame Bande des Blutes, der Schwägerschaft und des Eigennutzes verbunden ist. Gewiß wird das Tun und Lassen des Primitiven vielfach geleitet durch die Rücksicht auf Vor- und Nachteil der Sippe und der Alliierten: Was ihnen nützt, ist gut; was ihnen schadet, schlecht. Ist’s bei uns nicht vielfach ebenso? – Aber das ist nicht alles. Auch beim Primitiven endigt „der Nächste“ nicht unbedingt an der Interessengrenze. „Mitwissen“ gehört zusammen mit „Mitmenschen“; ein Wissen, das allen Menschen gemeinsam ist und alle verpflichtet60

. Wer die Kameruner kennt, weiß, daß auch bei ihnen nach anerkannten sittlichen Maßstäben geurteilt wird, die nicht nur das Interesse der Sippe diktierte. Freilich gehört dazu wirkliche Kenntnis der Stämme. Gehen wir diesen durch das Volksgewissen geforderten Pflichten etwas nach an der Hand des göttlichen Gesetz, vgl. auch Tabu Gesetzes, von dem der Apostel Paulus in Röm 2, 15 behauptet: „Sie (die Heiden) zeigen, daß die Arbeit des Gesetzes in ihre Herzen geschrieben ist; auch die Stimme ihrer Herzen gibt dazu Zeugnis, und ihre Gedanken beschuldigen oder stützen einer den anderen“ (Rückübersetzung aus der Duala-Bibel).

(2) Der Kameruner und das göttliche Gesetz der zehn Gebote

1. Gebot: Wenn in Kamerun einer sich lustig macht über einen Krüppel Krüppel oder einen mit Geburtsfehlern Behafteten, so wird er zurechtgewiesen mit dem Hinweis, daß er damit auch schmäht den Schöpfer, aus dessen Hand der Unglückliche so hervorgegangen ist. Ebenso verachtet einer in der Waise, im Armen auch Gott Gott. Im Ungehorsam gegen Eltern, im absichtlichen Vernachlässigen von Kindern, im Überfallen von friedlichen Fremden verstößt man gegen die göttliche Macht. Die Stämme um die Barombi- (= Rumpi-) Berge sehen in der Sonne das „Auge des Himmels (= Gottes)“; stiehlt einer oder gebraucht er schamhafte oder lästernde Worte während des Tages, so weist man ihn auf das göttliche Auge [hin], das alles sieht, und warnt ihn vor Gottes Strafen.

Diese Beispiele aus den Gebräuchen neben Äußerungen in Mythus und Dichtung zeigen, daß Allen Gottesfurcht in irgendeiner Weise auferlegt ist. Freilich ist hier nicht immer klar an den allmächtigen Gott im christlichen Sinn gedacht, und doch steht er hinter diesen dunklen Ahnungen. Auf Teil IV, wo von den übersinnlichen Mächten zu sprechen ist, sei verwiesen.

2. Gebot: Ist das Heidentum Selbstbetrug und Lüge, so ist auch verständlich, daß man seine Aussage häufig durch einen Schwur beteuert. Jeder weiß, daß man beim Schwören nicht lügen darf. Meineid ist Vergehen gegen übersinnliche Mächte, bei denen geschworen wurde und deren Strafen nicht auf sich warten lassen. – Freilich schwört man auch falsche Eid Eide im Verlaß auf Machtmittel, die die angedrohte Strafe überwinden können.

3. Gebot: Im Aufstiegsgebiet und im Grasland hat sich die Sitte erhalten (im Küstengebiet war sie schon vielfach verwischt), daß nach einer gewissen Anzahl Arbeitstagen ein Ruhetag Tag, meist ist es der neunte, zu halten sei so, daß an ihm Feldarbeit und ähnliches zu meiden ist. Im Grasland ist es vielfach der wöchentliche Todestag des letztverstorbenen Häuptlings, der den Tag {115} tabu macht. So sagte den Leuten der christliche Sonntag nichts wesentlich Neues außer, daß er auf Gott Gott bezogen ist. Man weiß, es darf einer nicht immer faulenzen, er soll aber auch nicht immer Tag für Tag gedankenlos Feldarbeit u. ä. tun; das menschliche Gemüt verlangt auch in Kamerun den Rhythmus von Arbeit Arbeit und Ruhe: Gott hat Arbeit und Ruhe geboten. Neben diesem natürlichen Rhythmus forderten gewisse Gebräuche und Ereignisse einen Tag, da Arbeiten mit verwundenden Geräten zu verrichten unterbleiben muß: Kultfeiern, Totengebräuche, Unglücksfälle, geröteter Abendhimmel u. a.

4. Gebot: Wo das ganze öffentliche und häusliche Leben patriarchalisch-hierarchisch geordnet ist, muß ja das vierte Gebot jedermann in das Herz geschrieben sein von Jugend auf. Sich gegen Eltern und Kind Eltern und Ältere ungebührlich betragende Kinder und jüngere Leute werden von anderen, Nachbarn, gelegentlich auch von Fremden zurechtgewiesen. Es ist wohl nicht zufällig, daß man für Vater und Herr oder für Mutter und Herrin je nur ein Wort hat. Sprichwörter und Märchen heben die Würde von Eltern und Obrigkeit, eingeborene Obrigkeit hervor.

5. Gebot: Der Häuptling Ebandja von Mukonye bei Johann Albrechtshöhe, ein Mann in den Sechzigern, war seither ein hervorragendes Glied der Christengemeinde an seinem Ort. 1936 wurde er geistig umnachtet. Seine Angehörigen suchten Hilfe auf erlaubten und unerlaubten Wegen. Zuletzt nahm er ein Rasiermesser und durchschnitt sich in seinem Irrsinn den Hals. Da sagte der Oberhäuptling A. Muketä von Kumba, der mit jenem seit Jahrzehnten verbunden war: „Gott sucht die Sünden der Väter heim an den Kindern bis in das dritte und vierte Glied.“ Makiá „Blut“, der Großvater des Ebendja und Häuptling der Balong, war ein berüchtigter Geheimbündler, der Ungezählte umgebracht hatte, bis ihm die Landesverwaltung den Strick drehte. – Bei den meisten dieser „wilden“ Stämme lebt das Bewußtsein, daß nichts auf Erden schwerer ist als Blutschuld Blutschuld. In manchen Stämmen wenden oft Kinder und Enkel noch große Summen auf, um durch die Kult, Kultbund (vgl. auch Ahnenkult und Geheimbünde) Kultbünde solche Schuld des Vorfahren von der Sippe zu wenden. Denn häufig schließt man vom Aussterben einer Sippe auf Mord, Mörder Morde in vergangenen Zeiten. Wer im Verdacht des Mordes steht, etwa durch Hexerei, aber auch sonst, hat sich mancherlei Gebräuchen zu unterziehen, die klar zeigen, wie Mord im Allgemeinen verurteilt wird. Selbst wer einen Leichnam im Wald findet und im nächsten Dorf darüber Bericht erstattet, muß sich einer solchen kostspieligen Reinigungszeremonie unterziehen. Das zeigt doch deutlich, daß nicht nur ein in der eigenen Sippe vollbrachter Mord als unsittlich verurteilt wird.

6. Gebot: Die meisten Stammeskriege in Kamerun früherer Zeit sollen auf Ehehändel zurückgehen, wie heute die meisten Prozesse. Das zeugt nicht nur von viel Unordnung im Geschlechtsleben Geschlechtsleben der Stämme, sondern auch dafür, daß das Institut der Ehe Ehe im Gegensatz zum ungeordneten Geschlechtsverkehr vorhanden ist und daß über dessen Bestehen und Unverletzbarkeit gewacht wird. Auf S. 41f. ist geschildert, wie der Dämon des Femeordens während des großen Fruchtbarkeitsfestes die unordentlich Wandelnden vor sein Tribunal forderte. Berichte liegen vor, wie Graslandhäuptlinge ihre Frau mitsamt ihrem Buhlen lebendig begraben ließen. In manchen Stämmen hatte der Ehemann oder Vater einer Frau das Recht, den Verführer als Sklaven zu verkaufen, wenn er nicht imstande war, Sühne zu leisten.

Viele Gebräuche zeigen, daß man weiß um die in der Ehe geheimnisvoll waltende Ordnung, die des Segens der unsichtbaren Mächte bedarf. Darum feierlicher Eheschluß, darum allerlei kultische Bräuche zwecks Sühne, wenn diese Ordnung gestört wurde; darum sind ehelicher Liebe und Treue bei den Stämmen in allerlei Erzählungen ein Denkmal gesetzt. Strenge Ehesitten schreibt man allerorts der Vergangenheit zu und bedauert, daß sie nicht ohne Schuld der Europäer immer mehr schwinden. Während früher unter den Duala angetastete Bräute ihren Sippen Schande und {116} Verlust, sich selbst mancherlei Strafen zuzogen (sie wurden etwa einem Sklaven in die Ehe gegeben, oder für einige Nächte der ganzen Mannschaft zur Verfügung gestellt), klagen Einsichtige, daß heute nur wenige reine Mädchen über zwölf, dreizehn Jahre in Duala zu finden seien.

7. Gebot: Schon beim ersten Gebot wurde angedeutet, daß Diebstahl Diebstahl, besonders bei Tageslicht, verpönt ist. Er ist wohl ein besonderer Frevel gegen das Auge Gottes „Auge Gottes“, d. h. die hinter der Sonne vorgestellte mystische Macht. Es gilt zwar als unfein, Erwachsenen beim Essen zuzusehen, andererseits aber soll man seine Nahrung Nahrung nicht verheimlichen, denn sie soll ja ehrlich erworben sein. Zwar räumt das Sprichwort Sprichwort ein: „Stiehlst du nicht, so issest du nicht“, doch weiß man auch, daß unrecht Gut nicht gedeiht. Und das Recht verurteilte Diebe ungewöhnlich hart. Das Sprichwort: „Stiehlt der Hund, so stümpelt man der Ziege die Ohren“, ruft eine alte Strafe in Erinnerung. Eine gestohlene Ziege konnte unter den Bakosi den Dieb bis gegen zwanzig Ziegen kosten und wiederholter Diebstahl das Todesurteil nach sich ziehen.

8. Gebot: Wo der Name Name so sehr Eigentum seines Trägers ist, wo man ihn gleichsam als ein Stück der Person betrachtet, waltet auch das Volksgewissen über Mißbrauch des Namens. So wendet sich manches Wort gegen Verleumdungen und üble Nachrede. Das „Verderben des Namens des Nächsten“ ist Anlaß manch scharfen Urteils des eingeborenen Gerichts auch heute noch. Daß dieses „verderben“ besonders bei Tageslicht verpönt ist, wurde schon zum ersten Gebot gesagt. Vieles, was wir Europäer nur als Beleidigung auffassen, ist dem Kameruner ein fortwirkender Fluch Fluch, dessen Folgen nur aufgehoben werden können, wenn er ganz formell, d. h. in magischen Bräuchen zurückgenommen wird, vgl. S. 151ff. Im Grasland wird vor die Haustür des Beleidigers an einem Kultbund-Stock ein leerer Sack aufgehängt, in den der Beleidiger Sühnegabe zu legen hat. Ist das genügend geschehen, so wird der Stock entfernt, zuvor aber steht der Beleidiger gleichsam in Haft des Kultbundes.

9. und 10. Gebot: Wo der „böse Blick, böser Blick“ diso l’ ekon „Auge des Neides“ heißt und früher die Ladung zum Ordale (Gottesgericht) Ordal nach sich ziehen konnte, ist es nicht verwunderlich, wenn auch der Neid verpönt ist. Darum hat auch das Gebot: „Du sollst nicht beneiden deinen Bruder“ – denn so wird hier das „Laß dich nicht gelüsten“ wiedergegeben – allgemeine Zustimmung. Man weiß, daß „das Haus des Herzens nie voll wird“, aber der Wunsch soll nicht zur Begierde werden. Wer sich auf den Weg des Neides begibt, geht den Weg des Neidings, der Hexe. Sie kann nichts anderes denn neiden, d. h. dem anderen Lebenskräfte entziehen.

Zusammenschluß: Vorstehende kurze Darstellung zeigt wohl, daß auch dem Primitiven die Forderung des göttlichen Gesetzes in das Herz geschrieben ist. Es ist durchaus keine Selbstüberhebung, wenn kameruner Heiden auf eine Darstellung des Gesetzes hin sagen: Das ist das Gleiche, was uns unsere Vorfahren hinterlassen haben; und wenn eine Gesetzespredigt unter den Zuhörern allgemeine Zustimmung findet: „Herr, deine Worte sind gut, wir wollen das alles verbindlich festlegen“. In den jungen Christengemeinden entsteht leicht ein Wesen, das sich im wiederholten Festlegen der gesetzlichen Bestimmungen gefällt und in ihrem Erfüllen so oft versagt. Ja, was man vom göttlichen Gesetz weiß, ist ihnen weithin bekannt. Wer in das Geistesleben der Kameruner eingedrungen [ist], stieß auch auf manchen Spruch, in dem gute Beobachtungen menschlicher Handlungsweise seit vielen Jahrhunderten ihren Niederschlag gefunden [haben]. Einige Beispiele: „Ein diebischer Hund ist immer am Schreien“, oder „Ein diebischer Hund zittert immer“; damit ist doch das böse Gewissen gemalt. „Die Bäume wachsen nicht in den Himmel“, darum soll sich jeder mit seinem Maß bescheiden. Zur Zufriedenheit mit seinem Auskommen mahnt: „Das Huhn, welches Erdnüsse frißt, zankt nicht.“ „Sei zuerst arm, wolle nicht zuerst gesegnet sein; was hintenher kommt, zerbricht einem den Rücken“, d. h. gibt den Ausschlag, denn: „Ende gut, alles gut“. An den hungernden Mitmenschen er- {117} weist sich die Not als Lehrmeisterin: „Hungriges Auge fällt nicht in tiefen Schlaf“, sie zeigt aber auch die Gesinnung des Besitzenden: „Wer in der Hand hält, weiß nicht, daß der Bettler auch ißt (= essen muß).“ Man soll freilich sich nicht immer etwas anderes wünschen, als man besitzt: „Ölpalmen weinen, weil sie keine Raphiablätter hervorbringen; Raphiapalmen, weil sie keine Ölfrüchte tragen“; da kann es einem ergehen wie: „Er floh den Leoparden auf dem Land und traf im Wasser das Krokodil.“ Denn irdische Verhältnisse sind veränderlich: „Das alte Bananenblatt sagt zum frischen Herzblatt: Auch ich war einmal wie du!“

So rationalistisch uns diese Worte auch anmuten, es redet doch daraus die Stimme des Gewissens. Und wie erst aus dem Bericht, den der Evangelist Jona Mbu aus Bamengen (Bameta im Bamendabezirk) gibt:

“Im Dorf Y. wütete die Dysenterie, und weder eingeborene Medizin noch magische Mittel wollen dagegen helfen. Da rief ein Angesehener des Dorfes die Leute in seinem Hof zusammen, stellte sich frei hin, die offenen Hände und das Gesicht gen Himmel gerichtet, rief er aus: Da steh ich und es ist nichts Gutes an mir; ich habe gestohlen und umgebracht, meinen Nächsten gekränkt und gehurt; du weißt alles, was ich getan; ich kann vor dir nichts verbergen; nun bin ich ganz in deiner Hand, du Gott, du kannst mit mir machen, was du willst. Verzeih mir mein Unrecht; hilf in unserer Not! Dies Bekenntnis machte auf die Umstehenden Eindruck und als bald darauf die Seuche erlosch, brachten viele ihr Ende mit jenem kindlichen Bekenntnis in Zusammenhang.“

Es entspricht ja dem primitiven Glauben, daß offenes Aussprechen von Schuld und böser Gesinnung eine heilende Wirkung hat nicht nur beim Bekenntnis Einzelner, sondern in der ganzen Gruppe, vgl. S. 57, 156.

(3) Verhältnis von Moral Moral und Tabu

Vorstehend sind moralische Grundsätze besprochen und Werturteile festgelegt, wie wir sie in den Stämmen vorfanden. Wie sind sie aber wohl entstanden?

Man hat schon versucht, ihr Entstehen aus Tabu-Regeln der Primitiven abzuleiten. Unter Tabu versteht man weniger ein religiöses als ein rituelles Verbot, wie sie uns schon mehrfach begegnet sind. Durch ein Tabu-Verbot sind Personen, Tiere, Pflanzen, leblose Gegenstände oder Teile von diesem allen, Orte, Handlungen, Namen, Sprache für immer oder für eine beschränkte Zeit als unantastbar oder gefährlich erklärt, so daß für bestimmte Personen oder Personenklassen (Berufe: Jäger, Fischer, Krieger, Medizinmänner, Häuptlinge, Schmiede, Töpfer, Kultbundangehörige u. a.) unter gewissen Umständen die Annäherung, Berührung, der Gebrauch (evtl. Töten, Essen u. a.) von Tabuisiertem untersagt ist. Diese Erklärung zeigt schon, in welcher Mannigfaltigkeit solche Regeln vorhanden sein müssen und wie sie das ganze Leben des Primitiven durchziehen. Ganz offenbar ist mit manchen, vielleicht mit allen Tabus die Vorstellung verbunden, daß das eigene Erleben und Verhalten in unmittelbarer seelischer Wechselwirkung steht mit dem Leben der Gruppe Gruppe, ja mit dem der ganzen umgebenden Natur. Der Kameruner hat die Empfindung, daß er mit seinem Lebenskreis eine organische Einheit bildet in dauernder Wechselwirkung. Ihm ist die Natur belebt, beseelt, die Wand zwischen seiner Erfahrungswelt und der unsichtbaren geistigen Welt des ndimsi ist so dünn, daß seelische Kräfte beständig hin- und herüberwirken; z. B.: Wer vom Feld Erstlings‑Ackerfrüchte nach Hause trägt, wirft an den Ahnenspeiseplätzen etwas davon ab. Wer solche Opfer Opfer unterläßt, dem versagt die Natur und die in und durch sie wirkende Geisterwelt fernerhin Gabe und Hilfe. – So erscheint ja auch an manchen Stellen des Alten Testaments die Natur als beseelt, und zwar nicht nur in poetischer Sprache, vgl. Hab 2,17; 3. Mose 19, 24–30 [23–25 ?].

Schon die Sprichwörter zeigten, wie die Natur in ihren Erscheinungen zu dem Primitiven redet und ihm Bilder zum Veranschaulichen seiner Lebenserfahrungen geben. So läßt uns auch Tabu und Ritus die nahe Wechselwirkung sehen zwischen dem Kameruner und der ihn umgebenden Natur.

Sind nun aus solchen Tabu-Bestimmungen die moralischen Grundsätze

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[Auf einem angeklebten Zettel, nur im Original, einiges in Stenoschrift:] Sühne von Blutschuld. 1. Wie kommt Blutschuld auf einen? 2. Welche Folgen hat sie im Volksbewußtsein? 3. Was hat zu geschehen, um sie zu sühnen 4. +++ bato b’esam: +++ 5. Die Entsühnungsfeier vor dem Volk koma musango 6. +++ S. 38]

abzuleiten, die in den Stämmen beachtet werden? Oder ist es etwa so, daß Tabu-Vorschriften entstanden sind zum Schutze moralischer Gesetze, wie der Pharisäer „Zaun“ um das Gesetz?

Es ist tabu, Embleme der Kult, Kultbund (vgl. auch Ahnenkult und Geheimbünde) Kultbünde anzurühren. Wenn die Frauen am Holzsammeln sind, legen sie die gesammelten Häufchen an den öffentlichen Weg am Waldrand. Sie machen dieses Holz nun dadurch tabu, daß sie eine dem Kultbund „gehörige“ Pflanze auf das Holz legen. Dadurch wird das Gebot: Du sollst nicht stehlen! eingeschärft und dem Übergriff gewehrt.

Stillende Frauen der Bakosi trugen, z. T. tragen sie auch jetzt noch die Schote einer Ingwerart mbongolo am Hals. Eine solche Frau darf nicht angetastet, auch nicht in Schuldhaft genommen werden; diese Schote ist ein Tabu-Zeichen, um das Gebot zu bekräftigen: Du sollst nicht töten! Wer etwa diese Frau in Schuldhaft nähme, brächte ihr zu stillendes Kind in Gefahr.

Walfisch-, Leoparden-, vgl. S. 57f., 123, Elefanten-, Flußpferdjagd und anderes sind gefahrbringende Unternehmungen. Bei Jagdglück kann das Tier leicht zu erlegen sein; wird es aber wild, so ist bei der primitiven Jagd Jagd der Ausgang oft ungewiß. Besteht nun in der Familie des Jägers ein erregtes Verhältnis, auch geschlechtliche Erregung, so überträgt sich diese Erregung vom Gegenüber des Jägers im Dorf auf sein Gegenüber im Wald oder im Wasser. Darum darf der Jäger vor und während seines Unternehmens keinen geschlechtlichen Verkehr oder auch nur Erregung haben, die Frau hat sich zu Hause still und sittsam zu benehmen, kein Zank darf zu Hause entstehen, die Kinder dürfen noch nicht einmal mit Kreiseln spielen, denn auch das ist ja heftige Bewegung, Erregung. – Nun die Frage: Was ist das Primäre: Du sollst einer Gefahr gesammelt gegenübertreten; die Frau soll während des Mannes Abwesenheit sittsam [sein] u. ä. (das ist überliefertes Herkommen, die im Stamm lebende Moral) oder die Tabu-Vorstellung: Mit dem anderen Geschlecht habe keine Berührung?

Hier ist wie bei ungezählten Fällen doch klar, daß nicht die Tabu-Vorstellung das Primäre war für die moralische Erkenntnis, sondern daß das Tabu entstand zum Schutz moralischer Gesetze.

Das verletzte Tabu wirkt von selbst, rächt sich am Übertreter. Dafür noch einige Beispiele:

Wenn eines Jägers Frau den Jagdhund verwünscht, der doch auch ihr Fleisch verschafft, so verliert der Hund seine Fähigkeiten, und die Familie kommt in Fleischnot. Soll die behoben werden, so muß sie den Fluch Fluch zurücknehmen.

Brüder liegen miteinander im Streit Streit, weil der eine oder beide die Bruderpflicht verletzt haben. Die Folgen machen sich nun im Fehlen des Ahnensegens bemerkbar. Die Bruderpflicht ist moralisches Gesetz, die einzelne Handlung, die es verletzte, mag eine Tabu-Bestimmung gewesen sein.

In beiden Fällen ist nötig, daß der Fluch oder andere Tat oder Unterlassung, die das moralische Verhältnis gestört hat, aufgehoben werden; denn nach primitiver Meinung resultiert der zu fürchtende oder erlittene Schaden nicht aus persönlich zugefügtem Unrecht, sondern erwächst aus Verletzung des eine moralische Verpflichtung stützende Tabu.

Kommt ein Reicher zu unerklärlichen Verlusten oder stirbt etwa eine Sippe aus, so ist jeder überzeugt, daß der Reiche oder seine Vorfahren ihr Gut auf nicht rechtmäßige Weise erworben haben oder daß auf der Sippe Blutschuld Blutschulden lasten. Man sagt: Er habe sich den Bann des Eigentumsvergehens oder der Blutschuld „angegessen“. Vor allem tritt das ein, wenn sich einer versündigt gegen geschlossenen Blutbund, Kindespflichten u. ä., wenn er sich den auf S. 58 beschriebenen mbaki mbaki-Bann aufgeladen hat. Es ist allgemeiner Glaube, daß solcher und ähnlicher Bann eine Sippe völlig zugrunde richtet. Selbst dort, wo nur Eigentum Eigentum oder Lohn vorenthalten werden, kann nach der Volksmeinung der mbaki-Bann fluchartig wirken.

{119} Um den auf einem übertretenen Verbot ruhenden Tabu-Bann zu brechen und zu beseitigen, sind wie bei vorliegender anderer Schuld Sühnehandlungen nötig. Manche dieser Handlungen sind eigenartiges Brauchtum, z. B. nach Wiederherstellung des rechten Verhältnisses ist der Bann sichtbar wegzutun, man wirft etwa den im Haus zusammengefegten Schmutz rituell weg61

. Solche Handlungen erinnern z. T. an alttestamentliche Opfergebräuche.

Aus Vorstehendem dürfte klar geworden sein, wie in den Tabu-Bräuchen rituelle, religiöse und moralische Vorstellungen zusammenfließen. Nur durch kultischen Zauber, vgl. auch Magie Zauber, magische Sühnehandlungen können die Folgen eines gebrochenen Tabus beseitigt werden. Aber doch nicht immer. Dann ist der unter dem Bann Bann des Tabus Stehende seinem Schicksal verfallen. Darum auch die große Angst, wenn ein Sterbender durch ein Verschulden gegen ihn sich zum Fluch treiben läßt. Daher die Drohung so manches Alten, die oft schon als Fluch anzusehen ist: Mein Krieg wird nach dem Tod beginnen!

All diese Tabu-Regeln, Ordnungen, Satzungen und Verbote stellen den Primitiven unter ein Gesetz, das mit den davon abgeleiteten Gebräuchen einerseits eine feine äußerliche Zucht darstellt; andererseits drückt es gleich einer schweren Last; wie eine Fessel engt es freies, auf Vertrauen gegründetes Verhältnis ein und führt zur Knechtschaft. Moral

c. Was sieht ein Missionar in den Äußerungen des kameruner Rechts- und Volksgewissens?

Das patriarchalische System des Zusammenlebens in Sippe und Stamm muß beim Einzelnen das Gefühl seiner Verbundenheit mit seinem Stamm und Land wecken, ihm Liebe zum Sippenältesten und Stammesführer als selbstverständlich erscheinen lassen. Dies Verhältnis beruht auf der alten Regel: Do, ut des. Er weiß sich daher auch verpflichtet dem durch Tabu und Gewohnheit wirkenden äußeren Zwang, der vermittelt durch die Alten ihm von den Ahnen auferlegt ist. Dieses Gesetz tritt uns in Äußerungen seines Rechtsempfindens entgegen, und ihm beruht es nicht auf menschlichen Überlegungen (weshalb auch keine Mythen über Entstehung von Rechtsgebräuchen bestehen); das Recht ist Gabe und Pflicht, gesetzt von den Ahnen.

Volksgewissen ist klar und deutlich vorhanden, mag man auch wie bei uns manchem Einzelnen ein persönliches Gewissen absprechen können. Das Gewissen schafft aber Schuldbewußtsein und weckt Sehnsucht nach Reinheit und Vergebung. Es mag oft scheinen, als gehörten die Zeugnisse sittlich religiöser Empfindung, wie sie der Volksgeist äußert, längst vergangener Zeit an und seien für das Handeln des Einzelnen bedeutungslos. Oft steht man beim Zusammenleben mit den Eingeborenen vor einem Sumpf von Lügen, Unehrlichkeit, Unreinheit u. a.; das entmutigt. Aber man erlebt doch auch, wie solche, die sich dem Evangelium hingeben, über Sünde, Trägheit und Unreinheit Herr werden. Es erweist sich die innere Übereinstimmung ihres ungeschriebenen Gesetzes mit den Forderungen des Christentums an den Herzen wahrheitssuchender Menschen allmählich als eine Macht. In der Regel geht die Entwicklung so: Eine biblische Geschichte, [ein] Spruch, [ein] Gleichnis läßt einen Aufrichtigen nicht mehr los; ein Lichtlein leuchtet ihm im Inneren auf, er muß den Eindruck verarbeiten, das Gewissen erwacht und der Mensch wird sich seiner Nacht bewußt. Koto, der Erstling aus Mangamba, erzählte mir 1913, wie vor vielen Jahren ein angesehener Zauberer aus seiner Nachbarschaft zu ihm gekommen sei, ihm seine innere Not geklagt und den Trost aus dem Evangelium angenommen habe. Im Anschluß an die kleine Gemeinde Christengemeinde habe er samt seiner Frau ein neues Leben begonnen und sei als einer, dessen Schuld {120} durch Christi Sühnung hinweggetan war, nach einigen Jahren in Frieden heimgegangen. Auch in Kamerun ist die Missionsgeschichte voll ähnlichen Erlebens, wenn auch bei diesen primitiven Menschen, die so wenig ein persönliches Eigenleben führen, persönliche Erkenntnis nicht häufig aus dem Kollektiv heraustritt. Meistens geht von einzelnen aus eine erneuernde Macht in die Beziehungen der Familie und des Volkslebens. In der christlichen Gemeinde entsteht ein Gemeindegewissen, das so manches nicht ertragen kann, was das heidnische Volksgewissen nicht beunruhigt. Heiligung des Geschlechtslebens, Liebesgebot Jesu könnten aber von dem Kameruner nicht verstanden werden, wenn nicht auch schon im Volksgewissen unterschieden würde zwischen rechter Ehe Ehe und wildem Geschlechtsleben, wenn nicht auch beim Heiden Menschlichkeit und Güte zusammengehörte. Moto e nde moto Mensch „Mensch ist Mensch“ d. h. ein Wesen, das besondere Behandlung erheischt. So kann auch in Kamerun die christliche Verkündigung anknüpfen an ein natürliches Gefühl und menschliches Empfinden.

Das Gemeindegewissen, gepflegt durch Einführung Einführung in die Schriftwahrheiten und seelsorgerliche Betreuung sucht eine Atmosphäre der Reinheit und Liebe zu schaffen, die den Einzelnen in Versuchungen Halt und Entwicklungsmöglichkeiten gibt. Die Heidenchristen fühlen sich in neuer Weise verantwortlich, in ihren Familien und Verwandtschaften Not zu lindern, Liebe zu üben, Fremde aufzunehmen, Kranke zu besuchen und zu pflegen, Traurige zu trösten und sich an den Gemeindeaufgaben zu beteiligen.

Ein erstarkendes Gemeindegewissen wirkt auch auf die Heiden ein und schärft das Gefühl für Zucht, Mitleid, Fleiß, Dienstbereitschaft und erleichtert so dem Einzelnen den Übertritt. Bei solcher Wechselwirkung haben aber auch christliche Gemeindeglieder gegebenenfalls vom Volksempfinden zu lernen, z. B. muß die früher geübte Zucht an der Jugend der Gemeinde immer wieder als ihre Pflicht vor Augen gehalten werden, sie muß sich verantwortlich fühlen dafür, daß eine christliche Jugend heranwächst.

So ist das Gewissen bei den Kamerunern mindestens als Volksgewissen nachzuweisen. Und ist bei ihnen der Zusammenhang zwischen Religion und Sittlichkeit auch noch schwach, so ruht doch auch die heidnische Ethik auf religiöser Stamm, Volks- Rechtswesen, -leben Grundlage. Gewissen Gesetz, vgl. auch Tabu

C. Der Mensch Mensch im Rassen Rassen- und Menschheitsverband

Bevor wir im nächsten Abschnitt davon reden, wie die Naturverbundenheit des Kameruners so groß ist, daß er auch mit Tier und Pflanze in magischer Verbindung zu stehen glaubt und im Brauchtum darauf Rücksicht nimmt, soll uns hier beschäftigen, wie er sich zu Rasse und Menschheit stellt, wie er sich mit ihnen verbunden oder von ihnen abgestoßen fühlt.

1. Der Mensch im Rassenverband

Von anderen Rassen kennen die Kameruner nur Angehörige der weißen Rasse, wenn sie auch bei dunkelfarbigen Franzosen und ihrer etwas freien Lebensart die Frage aufwerfen: Bakala ba e? „Sind das Europäer Europäer?“

Die in den letzten Jahren zugezogenen Morgenländer spielen im Denken der Kameruner noch keine Rolle. Doch schon bevor die Europäer an die Küste gekommen waren, sprach man in Kamerun von andersfarbigen Leuten; man unterschied zwischen mundo mundo, pl. mindo „dunkelfarbigen Negern“ (von winda „schwarz werden“) und munanga, pl. minanga „Hell-, Rotfarbigen“. Lag dem ein dunkles Wissen um die hellfarbige europäische Rasse zugrunde? Ausgeschlossen ist das trotz allem nicht, auch wenn man diese Andersfarbigen in den Himmel Himmel versetzte. Die minanga sind die Himmelsbewohner, vgl. S. 47; es sind die ganz anderen, die man sich deshalb auch anders gefärbt vorstellt, sie sind auch vermögender und reicher, vgl. die Meinung, daß Zwillinge Zwillinge aus dem Himmel kommen und man ihnen sagt: Fürchtet euch nicht, ihr seid auch hier zu wohlhabenden Leuten gekommen (vgl. S. 4ff.). Sie sind die Überlegenen, und die Erdenmenschen haben viel verloren, seit ihnen durch eines Einzelnen Schuld der Zugang zur Himmelswelt verwehrt ist.

{121} Als nun die hellfarbigen Europäer in das Land kamen, übertrug man die Meinung über die Himmelsmenschen auf die gleichfarbigen Neulinge; und auch das stimmte ja: sie waren reicher, stärker, klüger, machtgeladener als die Landeskinder und geboten über Dinge, die man aus der unsichtbaren Welt nur auf dem Weg des Zaubers erhalten konnte. So waren sie trotz mancher Übergriffe, die im Laufe der Zeit gegen die Eindringlinge vorkamen, doch mit einem gewissen Nimbus umgeben. „Seither dachten wir, wir seien Männer, jetzt aber sind wir diesen Hellhäutigen gegenüber zu Weibern geworden“, war Ausdruck ihres primitiven Denkens und von der Küste bis weit in das Innere hinein setzte sich als Name für sie durch: Mukala, pl. bakala, was von dem Efik-Wort kara „überlegen sein“ abzuleiten ist; also mukala „der Überlegene, der Europäer“. War so auch der Europäer als andersrassig nicht gerade Feind, so war doch zwischen ihm und dem Kameruner im landläufigen Denken ein tiefer Graben, der nicht dadurch eingeebnet wurde, daß Europäer – vielfach heute noch vergeblich – auf mancherlei Weise zu zeigen suchten, daß auch sie trotz anderer Rasse doch Menschen sind. Und mag die traurige Haltung mancher Europäer in Verbindung mit schwarzen Weibern u. a. an dem Nimbus des Europäers gezehrt haben, der Rassengraben ist doch da, wenn er vom Kameruner auch aus anderem Gesichtswinkel gesehen wird als von uns.

Ein Umstand hat den großen Gegensatz zwischen Europäern und Kamerunern auch etwas nivelliert, wenn auch meist weder zu Gunsten des Dunklen noch des Hellfarbigen. Das ist der Umstand, daß die Europäer aus Nordwestafrika Leute ins Land gebracht haben und noch bringen als Soldaten, kaufmännische Angestellte, Arbeiter. Sie kommen nach Kamerun aus der gleichen Richtung wie die Europäer, stehen in deren Dienst meist zwischen ihnen und den Landeskindern, untergraben das Gute in den landesüblichen Sitten und bringen manches, was nun den Europäern, die sie ja gebracht haben, auf das Schuldkonto geschrieben wird.

Aber rassisch gehören sie zu den Eingeborenen; und wenn sich unter diesen Kreise bilden, die den Europäer als überflüssig, ja als mindernd betrachten, so kristallisieren sie sich vielfach um solch eingeführte „höherstehende“ Westländer. Wenn auch der „wilde“ Kameruner dem zivilisierten Weißen gegenüber kulturell tiefer steht und er den Rassenunterschied um so mehr empfinden muß, so treibt doch bei ihm der Rassengegensatz trotz Kritik, die er gelegentlich an dem Weißen übt, nicht zur Ablehnung; einen Rassenkampf kennt und will er nicht, auch wenn er für Grund und Boden und für seine Töchter kämpft. Der Europäer nimmt nicht nur, er gibt auch in Kamerun. So droht also der Rassenkampf nicht in nächster Nähe. Es kann aber auch hier anders werden, und die europäischen Landesverwaltungen mögen einmal in ihrer besonderen Vorliebe für die mohammedanischen Hausa enttäuscht werden; diese haben, wie mir einmal einer sagte, „nicht vergessen, daß die ins Innere dringenden Europäer sie aufgehalten haben auf dem Zug zur Küste, wo sie allen den Kopf abschlagen wollten“. – In mancher Hinsicht haben die Europäer ein Schuldkonto in Kamerun; wird es einmal aufgeschlagen oder stirbt zuvor das ganze Volk aus? Europäer

2. Der Mensch im Menschheitsverband

Unter den Banyangi fand ich keine Bezeichnung für den Eingeborenen; man hatte vor Ankunft der Weißen nicht das Bedürfnis, von besonderen Menschen zu reden; es gab nur eine Sorte. Als aber die Europäer mit ndek, pl. balek bezeichnet wurden, sprach man von den Schwarzen als „eigentlichen Menschen“. Im Bali unterscheidet man zwischen mu sisi „der schwarze Mensch“ und mu bang „der rote Mensch“. Damit gibt der Kameruner sein Wissen um ein einheitliches Menschentum Ausdruck. Es lebt also in seinem Denken die Vorstellung „Menschheit“, wenn man dafür auch keinen besonderen Ausdruck hat. Und zwar ist diese Gruppe „Menschheit“ etwas Einzigartiges und entgegen anderer Behauptung nicht mit anderen Wesen (Tier, Pflanze u. ä.) als gleichartig gedacht, trotz dem, was im folgenden Abschnitt zu sagen ist. Auf S. 96 ist davon gesprochen, daß die Kamerun-Bantu die Hauptwörter nach ihren Vorsilben in sieben oder acht Klassengruppen einteilen. Die erste Gruppe bezeichneten wir zum Unterschied von {122} anderen als „Menschen-, Personenklasse“, wie jede Klassen der Substantive Klasse Nomina nach einem Hauptgesichtspunkt zugeteilt bekommt. Wäre nun nach kameruner Empfinden kein Unterschied zwischen Mensch und Pflanze oder Mensch und Tier, so könnten doch leicht auch Tiere oder Pflanzen, besonders wenn man ihnen höhere Kräfte zuschreibt, mit den Menschen in eine Klasse kommen. Das Umgekehrte findet statt, daß Menschenbezeichnungen zwar in anderen Klassen, nur nicht in der Tier- oder Baum- (Pflanzen-) Klasse vorkommen. Wo Bezeichnungen für Menschen in Nicht-Menschenklassen vorkommen, da ist das Maßgebende für die Einteilung nicht, daß man das Menschentum, die Persönlichkeit betonen wollte, sondern daß andere Rücksichten im Vordergrund stehen. Will man von Menschen als Menschen, als Persönlichkeiten sprechen, dann nur mit einer Bezeichnung aus der Menschenklasse, die im Gegensatz zu allen anderen Klassen auch gar keine nicht zur Klassenregel gehörigen Wörter enthält. Nichts zeigt klarer, daß der Kameruner seit alten Zeiten den Menschen für ein ganz eigenartiges und einzigartiges Geschöpf hielt; er empfand im Menschen die Menschheit. Im Duala hat man nicht wie in den Nachbarsprachen für alle Klassen ein besonderes persönliches Fürwort (3. Person), sondern die beiden Fürwörter der Menschenklasse in Einzahl und Mehrzahl dienen auch für die anderen Klassen; aber ist es nicht merkwürdig, daß das der Einzahl allen anderen Klassen in Einzahl und Mehrzahl dient, während das der Mehrzahl nur für die Menschenklasse anzuwenden ist?

Wenn der Kameruner meist die Stämme, die um ihn wohnen, als von einen Stammvater herkommend bezeichnet, so wird da doch auch das menschliche Bedürfnis offenbar, das nach einer menschlichen Einheit sucht.

Dem Tier und der Pflanze fehlt das, was gerade den Menschen zum Menschen macht: die Seele; und selbst wenn man bei manchen etwas ähnliches vermuten kann, so ist es eben nicht die menschliche Seele, der allein nur auch ein Fortleben nach dem Tod eignet. Und wo der Mensch glaubt, sich durch Verbindung mit dem Tier höhere Kräfte zulegen zu können, da stellt gerade der Mensch die Seele und das Tier nur die Hülle.

Die Leute im kameruner Wald haben nur einen kleinen Horizont. In dieser Enge ist es naheliegend, daß sie nicht viel über die Menschheit philosophieren; aber Menschlichkeit, und darin eingeschlossen Güte und Hilfsbereitschaft, ist verbunden mit dem Menschen, wie er nach kameruner Empfinden sein soll. Das Sprichwort Sprichwort vergleicht den unguten Menschen mit dem Tier: „Bist du von der Heimat Heimat weg, so bist du in den Händen von Tieren.“ Wo Mensch nicht auf Mensch bauen kann, hört rechtes Menschentum auf.

3. Was sagt der Missionar zu diesem Verbundenheitsbewußtsein der Kameruner?

Die Heilige Schrift geht aus von dem Bericht, daß „von einem Blut alle Geschlechter auf dem Erdboden wohnen“ und schließt mit einer Schau auf eine geeinte Menschheit. Damit drückt sie deutlich aus, was die Kameruner nur ahnungsweise suchen. Aber auch die andere Seite, daß Menschen persönliche und Völker völkische und Rassen rassische Eigenarten und Unterschiede, Gegensätze, ja Feindschaften haben, ist dem Kameruner bewußt und auf vielen Blättern der Bibel beschrieben. Menschliche Kunst, Politik, Verträge, Bündnisse schaffen diesen Riß nicht weg. Völkerbünde gehen in die Brüche wie Freundschaft Freundschaften und Blutbünde in Kamerun.

Der Gott, der den Menschen das Verlangen nach Frieden und Ruhe ins Herz gelegt, hat auch für die Kameruner in Jesus Christus den gesandt, der unser Friede ist, dessen Kreuz die auseinanderstrebenden Stämme und Völker eint und als Sieger über Tod und Grab sie zum großen Gottesreiche eint. Das ist die missionarische Verkündigung in Kameruns Unruhe. Diesen großen Gedanken vom gliedhaften Verband der Menschen und der

{123}

[Eingeklebter Zettel auf Rückseite von S. 122: ] zu S. 123 Nach der Basa-Sage lebten ursprünglich alle Menschen ohne Streit und Not beisammen und in Gemeinschaft mit den Tieren (vgl. auch die Fabel vom „Mensch und Schimpanse“). Darum wurden sie sehr alt, ja mußten überhaupt nicht sterben. Denn war ein Alter schwach geworden, so legte man ihn unter ein großes Nachtschattengewächs und er verjüngte sich und wurde wieder frisch und wacker. So wurden der Menschen so viele, daß die Tiere schon sorgten, sie hätten zuletzt vor lauter Menschen auf Erden keinen Raum mehr. Erst durch Übertreten von festen Gesetzen kamen Haß und Streit und in deren Gefolge der Tod zu den Menschen und trennende Feindschaft zwischen Menschen und Tieren. In manch anderen Märchen wird angedeutet, daß früher zwischen Tier und Mensch Freundschaft bestanden [hat]; z. B. in dem von der Feindschaft zwischen Mensch und Fliege heißt es: der Bösewicht, die Krabbe wurde gefunden und gebracht von den Gerichtshof der Menschen und Tiere, ni konda ke ba dia ba lat’, zu damaliger Zeit waren sie noch miteinander vereint.]

Völkerfamilien unter den einen großen Herrn kann auch der Kameruner verstehen, wenn er in rechter Weise zu dem Wort des Lebens hingeführt wird. Aus Druck und Not der Rassenlasten, die sie tragen müssen und die so oft schon von ihren weißen Herren erschwert worden sind, lernen sie mit den Christen aller Jahrhunderte beten: Dein Reich komme! Rassen

D. Der Mensch im Schöpfungsverband

Über den Kreis, den Menschentum, Menschheit um den Kameruner legt, greift seine Phantasie und sein Glaube hinaus. Der Kameruner fühlt sich als ein Glied der ganzen Schöpfung Schöpfung, hineingebannt in ihr Werden und Vergehen und darum auch gliedhaft mit ihr verbunden; dies obwohl wir vorhin sagen mußten, daß er sich als Persönlichkeit über der übrigen Natur stehend betrachtet. Natur und Umwelt ist dem Primitiven nicht so verdeckt wie uns; er fühlt sich mehr denn wir als ein Teil der Natur.

1. Der Mensch und das Tier, -reich Tier

In all den vorstehenden Tiermärchen ist uns aufgefallen, wie das Tier für den Menschen steht, das „Gleichnis“ für ihn abgibt; die Eigenarten gewisser Menschen und Menschengruppen werden am Tier gezeigt. Aber noch mehr: Es gibt gewisse Tiere (es sind die großen, in deren Können dem Primitiven Verstand und Kraft entgegentreten, die dem Menschen als Ideal vorschweben), die werden insofern dem Menschen als gleichwertig geachtet, daß man sich von etwas, das vom erlegten Tiere auf den Jäger übergeht, befreien und reinigen muß, ähnlich wie es einem Menschenmörder obliegt. Mit Opfer und Bitte ist das Tier zu versöhnen und zugleich mit magischen Mitteln zu hindern, seine Rache zu üben. Es ist, als hätte früher zwischen Mensch und diesen Tiergattungen eine Art sich gegenseitig achtender Lebensgemeinschaft bestanden, die durch das Töten gestört und nun durch Opfer und Magie wieder geordnet werden müßte.

Mag die wissenschaftliche Kenntnis der Tiere und Tierwelt bei den Primitiven auch auf sehr niedriger Stufe stehen, dem Kameruner ist die Tierwelt doch näher gerückt denn uns. Nicht nur der Jäger lebt in Verbindung mit dem Tier und sucht in die Tierwelt einzugehen, man glaubt auch, daß man mit gewissen Tieren reden kann, wenn man den rechten Weg gefunden [hat]. Manche Märchen schildern, daß solche, die irgendwie in den Hades vorgedrungen waren und wieder herauskamen, die Tiersprache verstehen. Warum auch nicht? Die Tiere des Waldes, und nicht nur das Jagd Jagdwild, auch kleines Getier, sind ja Haustiere der Ahnengeister: Antilopen sind ihre Ziegen und Schafe, der Tausendfuß ihr Huhn u. ä.

Auf S. 58 ist die Entsühnung eines Waljägers kurz angedeutet, hier stehe noch ein Bericht über die für den Leopardenjäger nötigen magischen Handlungen:

Zur unumgänglichen Vorbereitung auf Leopardenjagd gehört nach altem Brauch, daß sich der Jäger vom Orakel versichern läßt, daß nyol’ ao e si beu „sein Körper sich nicht im Gefahrenzustand befindet“, denn ist er das, dann müßte die Jagd für ihn verhängnisvoll werden. Der Jäger nimmt dann noch seinen Jagdzauber zu sich, und wenn er im Wald sein Gewehr lädt, steckt er mit der Ladung in den Lauf noch ein Baumblatt, das auf einem lichten Platz gelegen, auf das also die Sonne geschienen hat. Daheim aber bannt ein nganga „den Leoparden“ in einige Steine, legt sie in eine kleine Grube, stülpt darüber einen Korb, auf dem ein unschuldiges Mädchen für die Dauer der Jagd Platz nimmt; so wird der Leopard gebändigt. Ist der Leopard erlegt, so eilt der Jäger in die Nähe der Siedlung und ruft Männer, die das Tier nach Hause tragen. Andere machen unterdessen auf dem Dorfplatz einen Zaun und errichten über dem genannten Korb einen Galgen. Wenn nun der Leopard mit verbundenem Gesicht an einer Stange ins Dorf getragen wird, läuft einer voraus und ruft den Namen des Jägers aus, damit sich Frauen und andere verstecken, {124} denen Jäger und Leopard gefährlich werden könnten. Der Leopard wird Kopf nach unten an den Galgen über die Mittel unter dem Korb gehängt; das verhindert, daß des Leoparden „Seele“ entweicht und sich daraus ein anderer Leopard bildet. Der Jäger aber schlüpft in den Zaunverschlag, wo ein nganga ihm mit magischen Mitteln Einläufe macht, damit das mbaki mbaki, vgl. S. 58, entweicht; so bleibt ihm und anderen dieser Bann nicht eine beständige Gefahrenquelle. Darauf mischt der nganga allerlei magische Kräuter und Rotholzmehl in Wasser und bestreicht damit dem Jäger Gesicht, Brust und Glieder. So gereinigt und ausgerüstet tritt der Jäger nun in den Hof und ist der Anführer eines Kriegstanzes, der mit allerlei Kriegsgesängen um den Leoparden ausgeführt wird, als sei er ein erledigter menschlicher Gegner. Dann erst wird zur Verteilung des Leoparden geschritten, von dessen Fleisch in jedes Haus ein Stückchen geschickt wird. Ohne diese Sühnefeier würde die Leopardenjagd für Jäger und Dorf nur Unglück bringen.

Der Gedanke der Verwandlung des Menschen in ein Tier kommt wenig in Märchen vor, aber sie ist die Grundlage des Totem- und des in Kamerun noch mehr verbreiteten Nagualglaubens, vgl. S. 129ff. Beides erwuchs aus dem Bewußtsein, daß der Mensch mit der ganzen Schöpfung zusammenhängt. Durch Verbindung mit einem Tier sucht sich der Primitive zu schützen gegen gefahrvolle Mächte, die ihn umringen; mit ihr hofft er über sonst gefürchtete Gegner zu triumphieren, als Menschenelefant kann er Elefantenjäger sein u. ä. Mag uns solche Vorstellung sehr fremd dünken, fremd ist sie nur uns Heutigen. Unsere Vorfahren aber waren in diesen Dingen zu Hause ( Werwolfwesen Werwolf-, Hexenglauben u. ä.) oder warum geht in mancher deutschen Gegend heute noch der Hoferbe in den Stall, um dem Vieh den Tod des alten Bauern anzuzeigen? Er will doch wohl verhindern, daß das Vieh zu Schaden kommt.

Haben solche Gedanken auch den Ersatz des Menschen durch ein Tier beim Opfer gebracht? Oder haben die Opfergebräuche jenen Glauben an die Verbundenheit zwischen Mensch und Tier gefördert? Jedenfalls tritt beim Opfer das Tier an Stelle des Menschen, vgl. auch S. 37, wo ausdrücklich gesagt ist, daß das Opfertier den Menschen lösen soll. Tier, -reich

2. Der Mensch und die Pflanze, -nreich Pflanze

Aber auch mit der Pflanze fühlt sich der Primitive verbunden. Am deutlichsten sieht man das daran, daß er nicht ohne Not Fruchtpflanzen umhackt; er kann ein Kakaobäumchen oder einen Maisstengel stehen lassen mitten in einem Weg, den er anlegen muß, obwohl er weiß, daß er von dieser Pflanze keine Frucht einbringen wird. Bei manchen Stämmen wird der Verderber von Fruchtpflanzen „Mörder“ gescholten. Wer eine Ölpalme fällt, lädt eine große Schuld auf sich, denn von der Ölpalme bekommt man Ölfrüchte, Palmkerne, Palmrippen, Nußschalen (zum Schmieden) und Palmwein. Darum sieht man das Fällen einer Palme an wie Menschenmord. Die Sühneleistung dafür ist keine geringe Sache ([Pastor] Molindo). Man vergeht sich als Baumfrevler nicht nur gegen etwas Lebenswichtiges, sondern gegen etwas, mit dem der Mensch in Gemeinschaft steht. Wer des Leibes Nahrung verdirbt, ist ein Finsterling.

Abgesehen von Bäumen, die aus neben Medizintöpfen gesteckten Pfählen wuchsen und die dann als zum magischen Mittel gehörig geschont und verehrt wurden, werden auch einzelne andere Bäume mit Scheu behandelt, etwa weil man aus einer besonderen Eigenart schließt, sie seien besonders machtgeladen oder den Geistern gehörig. Durch ihre Eigenart hat der Primitive vor ihnen ein besonderes Machterlebnis, das numen tremendis befällt ihn. So stand am Fuß des Hügels, auf dem unsere Missionsstation Mangamba lag, eine Ölpalme, wie es weithin in der Landschaft keine mehr gab. Man sagte von ihr, daß die mengu-Geister nächtens an ihren Wurzeln aus der Unterwelt hochklettern, und nur der Eigentümer des Grundstückes durfte nach gewissen magischen Handlungen ihre Nüsse gebrauchen, allen anderen war die Palme Tabu. Die Ahnenhaine der Bakosi, vgl. S. 41ff., sind von einem Kranz Drachenbäume umgeben, die mit ihren schlanken Stämmen und

{125}

[auf Rückseite von S. 124:] Vgl. die Banyangi: am Ali-Berg kochen die Geister ihr Frühstück, wenn an den Abhängen Nebel hochsteigt]

deckenden Kronen den Opferplatz wie eine kleine Kapelle erscheinen lassen. Diesen Hain zu beschädigen, gilt als schwerer Frevel.

In Gegenden, die nicht viel Wald haben, wie um den Manenguba, trifft man die Gipfel von Hügeln häufig von kleinen Baum- und Dickichtbeständen bewachsen, die nicht von Jägern und anderen Leuten betreten werden dürfen, sie hätten denn eine kultische Aufgabe und seien magisch gesichert.

Auch darf weder Eisen noch Feuer Feuer in solche Haine kommen. Wer doch unerlaubt dort hinkommt, den – so glaubt man – umfange dichter Nebel, so daß er die Orientierung verliert; bei seinem Suchen nach einem Ausweg komme er immer wieder an seinen Ausgangspunkt zurück, bis er durch eine Sühnehandlung seiner Angehörigen zu Hause gelöst worden sei oder umkomme. Geschieht es, daß beim Anlegen einer Farm am Abhang eines solchen mit Dickicht gekrönten Berges das Feuer bis in das Gehölz durchbricht, so muß solcher Frevel, denn auch unbeabsichtigtes Versehen gilt als solcher, durch Opfergaben und anderen Kult gesühnt werden.

Daneben findet überall ein besonderer Baum Baumkult statt. Der Baum selbst scheint nicht überall die nämliche Art zu sein. So wird an der Küste ein großer Waldbaum mit dichter, breiter Krone, unter der es geheimnisvoll düster ist, genannt „Hauptbaum, männlicher Baum, elefantenhafter Baum“, im Innern ähnlich. Er gilt als „gefürchteter Baum“, dem Leute, bevor sie Greise geworden sind, nicht nahen dürfen, wollen sie zeugungs- bzw. gebärfähig bleiben. Seine Rinde gilt als stark magisch und ist sehr begehrt; aber nur mit besonderen Kräften ausgestattete Männer dürfen sie holen. Ein solcher „Vollmensch“ bringt zunächst dem Baum einen schwarzen Hahn zum Opfer, bespuckt Baum und Opfer Opfer mit dem Hauchspeichelopfer Hauchspeichelopfer und spricht ein Entschuldigungsgebet, etwa so:

[ca. 5 Leerzeilen]

Nachdem er sich so beim Baum wegen des vorzunehmenden Eingriffs in sein Leben entschuldigt hat, stößt er seinen Speer in den Baumstamm, d. h. er tötet ihn, und löst dann die begehrte Rinde ab. Der Baum wird also wie ein Lebewesen betrachtet, das getötet werden muß, ehe man ihm etwas abnehmen kann. Die Entsühnung wegen des mbaki mbaki kann hier vor dem „Töten“ erfolgen.

Welche Rolle die Pflanze bei magischer und Heilmedizin spielt, ist bekannt, aber nur wenige wissen, daß z. B. jeder Geheimbund eine besondere Pflanze als Emblem hat, mit der sich die Mitglieder verbunden wissen, und daß einer nur mittels dieser Pflanze nagualistische Fähigkeiten bekommt.

Solcher Baum- bzw. Pflanzenkult, zum Teil mit Gebet Gebet zum Baum, ist ein Zeichen der geglaubten Lebenseinheit zwischen Mensch und Pflanze. Und dem naturverbundenen Primitiven ist selbstverständlich, daß ein Mensch sich als in besonderem Verhältnis stehend betrachtet mit der Bananenstaude, unter die seine Nachgeburt begraben wurde, oder daß einem Dorf der Friedensbaum, an dem ein Krieg durch wörtliche und magisch getätigte Eid Eide beendigt wurde, unantastbar ist, solange es diesen Friede Frieden einhält, oder daß Bäume, die auf Gräber gepflanzt werden, den Nachkommen nicht nur äußerliche Wegweiser sind, und vieles andere mehr.

So besteht auch in Kamerun wie in anderen Gegenden Afrikas das lebendige Gefühl, daß zwischen Mensch und Pflanze ein geheimnisvoller Zusammenhang besteht, wie auch bei uns das Pflanzen von Bäumen oder Rosenstöcken an Geburts- oder Hochzeitstagen auch wohl noch hindeutet auf eine früher lebhafter empfundene Lebenseinheit zwischen Mensch und Pflanze, -nreich Pflanze.

3. Was sieht der Missionar in diesem uns so eigentümlich anmutenden Glauben Glauben?

Diese Empfindung eines gliedhaften Zusammenhangs des Menschen mit Tier und Pflanze, ja der ganzen Natur scheint zweierlei gewirkt zu haben:

{126}

1. Der Mensch wurde verleitet, zum Geschöpf zu beten und ihm zu opfern; statt über die Natur zu herrschen, 1. Mose 1, 28, hat er sich in eine knechtische Abhängigkeit der Furcht unter die Natur begeben. Damit trat ihm der Schöpfer in den Hintergrund; er wurde zwar mit Scheu genannt, aber ihm kein wesentlicher Einfluß im praktischen Leben gestattet, es mangelt an Vertrauen zu ihm und Ehre ihm gegenüber; Römer 1, 21ff.

2. Nur mit Hilfe von aus der Natur genommenen Mitteln wird der Mensch zum mulondedi mulondedi „Vollmensch“, vgl. S. 50; doch fühlt er sich nicht als Übermensch und unabhängiger Herr der Welt, sondern er empfindet auch, daß die aus der Natur genommenen Kräfte ihn in große Gefahr bringen können. Ein falscher Gebrauch der magischen Macht reißt ihn in den Abgrund. Die Kehrseite des heidnischen Heilszeichen ist immer die Unheilsrune; vgl. auch die Verbindung mit der djengu djengu-Nixe auf S. 53.

Die Naturverbundenheit wird dem Primitiven zur Ursache von Mana- und Totemglauben, vielleicht hat sie ihn aber vor Menschenvergötterung bewahrt.

So abwegig diese Ahnung von dem Zusammenhang zwischen Menschenschicksal und Natur gewirkt hat, erinnert sie doch daran, daß auch im Alten Testament ähnliche Schicksalsgemeinschaft angedeutet ist in Sündenfalls- und Sintflutgeschichte. Und die Propheten sagen, daß die Neuordnung des menschlichen Verhältnisses zu Gott auch auf die Natur ihre Wirkung ausübt und die Feindschaft zwischen Tier- und Menschenwelt hinweg tut. Auch das letzte Ziel des Neuen Testaments geht nicht auf Rettung Einzelner und auch nicht nur auf die der Menschheit, sondern mit Erneuerung dieser wird eine Erneuerung der ganzen Kreatur und Natur in Aussicht gestellt. Christus, der Menschensohn, ist der wahre „Vollmensch“, er beherrscht die Natur nicht auf dem Weg des Zaubers und magischen Betrugs, sondern als ihr rechtmäßiger Herr. Darum strecken sich nach ihm nicht nur die Hände der Frommen [aus]: „Ja, komm, Herr Jesu“, Off 22, 17ff., sondern dem Herrn, dem Sturm und Meer gehorsam sind, seufzt die ganze Natur entgegen, Röm 8, 19ff.

Nach der Basa-Sage lebten ursprünglich alle Menschen ohne Zeit [?] und Not beisammen und in Gemeinschaft mit den Tieren, vgl. auch die Fabel von „Manry [?] und Einyanse [?]“. Darum wurden sie sehr alt, ja mußten überhaupt nicht sterben. Denn war ein Alter schwach geworden, so legte man ihn unter ein großes Nachtschattengewächs [?], und er verjüngte sich und wurde wieder frisch und munter. So wurden der Menschen so viele, daß die Tiere schon sorgten, sie hätten zuletzt vor lauter Menschen auf Erden keinen Raum mehr. Erst durch Übertreten [?] ++ festen Gesetzen kamen Haß und Neid [?] und in deren [?] Gefolge der Tod zu den Menschen und trennende Feindschaft zwischen Menschen und Tier.

In manch anderen Märchen wird angedeutet [?], daß zwischen Tier und Mensch Freundschaft bestanden [hat]; z. B. in dem von der Feindschaft zwischen ++ und Fliege heißt es, „der Bösewicht + wurde gefunden“ und gebracht vor den ++ wo Mensch und Tier ++. Zu damaliger Zeit waren sie noch miteinander Schöpfung vereint.


Fußnoten:

43 Nach einem in Elange-Mbu, dem Kalender der Basler Mission, 1937 gedruckten Aufsatz des Pastors Emil Molindo Ndjombo
44 In vielen Fällen hat der Ehemann auch diese Mitgift der Vatersippe an die Braut im Kaufpreis mitzubezahlen. Dann ist es auch verständlich, daß diese Ausstattung in des Mannes Besitzrecht übergeht und die Frau nur das bei Auflösung der Ehe besitzt, was sie auf dem Leib trägt. Teile der Brautausstattung, die der Mann nicht bezahlt hat, bleiben ihr Eigentum für immer. Innerhalb der Familie kann die Frau manches für sich erwerben, z. B. Hühner, deren Eier sie verkaufen kann; auch was sie vom Ertrag ihres Ackers verkauft. Und mancher Mann läßt sich so von seiner Frau mit Tabak u. ä. beschenken; er ist aber aufs Bitten angewiesen. „Stirbt aber die Ehe“, so ist solcher Erwerb der Frau Eigentum des Mannes und kann nicht bei der Scheidung mitgenommen werden.\\
45 Bei den Balondo spucken noch alle Anwesenden zerkaute Mbongolo-Körner auf ein Blatt; später wird dies in einer anderen Brühe abgewaschen und der Frau klistiert.
46 Für Kamerun ist es müßig, zu streiten, ob die Übergabe einer Frau in die Ehe gegen Zahlung eines Frauenpreises ein „Kauf“ ist oder nicht. Die Kameruner sagen dafür anda „kaufen“, intr. „kosten“, auch beim Sklavenkauf gebraucht. Dagegen ist hier ongwa „Handel treiben“ mit seinen Ableitungen nyunga „Handel“ und longo, pl. malongo „Kauf, Handel“ beim Frauenkauf nicht üblich. Das schönere Wort ist lena „eintauschen“ und muleno „das Eingetauschte“, z. B. eine Frau, und hauptsächlich in Gebrauch, wo ein Mädchen oder [eine] Frau statt „Waren“ als Entgelt für eine andere Frau gegeben wird. Doch ringen die beiden Anschauungen „Handelsware“ oder „Morgengabe“ miteinander. Der Versuch mancher, eine Tochter ohne bema „Waren“ in die Ehe zu geben, bringt die Gefahr, daß die Ehe als disom, vgl. S. 65, angesehen wird, wonach die Kinder als zur Muttersippe gehörig gelten.
47 Den Missionaren in Kamerun muß die Frage, warum ihre Arbeit in den matriarchalischen Verhältnissen nicht so gedeiht wie sonstwo, den Gedanken nahe legen, daß die Ursache darin liegt, daß die Schrift Alten und Neuen Testaments ohne Zweifel das Vatererbrecht voraussetzt. Dem gegenüber steht aber die Tatsache, daß die Arbeit ihrer Genossen auf der Goldküste, wo das Matriarchat allgemein herrscht, gedeiht. Vielleicht liegt die Sache so: Auf der Goldküste mußte die Arbeit auf diese Verhältnisse, die die allgemeine Ordnung darstellen, von vornherein eingestellt werden. In Kamerun ist die | Missionsarbeit, weil ausgehend von vatererbrechtlich geordneten Stämmen, auf das Patriarchat ausgerichtet; die mutterrechtliche Ordnung der kleinen Enklaven und Randgebiete wurde lange Zeit gar nicht erkannt und wird im Grunde auch heute noch nicht genügend beachtet. Man sucht in solchen Dörfern die Arbeit auf Grundlagen zu errichten, die gar nicht da sind, vgl. Note S. 65.
48 Die eigentümlichen Verhältnisse bringen es mit sich, daß diese Not in Kamerun nicht mehr so hervortritt. Die Hauptleistung der Sippe ist der Frauenkauf, wozu aber auch der christliche Ehemann seinen selbstverdienten Anteil beiträgt, wie er auch seinen heidnischen Brüdern beim Frauenkauf hilft. Deshalb wird die Spannung nicht so groß und die christliche Familie löst sich selten von der Sippe.
49 Die Reihenfolge wird durchs Los festgelegt und an seinem Tag muß der Empfänger den Genossen Palmwein spendieren.
50 Oder auch „Geschichte aus alter Zeit“.
51 Vergleiche „Zeitschrift für Eingeborenensprache“ Bd. XX. [1929/30], Ittmann: Aus der Bakosi-Literatur.
52 In allen Tiermärchen sind die handelnden Tiere männlichen Geschlechts. Der Dichter personifiziert das Tier dadurch, daß er dessen Namen aus der Tierklasse die abhängigen Wortarten so folgen läßt, als gehöre er in die Personenklasse.
53 Die Apostrophen stehen nicht für ausgefallenen Laute, sondern zeigen Kehlverschlüsse an, die freilich einem verschwundenen Laut früherer Sprache entsprechen.
54 Ein in vielen Märchen beschriebener Zug ist, wie jetziger bitterer Feindschaft (z. B. zwischen Antilope und Leopard, Habicht und Huhn u. a.) friedliches Zusammenleben, ja Freundschaft vorausging; hier findet also das Ahnen von einem Fall aus besseren Verhältnissen Ausdruck.
55 Vergleiche auch S. 26ff., 36a, 75ff., 84, 87.
56 In seiner „Zeitschrift für Eingeborenen-Sprachen“ hat Herr Professor D. Meinhof folgende Sprichwörtersammlungen aus Kamerun veröffentlicht: Hecklinger, Dualasprichwörter Ittmann, Aus der Bankon-Literatur [1926/27] Scheibler und Ziegler, Sprichwörter und Märchen der Basa Ittmann, Sprichwörter der Nyang [Zeitschrift für Eingeborenensprachen, XXII, 1931/32, S. 120–312] Ittmann, Sprichwörter der Kosi [1936]
57 Ittmann, Grammatik des Duala, Berlin 1939.
58 [Fußnote nicht ausgeführt.]
59 Berlin 1914, Buchhandlung der Missionsgesellschaft.
60 Wie noch ein anderer „Mitwisser“ geahnt, gehofft, gefürchtet ist, lese man auf S. 148f. nach.
61 Nach erfolgter Verständigung wird Staub und Asche in der Hütte zusammengefegt, in Bündeln gebunden und man zieht vors Dorf ans Wasser oder den Waldrand. Nach dem Aussprechen, daß alles wieder gut sei und das Unheil mit dem Wegwerfen der Bündel beseitigt sein möge, werfen alle die Bündel nach hinten über ihre Schultern weg. Nach allgemeinem Zustimmungsrufe geht man nach Hause; vgl. auch S. 44.
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